12.08.2018: Plosehütte – Schlüterhütte

Wie fast immer, wenn ich unterwegs bin, wache ich schon früh auf und bin daher der Erste um 07:00 Uhr beim Frühstücksbuffet. Es gibt Weißbrot und Vintschgerl, Käse, Schinken, div Marmeladen, Honig und Butter sowie kalte weiche Eier. Zum Trinken O-Saft und sogar einen eigenen Krug mit Kakao. Der Blick aus dem Fenster lässt uns nicht weit blicken.

Ausblick am Morgen

Dort wo gestern das fabelhafte Panorama der Felswände war, ist heute nur eine weiße Nebelwand. Wir sind trotzdem optimistisch und beschließen, vom Dolomiten-Höhenweg 8 abzuweichen und bis zum Gabler am Kamm zu wandern und erst dann runter zur Edelweisshütte und Halslalm zu gehen. In der Nacht hatte es nur 5 Grad was eine angenehme Abwechslung zu den letzten 14 Tagen Hitzewelle in Wien darstellt. Auch in der Früh ist es im Hochnebel noch frisch, aber nach dem Aufbruch um 08:30 Uhr kommt immer öfter die Sonne durch und es herrscht perfekte Wandertemparatur.

Am Weg zum Gabler

Der Weg geht immer am Kamm entlang ohne große Höhenunterschiede abgesehen vom letzten Stück auf den Gabler hinauf. Dort machen wir 20 Minuten Pause und treffen die ersten Wanderer für den heutigen Tag – eine Gruppe von 4 Erwachsenen die 4 kleine Kinder auf den Berg hinaufmotiviert hat.

Das Gipfelkreuz am Gabler

Der Abstieg führt zunächst über sanfte, grasige Abhänge hinab, bis wir bei ca. 2000m in niedrigen Nadelwald eintauchen. Dort treffen wir auch wieder auf den Originalweg, der uns wenige Minuten später auf eine Wiese führt, auf der gerade eine Feldmesse abgehalten wird. Im Hintergrund wird schon der Griller vorbereitet und auf den nächsten 20 Gehminuten kommen uns ca. 200 Wanderer entgegen, die alle zu diesem Almfest kommen wollen. Wir gehen gegen den Strom und erreichen um 11:30 Uhr die Halsl-Alm, wo wir eine Kaffee/Eis-Pause einlegen. Auch hier ist viel los und die Grillhändl für mittags werden schon vorbereitet.

Die Wege sind sehr gut markiert

Unser Weg führt uns nun ein wenig auf der Strasse, bevor wir wieder auf einen Wanderweg schwenken, der uns der Peitlerscharte näherbringt. Einige Kühe wollen uns aufhalten, aber Gerhard treibt sie solange vor sich her, bis sie sich schließlich doch mit ausreichend Sicherheitsabstand überholen lassen.

Gerhard der Kuhtreiber

Der Himmel ist zwar bewölkt, aber meist scheint die Sonne, als unser Weg zuerst ein paar Gebirgsbäche überquert, und dann immer steiler Richtung Peitlerscharte ansteigt. Sobald wir auf den Rundweg um den Peitlerkofel treffen, erhöht sich das Wandereraufkommen schlagartig und häufiges Grüßen ist wieder angesagt. Aufgrund des längeren Anstieges und der nun warmen Temperaturen zieht sich das Feld etwas auseinander. Während ich mich zwar langsam, aber stetig dem Platz unserer Mittagspause nähere, macht Gerhard immer wieder kurze Pausen um den heutigen höchsten Punkt zu bezwingen.

Die letzten Meter vor der Peitlerscharte

Schlussendlich schaffen es dann natürlich alle und das abermals fabelhafte Panorama auf die Bergwelt auf der anderen Seite der Scharte entschädigt für die Anstrengungen. Nach der Gipfelzigarette und ausgiebigen Jausnen fehlt uns nur noch eine halbe Stunde Gehzeit zur Schlüterhütte, wo wir heute übernachten werden.

Edelweiss auf der Peitlerscharte

Der Weg ist eben bis leicht bergab und gerade als wir die Hütte erreichen, fallen ein paar Tropfen vom Himmel aus einer der Wolken, die schon den ganzen Tag hin- und herziehen. Bei der Anmeldung erfahren wir, dass die Hütte komplett voll ist, dank rechtzeitiger Reservierung bekommen wir aber zwei schöne Zweibettzimmer zugewiesen.

