14.06.2018: Haut Asco – Asco – Lozzi

Wieder bin ich knapp nach 6:00 Uhr im Frühstückssaal, nicht ohne vorher das Wetter gecheckt zu haben. Draußen ist blauer Himmel mit ein paar Wolkenfetzen, die Wetterprognose sagt teilweisen Regen ab Mittag voraus. Als bei meinem zweiten Frühstück unser Frühstückstisch vollständig ist, beschließt Tugso bis Calacuccia mit dem Bus zu fahren, alle anderen entscheiden sich für die Wanderung von Asco nach Corscia. Mit der Hilfe von Uyangaa gebe ich Tugso alle Infos, damit sie weiß, wo sie aussteigen muss und sie unsere nächste Unterkunft findet. Pünktlich um 09:00 Uhr sitzen wir im Bus, das Ticket nach Asco kostet EUR 7 pro Person, jenes nach Calacuccia EUR 35,–. Der Busfahrer raucht noch gemütlich fertig, sodass wir um 09:20 Uhr unsere Fahrt antreten. Auf der serpentinenreichen und teilweise engen Straße von Haut Asco nach Asco schenken wir über 800Hm her, die wir die letzten Tage mühsam erarbeitet haben und wir sechs unerschrockenen Wanderer werden in einer Serpentine im Bergdorf Asco vom Busfahrer rausgelassen. Asco ist ein typisches, korsisches Bergdorf und da es bei diesem Urlaub das erste ist, das wir passieren, sind besonders meine Mitwanderer begeistert von dem alten Kirchenturm, den betagten Steinhäusern und dem Flair, den so ein Dorf ausstrahlt. Wir müssen noch ein wenig absteigen und den Asco-Fluss über die alte Steinbrücke Pont Genois d´Asco überqueren, dies geht natürlich nicht ohne ausreichende Fotos vonstatten 😊. So starten wir die heutige Etappe knapp nach 10:00 Uhr, was angesichts der Länge relativ spät ist. Gleich zu Beginn huscht kurz eine Schlange über den Weg, was eine willkommene Abwechslung zu den hunderten Eidechsen darstellt, die sonst vor unseren Schritten fliehen. Der Weg ist wunderschön und folgt dem Fluss Pinara bergauf, vorbei an verlassenen Häusern, blühenden Wiesen und aussichtsreichen Felsvorsprüngen. Nach ca. einer Stunde verpassen wir fast den (gut markierten) Weg als dieser unangekündigt die Seite des Flusses wechselt. Durch den Regen der letzten Tage ist es schwierig, trockene Steine zum Queren zu finden und so rutsche ich prompt auf einem nassen Stein aus und tauche mit einem Bein bis zum Knie ins kalte Wasser. Meine Mitwanderer machen es gewarnt durch mein Hoppala besser und ziehen sich die Schuhe teilweise vor der Querung aus, um diese trocken zu halten. In der nächsten halben Stunden queren wir den Fluss noch fünf bis sechs weitere Male. Jedes Mal ist es eine Herausforderung, einen Weg zu finden, bei dem man trocken die andere Seite erreicht. Als diese Schwierigkeiten überwunden sind, taucht die nächste Herausforderung der korsischen Landschaft auf. Unser Weg ist dicht verwachsen, nun schwer zu finden und geht mitten durch Ginsterbüsche, die jede Menge Stacheln für uns bereithalten. Dank GPS kann ich die Richtung gut halten und wir erreichen um 12:30 Uhr eine Bergerie auf 1200m, die wir für eine kurze Rast nutzen. Obwohl wir heute noch keinen anderen Menschen auf dem schönen Weg gesehen haben, befindet sich bei der Bergerie ein überquillender Mistkübel. Den Leuten ist es scheinbar nicht zu blöd, Ihren Mist zwar in die Berge hinein, aber nicht mehr hinaus zu tragen ☹. Nach der Pause setzen wir unseren Weg bergauf weiter fort, anfänglich weiterhin durch dichtes, stacheliges Unterholz, später durch niedrigen Baumbewuchs. Der