Um 07:30 fährt unser Zug von Wien Westbahnhof weg und so wache ich nach einer unruhigen Nacht schon vor dem Wecker um 05:45 auf, um den Zug auf keinen Fall zu verpassen. Knapp vor 07:00 Uhr bin ich in Wien Westbahnhof, wo ich bei McDonalds noch kurz ein zweites Frühstück zu mir nehme, als nur 5 Minuten später Heinz und Elias dazustossen. Beide sind mit besseren Sportschuhen ausgestattet, dafür haben die Rucksäcke eine sinnvolle Größe. Mit dem Railjet geht es mit 225 km/h in nur 2:22 Stunden nach Salzburg, wo wir in den Zug nach Spittal/Drau umsteigen und um 12:30 in Spittal den Zug nach Sillian betreten. Wir vertreiben uns die Bahnfahrt mit Plaudern und Handyspielen und sind schon gespannt, was uns die nächsten Tage bringen werden. Knapp nach 14:00 Uhr kommen wir in Sillian an, wo uns ein Taxi zur Leckfeldalm bringen sollte. Am kleinen Parkplatz des Sillianer Bahnhofes ist jedoch kein Taxi zu sehen. Als ich gerade zum Handy greife, um nachzufragen, kommt ein roter Bus um die Ecke – das „Leckfeldalm“-Taxi. Bei der 7km langen Fahrt erzählt uns der Fahrer ein wenig vom Wetter der letzten Tage und gibt uns den Tipp immer zeitig zu starten, da das Wetter am Vormittag immer besser sei. Nach 30 Minuten Fahrt spuckt uns das Taxi auf der Leckfeldalm auf einer Seehöhe von ca. 1.900m aus. Der Himmel schaut sehr düster aus und so packen wir gleich die Rucksäcke regendicht ein. Vor uns liegen ca. 500 Höhenmeter auf einer Forststrasse. Es geht bei leichtem Nieseln gleichmässig bergauf und auf Halbzeit der Strecke sieht man schon knapp unterhalb des höchsten Punktes die Sillianer Hütte. Aufgrund der mangelnden Aussicht verzichten wir auf den Umweg zum Heimkehrerkreuz und erreichen um ca. 16:15 die Sillianer Hütte. Dort bekommen wir unsere Plätze im Matratzenlager im Keller, das gleichzeitig der Winterraum ist zugewiesen. Heinz und Elias teilen sich ein Stockbett, während ich die obere Etage eines Matratzenlagers für mich habe. Nachdem wir uns einquartiert haben, vertreiben wir uns die Zeit mit ein wenig Kartenspielen (da nur doppeldeutsche Karten vorhanden sind, lerne ich mit „Weli“ ein für mich neues Kartenspiel), bevor unser Abendessen kommt. Auf jeder Hütte gibt es ein „Bergsteigeressen“ um 8 EUR, das aber jeden Tag wechselt. Dazu kann man je nach Hütte aus mehr oder weniger anderen Gerichten á la carte wählen. Wir gehen knapp nach 21:00 Uhr zu Bett, da wir mit 07:30 Uhr schon die spätestmögliche Frühstückszeit gewählt haben. In unserem Raum haben sich noch zwei weitere Wanderinnen aus Deutschland sowie zwei Mountainbiker einquartiert.
Archiv der Kategorie: Karnischer Höhenweg 2014
Der Karnische Höhenweg an der Grenze zwischen Österreich und Italien von Sillain bis zum Naßfeld
23.08.2014: Sillianer Hütte – Obstansersee Hütte
Meine Nacht war trotz fehlender Schnarchgeräusche aufgrund der Temperatur und dem permanenten Kampf mit meinem Hüttenschlafsack oft unterbrochen und so beschließe ich um 06:00 Uhr aufzustehen. Ich warte noch bis kurz vor sieben, bevor ich Heinz und Elias wecke. Mit kaltem Wasser erledigen wir die Morgenhygiene bevor das große Frühstück (4 Scheiben Brot, Butter, Marmelade, Käse, Schinken und ein Getränk) auf uns wartet. Um 08:30 Uhr brechen wir auf. Da die Zimmer um 08:00 Uhr geräumt sein sollen, sind fast alle Wanderer um diese Zeit aufbruchsbereit und so setzt sich die Karawane des karnischen Höhenweges fast gleichzeitig in Bewegung. Das Wetter sieht ganz gut aus – zumindest sieht man heute die Dolomiten auf der italienischen Seite sowie manchmal auch auf der österreichischen Seite ins Tal. Der Weg ist gut markiert und somit leicht zu finden und am Anfang begleiten uns sogar noch zwei Mountainbiker, die wir aber nach Mittag nicht mehr sehen. Überall am Weg sind Relikte des 1. Weltkrieges zu sehen, wo hier am Karnischen Kamm intensiv gekämpft wurde. So kommen wir nach ca. 2 Stunden auch an einem kleinen Soldatenfriedhof vorbei. Das Wetter hat sich eingetrübt und es beginnt zuerst leicht und dann immer stärker zu