Am Morgen um 08:30 startet unser Bus vom Busterminal also bleibt nicht viel Zeit für das Frühstück und schnellen Schrittes marschieren wir die 15 Minuten dorthin. Dort angekommen beobachten wir gespannt die Busse und wünschen uns einen richtigen hochgelegten Hochlandbus mit ganz großen Reifen. Dieser Wunsch wird nicht ganz erfüllt, wir bekommen einen schnuckeligen Bus der Firma „Sterna“ für ca. 20 Reisende mit einem wasserdichten Anhänger, in dem wir unser Gepäck bunkern können. Heute wartet eine lange Busfahrt mit vielen Sightseeing-Stops auf uns. Bei der Fahrt aus Reykjavik hinaus nach Thingvellir genau auf jener Strecke, die ich 21 Jahre zuvor mit dem Mountainbike gefahren bin, sticht noch einmal die Veränderung hervor, die Reykjavik in knapp 20 Jahren genommen hat. Dort wo vor damls ein paar Höfe und vielleicht eine Kirche gestanden sind befindet sich nun der Vorort Mosfellsbaer, mit knapp 8000 Einwohnern eine der größten Städte Islands. Sobald Reykjavik ausser Sichtweite ist, stimmt aber die Erinnerung wieder mit der Realität überein. Links und rechts der Straße erstreckt sich weites Land ein paar Höfe und hie und da ein Pferd oder ein Schaf durchbrechen die Idylle. Nach einer halben Stunde Fahrzeit spuckt uns der Bus das erste Mal aus. Am Beginn der Allmannaschlucht bei Thingvellir ist mittlerweile auch ein Busplatz gewachsen und eine Aussichtsplattform entstanden. Am touristenfreundlichen Abstieg in die Schlucht wird gerade gearbeitet. Zwischen zahlreichen Japanern und Touristen aus dem Rest der Welt bleiben uns 15 Minuten für einen Blick über den Thingvallavatn und die geologische Grenze zwischen Europa und Amerika. Hätte ich mir damals auch nicht gedacht, daß ich einmal aus einem der Busse aussteigen würde, die ich bei meiner MTB-Tour immer so verflucht hatte ;-). Weitere 5 Minuten Fahrzeit später machen wir Halt ohne touristische Attraktion, aber das dort errichtete Kaffee braucht auch ein paar Gäste. Der nächste Stop (10 Minuten) ist mitten in Thingvellir, mehr als ein kurzer Spaziergang zum Ferienhäuschen des isländischen Präsidenten geht sich jedoch nicht aus, bevor der Bus seine Reise fortsetzt. Nach einer weiteren halben Stunde Fahrzeit über schöne asphaltierte Straßen (war 20 Jahre zuvor nicht so) machen wir einen ausgieben Stopp beim Geysir, einer Springquelle, die Namensgeber für alle Naturphänomene dieser Art ist. Imposant und verlässlich schießt hier alle 3-7 Minuten eine Fontäne kochendes Wasser in die Luft, welche bis zur Landung Gott sei Dank schon soweit abgekühlt ist, daß den zahlreichen Touristen hinter den Absperrungen außer ein paar Wasserspritzern kein Schaden entsteht. Erstmalig sieht meine Mutter hier zahlreiche rauchende und dampfende Wasserlöcher, ihr ist noch nicht bewußt, daß noch einige weitere folgen werden :-). Das mittlerweile errichtete Geysir Touristenzentrum ist von einer ganz anderen Qualität und Ausstattung als die Hot-Dog-Bude, die hungrige Mountainbiker hier früher versorgt hat. Nur 10km weiter von hier der nächste Stop beim Gullfoss, einem Wasserfall, bei dem der Fluß Hvita über zwei Stufen in eine Schlucht hinabstürzt. Immer wieder ist es eindrucksvoll, sich hier nur einen Schritt entfernt von den tosenden Wassermassen ablichten zu lassen. Nach diesem letzten Highlight des isländischen Golden-Circles lassen wir die stark ausgetrampelten Touristenpfade hinter uns und unser Bus beginnt mit der Querung des Hochlandes auf der Kjölur-Route. Die ersten 15 km sind noch asphaltiert, doch dann beginnt endlich das noch wilde Hochland mit dem Langjökull auf der einen und dem Hofsjökull auf der anderen Seite. Eine staubige Hochlandstraße mit teilweise straußeneiergroßen Steinen die sich bergauf und bergab windet und bei der jedes Auto eine oft kilometerlange Staubfahne hinter sich her zieht. Hier steigen sehr intensive Erinnerungen in mir hoch, wie ich hier mit dem Mountainbike mit großem Gepäck unterwegs war, und jeder kleine Hügel aufgrund der Strassenverhältnisse ein schwer überwindbares Hindernis darstellte. Mit dem Bus geht es wesentlich schneller und so sind wir 2 Stunden nach dem Gullfoss im ehemaligen Sommerschigebiet Kerlingarfjöll. Kaum vorstellbar, daß hier noch bis ins Jahr 2000 im Sommer Schi gefahren wurde, da man nur vereinzelte Schneefelder entdecken kann. Den 2-stündigen Aufenthalt nutzen meine Mutti und ich zu einer kurzen Wanderung bergauf über ein paar Schneefelder. Das Wetter ist zwar etwas kühler als im Flachland ansonsten jedoch tadellos zum Erkunden dieser ursprünglichen und rauhen Natur. Um knapp nach 16:00 Uhr verlassen wir mit unserem Bus diese Hochlandoase, um die letzte Etappe des heutigen Tages nach Hverahvellir zurückzulegen. Dort befindet sich ebenfalls ein Gebiet mit hoher geothermischer Aktivität welche es dem dortigen Campingplatz inkl. zweier Berghütten ermöglicht, seinen Gästen einen natürlichen Outdoor-Hot-Pot anzubieten. Somit können wir diesen langen und ereignisreichen Tag mit einem ausgiebigen Bad bei 40 Grad ausklingen lassen. Die dortige Hütte ist eine einfache Unterkunft mit 3 Räumen und insgesamt ca. 20 Schlafmöglichkeiten und einer Küche, in der ich uns vor dem Schlafengehen ein zweigängiges Fertigfuttermenu zubereite.