Weg nimmt ein paar auf der Karte nicht eingezeichnete Wendungen, als plötzlich eine Kuh aus dem Gebüsch unmittelbar auf den Weg tritt. Wir hatten nun zwar schon den ganzen Tag die Hinterlassenschaften der Kühe an den unmöglichsten Stellen gefunden, aber das ist die erste Kuh, die wir aus der Nähe sehen und dafür gleich ganz nah. Ich mache einen möglichst großen Bogen um die Kuh, die sich zum Glück friedlich zeigt und wir können problemlos weitergehen. Wir habe nun schon über 1200 Hm bergauf hinter uns, was das Feld der Wanderer ein wenig auseinanderzieht, zumal ich wieder umso schneller werde, je näher der höchste Punkt des heutigen Tages kommt. Oben angekommen genehmige ich mir eine Gipfelzigarette und nutze aus, dass es nach wie vor nicht regnet, obwohl sich rundherum schon einige bedrohliche Wolken gesammelt haben und die Berge ab 2000m so wie die letzten Tage wieder in den Wolken sind. Hinter ein paar Felsen lässt es im Windstillen gut Pause machen und wir genießen die tolle Aussicht. Leider muss ich ein wenig aufs Weitergehen drängen, denn ist es knapp nach 15:00 Uhr und wir haben auf der Karte ca. die Hälfte des heutigen Tages geschafft. Es geht nun zuerst steil bergab und dann lange Zeit mehr oder weniger auf gleicher Höhe. Wir passieren eine alte Bergerie, bei der der Eingang so klein ist, dass hier nur Kinder gearbeitet haben können. Durch die zahlreichen Kuh-Trampelpfade und die überwachsenen Markierung ist der Weg oft nicht leicht zu finden und ich brauche immer wieder mein GPS zur Korrektur. Ich gehe immer ein Stückchen vor dem Rest der Gruppe, sodass diese nicht immer jeden kleinen Irrweg mitmachen muss. Obwohl wir heute weiterhin niemanden begegnen sieht man an diversen Überbleibseln, dass dieses Tal hier doch bewirtschaftet wird oder wurde. Wir gehen immer an der felsigen Flanke eines Berges entlang und können einige sehr ungewöhnliche Felsformationen entdecken. Einmal müssen wir eine Gruppe Kühe, die den Weg blockiert, abwarten. Eigentlich erwarten wir hinter jeder Kurve oder Kuppe einen Blick auf den Stausee von Calacuccia zu erhaschen, aber unsere heutiges Tagesziel lässt auf sich warten. Es ist knapp vor 18:00 Uhr, als wir dann zwar noch immer auf 1.250m Höhe sind, aber erstmals den See und die Häuser von Corscia vor Augen haben. Wir gehen noch knapp eine Stunde steiler bergab, passieren ein paar Pferde und umkurven in den letzten Minuten ein paar Mauern, bevor wir das kleine Bergdorf um 19:00 Uhr erreichen. Unsere heutige Unterkunft befindet sich jedoch im Nachbardorf Lozzi, welches noch ca. eine Gehstunde entfernt wäre. Also schicke ich Erika los, um uns ein Taxi zu organisieren, diese redet die ersten Personen an, die wir treffen, drei alte korsische Herren. Diese sind allesamt jenseits der 80, gemeinsam schaffen sie es trotzdem uns ein Taxi zu rufen. Inzwischen plaudert Erika nett mit Ihnen und einer ruft sogar seinen Esel, der mit lauten „I-A“ antwortet. Das Taxi bringt uns in 15 Minuten zu den Chalets de Lozzi, wo uns Tugso schon erwartet. Das Abendessen wird direkt in die Wohnräume der wunderschönen Chalets geliefert, es gibt eine üppige, korsische Wurst und Speckplatte, ein Berg Nudeln mit Rindfleisch und einen superleckeren Kastanienkuchen. Müde, aber satt und glücklich geht dieser lange Tag zu Ende.

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