regnen. Der Weg an diesem Tag geht schön abwechselnd ein bisschen bergauf und wieder bergab, sodass auch meine ungeübten Mitwanderer gut zurechtkommen. Nach einer kurzen Mittagspause im Windschatten eines Felsens geht es bei immer stärkeren Regen weiter. Die an diesem Tag möglichen Gipfelbesteigungen lassen wir aufgrund mangelnder Fernsicht aus. Nach ca. 3 Stunden Gehzeit erblicken wir von oben bereits das Ziel unserer heutigen Etappe, den Obstanser See und die dazugehörige Hütte. Der Abstieg dauert dann noch fast eine Stunde, da der glitschige und gatschige Bergabweg keine höheren Geschwindigkeiten erlaubt. Wir erreichen die Hütte kurz nach Mittag und stärken uns erst einmal mit Gulaschsuppe und Knödel mit Ei. Den restlichen Nachmittag beobachten wir das Sauwetter aus der Hütte, schmökern in den aufliegenden Alpenvereinszeitungen und spielen unterschiedlichste Kartenspiele. 4 Stunden Wanderzeit ist ziemlich kurz, aber bei diesem Wetter genau richtig ! Wir bekommen ein 5 Personen Zimmerlager zugewiesen, welches wir mit Reinhard und Elisabeth aus Niederösterreich teilen, mit denen wir auch am Nachmittag noch viel plaudern und auch gemeinsam Abendessen. Am späteren Nachmittag trifft noch eine durchnässte italienische Gruppe mit Schoßhund ein, die ganz überrascht ist, dass es keinen Föhn für Hunde auf der Hütte gibt. Eine Duschmünze für 2 EUR reicht für 2 Minuten warmes Wasser, wobei die Uhr stoppt, wenn man den Hahn abdreht. Am Abend gibt es als Bergsteigeressen Spinatknödel mit Gorgonzolasauce. Die Abrechnung von Übernachtung, Abendessen und Frühstück wird wie in der Sillianer Hütte auch bereits am Abend durchgeführt. Eine Tochter des Hauses läuft aufmerksam mit einem PDA herum und nimmt die Bestellungen auf, eine andere bringt kurz darauf das Essen an den Tisch – ein echter Familienbetrieb. Auch dieser Tag endet um 21:30 in unserem Zimmerlager. Während sich bei Heinz und Elias schon erste Verschleißerscheinungen bemerkbar machen, spüre ich noch nichts von den bisherigen Etappen.
24.08.2014: Obstanserseehütte – Standschützenhütte – Porzehütte
Gestern dürfte es sich gut ausgeregnet haben, denn der Himmel ist an diesem Morgen relativ wolkenfrei und man hat in der Früh eine gute Fernsicht. Leider kann niemand das Panorama genau erklären, und so haben wir vielleicht den Grossglockner gesichtet, ohne es zu bemerken :-). In der Nacht war es so kalt, dass auf den Lacken von gestern eine kleine Eisschicht zu sehen ist. Wir brechen schon knapp vor 08:00 Uhr auf und entscheiden uns für die Wegvariante, die höher hinauf und mehr auf dem Grat entlang geht. Schon auf den ersten 100m bergauf ist zu sehen, dass Elias´s Beine schon ziemlich müde sind. Als als wir einen Sattel erreichen der von der Morgensonne beleuchtet ist, nutzen wir dies zu einer ersten kurzen Pause aus. Weiter geht es bergauf zur Pfannspitze, der mit 2.670m höchste Punkt unserer Wanderung. Der Weg dort hin enthält teilweise schon recht anspruchsvolle Stücke, die Obstanserseehütte befindet sich rund 500m direkt unter uns. Am Gipfelkreuz haben wir eine beeindruckende Aussicht auf die umliegenden Berge und auch der Weg, der vor uns liegt sieht sehr eindrucksvoll aus. Nach einigen Fotos geht es kurz steil bergab und dann exakt am Grat entlang, bis wir die beiden Felsenberger Kleiner und Großer Kinigat an ihrer Flanke passieren. Immer wieder ist Musik zu vernehmen, deren Ursprung wir aber nicht zuordnen können. Das Wetter ist weiterhin unbeständig, die Pfannspitze ist nur wenige Minuten nach unseren Besuch in dichten Nebel gehüllt. Nach ca. 3 Stunden Gehzeit erreichen wir den Ort unserer heutigen Mittagsrast, die Filmoor-Standschützenhütte. Heute sind viele Leute hier, da kurz zuvor eine Bergmesse am Großen Kinigat gehalten wurde, was nun auch die Musik erklärt. Die Betreiber der Hütte sehen aus wie Studenten, die jeden Abend kräftig feiern und erst gegen Nachmittag wieder voll einsatzfähig sind. Sie sind aber sehr bemüht, kühlen die Getränke in kaltem Eiswasser und werfen pünktlich zu Mittag den Grill an. Heinz achtet darauf, dass sein Sohn Elias kräftig zu Mittag isst (Gemüsesuppe und Käsekrainer) damit er auch den zweiten Teil der Tagesetappe schafft. Diese geht zuerst steil über moorige Almwiesen bergab bis zu zwei schönen, kleinen Almseen. Anschliessend muss noch ein kurzer Aufstieg zum Heretriegel überwunden werden. Dabei blicke ich plötzlich einer Kuh ins Gesicht gerade an einer Stelle mit flachen Gebüschen, wo Ausweichen kaum möglich ist. Hinter dieser Kuh folgen noch einige weitere und am Schluss der Bauer, der die hinterste ohne Rücksicht antreibt und damit fast für Massenkarambolagen sorgt. Oben am Heretriegel machen wir noch ausgiebig Rast und genießen die Sonnenstrahlen, die heute erstmalig durch die Wolken scheinen. Anschließend geht es noch ein wenig eben dahin bevor der Weg direkt bei einer Hochspannungsleitung mit Seil gesichert steil bergab geht und man unser heutiges Ziel die Porzehütte schon gut sehen kann. In weiten Bogen geht es zur Hütte, wo wir um ca. 16:00 Uhr eintreffen. Hier gibt es seit Tagen auch wieder Handyempfang, was es für Elias leichter macht, die Strapazen des Tages zu verarbeiten. Eigenes Zimmer gibt es für uns heute keines dafür ein Matratzenlager wo wir die Plätze neben Reinhard und Elisabeth zugewiesen bekommen, wobei wir uns zu fünft einen Platz teilen müssen, wo es selbst für drei nicht übertrieben geräumig wäre. Am Abend kann á la carte bestellt werden, wobei das angebotene Schnitzel auf den Nachbartischen der große Renner ist. Wir sitzen wieder mit Reinhard und Elisabeth zusammen unterhalten und gut und spielen auch zusammen diverse Kartenspiele bis spät in die Nacht (ca. 21:30 Uhr), bevor wir uns ins kuschelige Matratzenlager zurückziehen.
25.08.2014 Porzehütte – Hochweißsteinhaus
Heute steht die Königsetappe des Karnischen Höhenweges am Programm. Mit 8 Stunden und über 1000hm größtenteils am Kamm eine anspruchsvolle Etappe, die die meisten Wanderer noch zeitiger aus sonst aufstehen und frühstücken lässt. Für Elias wäre diese Etappe vermutlich zu anstrengend und daher steigt Heinz mit ihm von der Porzehütte nach Obertilliach ab und fährt mit dem Taxi in die Nähe der Hochweißsteinhütte. Reinhard und Elisabeth adoptieren mich an diesem Tag und wir verlassen zu dritt um ca. 07:30 die Porzehütte und gehen die ersten 500 Hm im dichten und feuchten Nebel bergauf. Von der Temperatur her haben wir ideales Wanderwetter leider haben wir kaum Aussicht. So ca. alle 15 Minuten hebt sich der Nebel für einige Sekunden und man kann erahnen welch wundervolle Ausblicke man bei optimalen Wetter haben könnte. So reichen diese kurzen Lichtblicke nur für ein paar halbwegs „aussichtsreiche“ Fotos. Der Weg geht, soweit man es erkennen kann meist auf Kammhöhe laufend ein wenig rauf und runter. Manche Stücke sind mit Seilen versichert aber alles harmloser, als ich es bei einem Kammweg erwartet (befürchtet) habe. Reinhard und Elisabeth gehen ein zügiges Tempo, sodass wir ca. um 12:00 Uhr auf Höhe des Mitterkarbiwaks bereits Halbzeit des Weges erreichen. Wie im Rother Wanderführer (übrigens das Standardwerk am Karnischen Höhenweg) beschrieben, gönnen wir uns einen Müsliriegel vor dem bevorstehenden steilen Anstieg. Auch der einzige heute entgegenkommende Wanderer kommt bei Halbzeit vorbei, ein Osttiroler, der den Osttiroler 360Grad Skyline Trail geht und am Vortag über 3000 Hm zurückgelegt hat. Aber auch er ist aufgrund der schlechten Sicht nicht besonders motiviert und wird „nur“ zur Porzehütte gehen. Nach kurzer Pause geht es weiter und wenige Minuten später steigen wir tatsächlich steile Serpentinen empor, die wir großteils nur mit Hilfe der neu angebrachten Seile überwinden können. Anschließend geht es wieder am Kamm entlang weiter, kurz bevor wir den Kamm zum Abstieg verlassen müssen wir noch die aus meiner Sicht heikelste Stelle passieren – ein Stück wo der Weg ganz schmal bei einem überstehenden Fels vorbeiläuft, während es auf der anderen Seite steil bergab geht (was man im Nebel aber glücklicherweise nicht sieht). Nach dieser Stelle geht es stetig bergab, bis wir die Wolkenschicht über uns zurücklassen und einen ersten Blick auf das Hochweißsteinhaus erhalten. Leider befindet sich zwischen uns und dem Ziel noch ein tiefer Taleinschnitt. Normalerweise wird dieser auf annähernd gleichbleibender Höhe umrundet. Dieser Weg ist aber zur Zeit aufgrund von Resten von Lawinenabgängen aus dem Spätwinter gesperrt, sodass wir eine gefühlte Ewigkeit auf sehr schlammigen Weg bergab gehen, bis wir den Talboden erreicht haben – nun geht es nur noch knapp 200 Hm knackig bergauf bevor wir das Hochweißsteinhaus erreichen. Beim Aufstieg zum Ziel werde ich immer schneller, trotzdem versucht sich Reinhard an meine Fersen zu heften, muss aber auf halber Strecke aufgeben :-). Um knapp nach 16:00 Uhr erreichen wir das Hochweißsteinhaus. Außer Heinz und Elias, die mit dem Taxi natürlich schneller waren, sind wir drei die ersten Wanderer, die es von der Porzehütte geschafft haben. Ich stärke mich mit Palatschinken und wir beobachten gemütlich in der wohlig warmen Hütte wie der Nebel immer tiefer zieht. Die letzten Wanderer sind der 77jährige Manfred und seine vier Damen, die erst um 18:30 Uhr also knapp rechtzeitig vor dem Abendessen eintreffen. Das Abendessen ist wie in allen Hütten bisher ausgezeichnet und so bleiben die meisten fast bis zum Start der Hüttenruhe (22:00 Uhr) sitzen und feiern die erfolgreich absolvierte Königsetappe.
26.08.2014 Hochweißsteinhaus – Wolayerseehütte
Nach dem gestrigen „Umweg“ über das Tal sind Heinz und Elias diesmal auf der normalen Route mit dabei. Auch heute steht eine durchaus anspruchsvolle Etappe mit einigen Höhenmeter auf dem Programm. Das Wetter sieht in der Früh gar nicht gut aus, denn das Hochweißsteinhaus ist wie gestern abend in dichten Nebel gehüllt und es bläst ein starker Wind. Dies veranlasst auch zwei Damen, die seit der Sillianer Hütte parallel zu uns gegangen sind, ihre Wanderung schon vorzeitig abzubrechen und ins Tal abzusteigen. Nach dem üblichen Hüttenfrühstück (Brote mit Butter und Marmelade sowie Kaffee, Tee oder Kakao) brechen wir auf zunächst bergauf zum Öfner Joch bevor der Weg wieder hinab führt, diesmal auf italienischer Seite in das Val Fleons. Hier begegnen wir einer Kletterin, die offensichtlich am Fuße der beeindruckenden Wände des Monte Avanza campiert hat. Der Weg führt zunächst steil bergab, dann flacher entlang einer Forststraße. Fast hätten wir die Abzweigung Richtung Fleonsalm verpasst, da in Italien der Weg nicht mehr mit rot-weiss-rot und 403 markiert ist. Ein Blick auf die Karte bringt uns wieder auf den richtigen Weg und so erreichen wir bald die untere Fleonsalm, ein netter Platz für eine Pause. Dies denken sich auch die rund um die Alm grasenden Kühe, nachdem wir unsere Müsliriegel und Wurst auspacken und kommen rasch näher. Darauf verlassen wir diesen netten Platz und verlegen die Rast einige hundert Meter weiter. Das Wetter hat sich stark gebessert, seit dem Öfner Joch sind wir aus den Wolken herausgekommen und es ist trocken. Die Charakteristik des Weges unterscheidet sich von den bisherigen Tagen, so geht es großteils durch Wälder, die übersät sind mit tausenden Schwammerl aller Arten. Der Weg steigt nun wieder langsam aber stetig ab Richtung Sella Sassanis, bevor wir diese erreichen müssen wir aber noch ein besonderes Hindernis überwinden. Durch die extremen Schneefälle des vergangenen Winters in der karnischen Region sind auch zahlreiche Lawinen abgegangen. Ein Lawinenkegel hat dabei den 403er unter sich begraben und selbst Ende August ist es noch ein richtiger Berg aus Schnee und Eis bedeckt durch centimeterdicken Schlamm, den wir nur mühsam überklettern können. Als wir den Sella Sassanis Pass erreichen, auf dem auch eine Gedenktafel betreffend des Ersten Weltkrieges steht sehen wir kurz unsere Wanderbegleiter Reinhard und Elisabeth, die aber bald wieder im Nebel verschwinden, den wir auf knapp 2000m wieder „eingeholt“ haben. Nach unserer Mittagspause geht es ein Stück relativ eben weiter, wir queren das Schotterkar der Creta di Bordaglia, bevor wir den Giramondopass und damit wieder die Grenze zu Österreich erreichen. Von hier aus geht es steil bergab. Bei diesem Abstieg verspüre ich leider erstmalig wieder manchmal Stiche im linken Knie. Trotz voller Konzentration rutsche ich auf dem steilen und schottrigen Abstieg kurz aus, bleib aber bis auf ein paar kleine Schürfwunden unverletzt. Der Weg flacht ab und wir erreichen nach ca. einer Stunde die Obere Wolayeralm wo Reinhard und Elisabeth schon auf uns warten. Auch die Sonne scheint manchmal durch die Wolken durch und so nutzen wir das Wetter zu einer Pause mit Ziegenmilch und einer Bretteljause aus eigener Produktion. Die Sennerinnen erzählen uns, dass sie jeden Tag mehrere Stunden in den Bergen unterwegs sind, um bezüglich der weidenden Kühe nach den Rechten zu sehen. Nach der Pause müssen wir noch einen Anstieg von 250Hm überwinden, bevor wir um ca. 15:30 Uhr die traumhaft gelegene Wolayerseehütte erreichen. Diese wurde 2012 neu renoviert und kann schon fast als Berghotel bezeichnet werden. Die Sanitärräume sind top, das ganze Haus erstrahlt in hellen Holz und wir bekommen ein kuscheliges 3-Bett-Zimmer zugewiesen. Bei der Duschzeit wurde gespart, denn die Warmwasseruhr, die für eine Münze für zwei Minuten läuft, bleibt auch beim Abdrehen des Wassers nicht stehen und so muss auch das Einseifen schnell erledigt werden. Das Abendessen verbringen wir in einem Raum mit riesigen Panoramafenstern, wo man den See und die eindrucksvolle Wand der Seewarte sehen würde, wenn nicht wieder Nebel eingefallen wäre. Heute gönne ich mir ein Upgrade auf Halbpension und bekomme somit ein 3-Gänge-Menu am Abend serviert. Am Abend sitzen wir noch ein letztes Mal zusammen mit unseren Begleitern der letzten Tage, die den Karnischen Höhenweg „nur“ bis zum Plöckenpass gehen. Die aus England stammende UN-Mitarbeiterin und Ihre Tochter, Reinhard und Elisabeth sowie der 77-jährige Manfred aus Deutschland mit seinen 4 Geissen (=Frauen), die er über den Berg scheucht. Von Tag zu Tag gewöhnt man sich mehr aneinander und so kommt schon kleiner Abschiedsschmerz auf, als wir mit Reinhard und Elisabeth bei einem Wein zusammenstehen und über die letzten Tage philosophieren.
27.08.2014 Wolayerseehütte – Gasthof Valentinalm
Heute steht die kürzeste aller Etappen am Programm. Der kurze Aufstieg auf 2100m und der Abstieg zur Valentinalm auf 1250m sind mit 2 Stunden Gehzeit angegeben. Daher genießen wir erstmalig ein Frühstücksbuffet für EUR 12,– während wir Reinhard und Elisabeth bei den ersten Metern ihrer heutigen letzten Etappe zusehen. Wir verlassen dieses tolle Quartier und umrunden den Wolayersee, besuchen die alte Zollhütte an der Grenze und werfen einen Blick Richtung Italien auf das Refugi Lamberthengi, welches nur 15 Minuten von der Wolayerseehütte entfernt liegt. Anschließend verlassen wir den Wolayersee in Richtung Valentinstörl. Dabei gehen wir die 200m bergauf überwiegend auf einem riesigen Altschneefeld, welches der Winter hier hinterlassen hat. Als wir die Passhöhe erreichen, sehen wir die Servicekraft von der Wolayerseehütte, die den halbstündigen Ausflug immer auf sich nimmt, wenn Sie telefonieren möchte, da hier der nächstgelegene Punkt mit Mobiltelefonempfang ist. Als wir beginnen Richtung Valentinsalm abzusteigen, fängt es überraschend an zu regnen. Zuerst zögere ich noch mit dem Anlegen der kompletten Regenmontur, der immer stärker werdende Regen beschleunigt aber meine Entscheidung. Nach 10 Minuten Starkregen ist der Spuk vorbei und nur wenig später kommt sogar die Sonne raus. Der Abstieg von Valentinstörl zur Valentinsalm ist steil und felsig und bis knapp auf 1500m gesäumt von Altschneefeldern am Fuße der eindrucksvollen Felsen der Hohen Warte. Als die Landschaft wieder grüner wird, und wir aus dem Schatten der Felsen herauskommen, machen wir eine ausgiebige Pause und genießen die ersten Sonnenstrahlen seit Tagen. Es ist herrlich auf dieser schönen Alm auf einem Felsen zu sitzen und die zahlreichen Murmeltiere zu beobachten. Wir setzen den Weg fort und erreichen kurz darauf die Obere Valentinsalm, die durch eine Forststraße mit unserem Ziel dem Gasthof Valentinsalm verbunden ist. Auf diesem letzten Teilstück begegnen wir vielen Tagestouristen, hier herrscht reger Wandererverkehr ganz im Gegenteil zu den Tagen davor. Um ca. 12:30 kommen wir an unserem Ziel an und dort erwartet uns ein Zimmer mit Balkon und Dusche mit unbegrenzter Duschzeit und ein eigenes Zimmer für Elias. Beim Bett, welches sich Heinz und ich teilen sind die Decken zu einem Herz geformt. Wir genießen nach einer ausgiebigen Dusche die Sonne und das gute Essen der Valentinsalm und spielen mit den vier deutschen Damen den ganzen Nachmittag Jolly. Zum Abendessen gibt es Suppe, Kärntner Kasnudln und Kaiserschmarrn, danach gehe ich mit Heinz ein wenig Sterne schauen. Leider bekommt Elias gegen Abend ein wenig Kopfweh und wir überlegen, wie wir die morgige recht lange Etappe gemeinsam schaffen sollen. Ein Anruf bei unserem morgigen Ziel der Zollnerseehütte bringt die Lösung – ein Lieferant der Hütte, der in Kötschach-Mauthen zu tun hat wird Elias um 09:00 Uhr aufgabeln und mit dem Auto zur Hütte bringen, Heinz und ich werden den Karnischen Höhenweg weiterwandern. Nach einem Abschiedsobstler gemeinsam mit Manfred und seinen Mädels geht es in bequeme Bett.
28.08.2014 Gasthof Valentinsalm – Zollnerseehütte
In der „Zivilisation“ gibt es Frühstück frühestens um 07:30 Uhr. Nach einem noch besseren Frühstücksbuffet als am Vortag brechen Heinz und ich um 08:15 Uhr auf. Ich sage dem Wirten auf der Valentinsalm noch, dass Elias abgeholt wird. Daraufhin ruft er zum Glück noch kurz bei der Zollnerseehütte an, denn Hannelore die Wirtin hätte schon darauf vergessen den Lieferanten zu verständigen.
Nach ca. 30 Minuten queren wir die Plöckenpass-Straße und passieren den Grünsee bevor sich der Weg bergauf durch den Wald windet. Heinz und ich unterhalten uns angeregt und verpassen prompt den richtigen Weg. Ein paar Meter durch Gatsch und dichtes Gestrüpp bringen uns aber wieder auf den richtigen Weg. Nach ca. 400m bergauf erreichen wir die Abzweigung zum Polinik bei einer kleinen Alm. Wir treffen einen Kärntner, der schon lange in Wolfsburg (D) wohnt und nun die Gipfel seiner Heimat besuchen möchte. Wir gehen aber ohne Gipfelumwege weiter am Karnischen Höhenweg leicht bergab der Bergkette entlang. Dabei müssen wir mehrmals Kühe umrunden, die es sich mitten am Weg bequem gemacht haben. Auch auf diesem Weg sind mehrmals die Überreste des letzten Winters sichtbar, wenn der Weg durch umgeknickte Bäume versperrt ist und großräumig umgangen werden muss. Wir passieren eine verfallene Alm (zuletzt restauriert 1932) bevor der Weg plötzlich steil nach oben führt. Dabei gehe ich mein Tempo und Heinz seines, was dazu führt, dass am Gipfel des Köderkopfes ich ca. 10 Minuten vor Heinz ankomme. Nachdem heute auch überwiegend schönes Wetter ist, machen wir ausgiebig Pause am Köderkopf. Wir verspeisen die letzten Wurstreste und das letzte Brot. Sogar das Rauchen einer Gipfelzigarette zahlt sich heute aus. Wenn uns nicht gerade eine kleine Nebelwolke einhüllt, haben wir heute herrliches Wetter und gute Fernsicht. Während wir Pause machen, sehen wir auch die einzigen Menschen, die uns heute entgegenkommen, der Karnische Höhenweg ist hier tatsächlich recht einsam. Nach der Pause geht es steil bergab auf der anderen Seite des Tales sieht man schon die Bischofsalm und eine weitere Hütte, die schon ganz in der Nähe unseres Etappenziels stehen muss. Es geht jedoch nicht direkt ins Tal sondern der Weg geht einen ganz weiten Bogen sodaß hier noch viele Kilometer zurückgelegt werden müssen. Heinz hat sich offensichtlich gut erholt, denn er ist jetzt bergab so schnell unterwegs, dass ich kaum folgen kann. Dies auch weil ich auf mein Knie, das sich immer öfter meldet gut achtgebe und meine Schritt mit Bedacht setzen möchte. Wir überqueren zwei Wildbäche mit herrlich frischem Wasser und erreichen nach einiger Gehzeit eine steile Almwiese, die von zahlreichen Kühen bevölkert ist. Eine Straße schlängelt sich die Wiese hinauf und ich erwarte jederzeit die Bischofsalm zu erreichen, auf der Käse produziert wird. Doch der Weg zieht sich ziemlich dahin und erst muss noch ein kleiner Bergrücken umrundet werden, bevor wir die Alm erreichen. Leider wird hier nichts verkauft und so fällt die geplante Pause mit einem Müsliriegel und einem Stückchen Schoko recht dürftig aus, bevor es noch einmal in der prallen Sonne gut 200m bergauf zur Zollnerseehütte geht. Hier eile ich wieder ein wenig voraus, weil ich mich schon auf einen gemütlichen Platz bei der Hütte freue. Als ich sie erreiche, sitzen noch relativ viel Leute vor der Hütte, aber nur 15 Minuten später sind wir schon fast die einzigen Gäste. Wir probieren Hannelores interessante Säfte (Waldmeister, Lavendel, Thymian/Spitzwegerich) und genießen die Sonnenstrahlen am späten Nachmittag. Elias taucht ein wenig später auch auf. Er hat ein wenig geschlafen, aber im Laufe des Tages sogar ohne uns freiwillig eine kleine Wanderung zum namensgebenden Zollnersee unternommen, um nicht „aus der Übung“ zu kommen ! Wir werden in einer sehr schönen Matratzenunterkunft untergebracht, die wir alleine für uns haben. Etwas später kommt noch eine Familie mit drei Kindern, die jedoch am Dachboden nächtigt. Dusche gibt es diesmal gar keine (nicht einmal eine kalte), also muss eine Katzenwäsche mit Waschlappen genügen. Nach dem Abendessen gibt es noch einen Fichtenpunsch, der ziemlich intensiv wirkt, so finde ich plötzlich alles ziemlich witzig und liefere mir Lichtspiele mit Elias.
29.08.2014 Zollnerseehütte – Rattendorfer Alm
Nach erholsamer Nacht lassen wir uns diesmal mit dem Aufbruch Zeit, da nur eine 4 -Stunden-Etappe vor uns liegt. Um 08:45 geht’s los, die letzten Nebelschwaden ziehen noch herum, als wir die kleine Kapelle bei der Zollnerseehütte inspizieren. Nach einer halben Stunden Almspaziergang ist der Nebel endgültig weg, als wir den Zollnersee erreichen. Dieser kleine Almsee wächst laut Infotafel immer mehr zu und droht zu einem Moor zu werden. Weiter geht es bei immer wärmeren Wetter, wir sparen wie immer alle Gipfelalternativen aus, um Elias nicht zu sehr abzuschrecken und erreichen nach 2 Stunden die Straniger Alm. Diese ist eine von den Gailtaler Käsealmen, vor der Alm werden gerade die Käselaibe gereinigt und wir stärken und mit frischer Buttermilch und einer kleinen Brettljause. Während wir unsere Pause genießen erreichen auch zwei Bergläufer die Alm, die heute früh beim Plöckenpass (unserem gestrigen Start) weggelaufen sind und bis am Nachmittag zum Naßfeld (unserem morgigen Ziel) laufen wollen. Die beiden sehen gar nicht sooo sportlich aus und ich frage mich hauptsächlich wie man bergab bei den steilen und rutschigen Passagen noch laufen kann. Weiter geht es dann ein Stückchen auf Forststraße indem wir den Straniger Kopf umrunden, danach wechseln wir auf die italienische Seite. Auf einer malerischer Hochebene erreichen wir den Rattendorfer Sattel und erhalten erstmals einen schönen Blick auf das imposante Massiv des Trogkofels. Auch die Rattendorfer Alm ist 300m tiefer schon erkennbar und so haben wir die letzte Stunde unseres Weges unser Ziel immer vor Augen. Das Zimmer in der Alm ist alt und klein, aber wir müssen es mit niemanden teilen und eine Dusche mit Warmwasser solange man möchte gibt es auch. Wir stärken uns nachmittag mit Apfelstrudel und Käse aus eigener Erzeugung. Beim Abendessen planen wir noch unseren morgigen letzten Tag. Mit Unterstützung einer Kärntner Wandergruppe, die am Nebentisch sitzt beschließen wir, nicht wie ursprünglich geplant direkt nach Tröpolach abzusteigen, sondern ohne große Anstiege über die Tröpolacher Alm und die Rudnig Alm zur Bergstation des Milleniums Express auf das Naßfeld zu gehen und dort mit Sommerrodelbahn und Lift talwärts zu fahren.
30.08.2014 Rattendorfer Alm – Madritsche – Tröpolach
Um 06:30 werde ich wieder wach. Nachdem ich rausgefunden habe, dass ich mein Handy auch bei angesteckten Kopfhörer (wird als Antenne benötigt) beim Radiohören auf Lautsprecher schalten kann, wecke ich meine Zimemrgenossen mit Ö3 und Radio Kärnten. Das Frühstücken und Rucksackpacken gehört nach einer Woche schon zur rasch erledigten Routine und mit ein wenig Wehmut brechen wir zu unserer letzten abermals kurzen Etappe auf.Dank der Tipps vom Vorabend sparen wir uns den großen Aufstieg auf den Trogkofelsattel und umrunden den Trogkofel durch von Kühen durchsetzen Waldstücken auf der anderen Seite und erreichen nach ca. 1 Stunde die Tröpolacher Alm. Diese lassen wir jedoch achtlos links liegen und steuern die Rudnig Alm an. Als wir das Schigebiet erreichen fällt sofort der Unterschied zwischen der naturbelassenen Umgebung der letzten Woche und einem Skigebiet im Sommer auf. Breite in den Wald geschlagene Schneisen und Lifttrassen, alle paar Meter eine Vorrichtung für die Schneekanonen sowie künstliche Seen als Speicher für die Beschneiung prägen des Bild der Landschaft. So erreichen wir nach einer weiteren Studen auf unspektakulären Weg die Rudnig Alm, wo wir uns mit Milch und Wurst aus eigener Produktion für den letzten Anstieg stärken. Am Nachbartisch ein älterese Pärchen aus Korneuburg, welches die Gailtaler Käsealmen mit dem Auto abklappert. Nach der Pause geht es vorbei an einem Speichersee und es ist gar nicht so leicht auf der offenen von Pisten durchsetzen Landschaft den besten Weg zu unserem Ziel Madritsche zu finden. Knapp unterhalb des Gipfels sind wir endgültig in der Zivilisation angekommen. Auf einem weiteren Speichersee fahren venezianische Gondel, ein kleiner Touristenwanderweg ist gesäumt von einem künstlichen Bergbach und Dutzende Halbschuhtouristen gehen die paar Meter von der Bergstation auf und ab. Die meisten mustern unsere volle Montur skeptisch, als sie uns begegnen und auch das am Berg übliche Grüßen von Entgegenkommenden verliert seinen Sinn, wenn alle paar Meter neue Leute auftauchen. Schließlich erreichen wir die Bergstation des Millenium Express und damit das Ziel unserer 9-Tages-Wanderung. Mit der Sommerrodelbahn Pendolino geht es rasch 400m bergab, wobei Elias noch viel rascher fahren würde als ich, aber leider durch mich gebremst wird, da ich keine Lust habe aus den Kurven geschleudert zu werden. Unsere Rucksäcke haben wir zur Talfahrt in die Gondel gegeben, beim Abholen warten wir aufgrund eines Missverständnisses 15 Minuten auf unsere Rucksäcke, obwohl diese schon längst angekommen sind. Bei der Mittelstation essen wir noch eine Kleinigkeit auf der Tressdorfer Alm (wobei Alm für diesen Alpen McDonalds zu niedlich klingt) bevor wir mit dem Milleniums-Express direkt nach Tröpolach hinabfahren, mein Knie dankt mir die ersparten Bergab-Meter. In Tröpolach sind wir in der Pension Durnthaler untergebracht mit unbegrenzten Duschen, Handyaufladen und Fernschauen. Elias nutzt die Möglichkeit bei einer nahe gelegenen Tankstelle Chips zu kaufen und auch diesen Entzug beenden zu können. Das Abendessen nehmen Heinz und ich (Elias hat nach einer Packung Chips keine Hunger) im gegenüberliegenden dazugehörigen Gasthof ein und teilen uns den Tisch mit zwei Steirern, die mit dem Motorrad unterwegs sind. Am nächsten Tag heißt es ein letztes Mal früh aufstehen, da unser Zug um 07:49 von Tröpolach wegfährt. Wir essen vom Frühstücksbuffet mit weichen Ei, bevor uns die nette Wirtin mit dem Auto zum „Bahnhof“ nach Tröpolach bringt. Nach einer Stunde Zugfahrt steigen wir in Villach um und verbringen mit dem Spielen von Risiko und Weli die restliche Zeit, bevor wir um 13:00 Uhr in Wien landen. Eine tolle Wanderung geht zu Ende und ich habe das Gefühl, dass ich zumindest Heinz auf den Geschmack bringen konnte, solche Reisen noch öfter zu machen, bei Elias bin ich mir nicht ganz sicher 😉