Die Schlüterhütte

Nach Stärkung mit Kuchen und Apfelstrudel stellen wir uns in die Schlange bei den beiden Duschen im Haus (diesmal mit Duschmarke um EUR 2,5), und genießen ein wenig die Sonne, die nun wieder auf die Hütte scheint. Beim Abendessen in der voll belegten Hütte teilen wir uns insgesamt zu zwölft einen Tisch für acht Personen. Durch die räumliche Nähe kommt es aber zu netten Gesprächen mit einer Runde von 4 deutschen Mädels, die allesamt zuviel Sonne erwischt haben.

Ausblick von der Schlütterhütte

Morgen steht mit der Überquerung der Geislergruppe durch die Panascharte eine erste Schlüsselstelle am Programm. Da für den Nachmittag Regen angesagt ist, überlegen wir uns, welche Weg-Alternativen es gibt, entscheiden uns dann aber für den ursprünglichen Plan. Wie gestern geht es wieder zeitig ins Bett.

13.08.2018: Schlüterhütte – Regensburger Hütte

Der Morgen beginnt verheissungsvoll mit einem Blick aus dem Fenster, wo nur wenigen Wolken die Spitzen der Geisler-Gruppe bedecken. Um Punkt sieben öffnet der Frühstücksraum und man muss sich in einer schon beachtlichen Schlange von hungrigen Wanderern anstellen, bevor man zu Käse, Schinken und Frühstücksei kommt. Trotzdem schaffen wir es, bereits um 08:00 Uhr abmarschbereit vor der Hütte zu stehen. Zum Warm-Up geht es eine Forststraße 200Hm bergab, vorbei an einer kleinen Alm, auf der man auch übernachten hätte können.

Gehen auf der Forststrasse zum Aufwärmen

Ich denke mir, dass ich bei einer evtl. nächsten Tour in den Dolomiten eher kleinere Übernachtungsmöglichkeiten suchen würde. Gerhard „verneigt“ sich vor einem Südtiroler Forststraßenverbesserer, kommt aber zum Glück mit einer kleinen Wunde davon. Wir gehen entlang des Adolf-Munkel-Weges überwiegend im Wald immer in der Nähe der Schotterfelder der Geislergruppe.

Gedenktafel Adolf-Munkel-Weg

Mein Blick ist oft auf diese steil aufragenden Felsspitzen gerichtet, auch um nach Wanderern Ausschau zu halten, die über eine der Scharten dieses Gebirge queren.

Beratschlagung über den weiteren Weg

Aufgrund des angesagten Regens für den Nachmittag entscheiden wir, den Umweg über die Brogleshütte nicht zu gehen und über den Steig 6A gleich direkt zur Panascharte aufzusteigen. Alle Wanderwege in den Dolomiten sind mit Nummern bezeichnet und diese sind bei jeder Kreuzung von zwei Wegen deutlich ausgeschildert, sodass der Blick auf die Karte oder gar auf das GPS eigentlich nicht notwendig ist.

Panorama am Weg zur Panascharte

Wie schon am Tag zuvor zerstreut sich das Feld am Weg hinauf zur Scharte, jeder geht sein eigenes Tempo und an der Stelle wo unser Weg mit dem Weg von der Brogleshütte zusammentrifft, warten wir wieder zusammen. Unmittelbar darauf erhalten wir einen ersten Einblick in die Panascharte und werden gleich von ein paar fallenden Steinen begrüsst, die ein Vater mit seinen drei kleinen Kindern auslöst. Der Weg ist sehr schmal, manchmal knapp an den Felsen entlang, aber eigentlich gut mit riesigen Baumstämmen abgesichert, bzw. kleine Holztreppen angelegt.

In der Panascharte

Es ist relativ viel Verkehr, was aus meiner Sicht das Gefährlichste an diesem Weg ist. Wir begegnen einer italienischen Familie mit einer traumatisierten Teenager-Tochter, die kaum einen Schritt voranwagt und einer Gruppe Österreichern, wo ein Mädel sich mit starken Knieschmerzen auf den Weg hinunter durch die Scharte macht. Heinz schenkt ihr seine Wanderstöcke, damit sie eine bessere Chance hat, dies gesund zu überstehen. Als wir das Ende der Scharte erreichen, stellen sich gleich zwei „Wow“-Erlebnisse ein. Der erste Blick fällt auf die gegenüberliegende Gebirgskulisse von Langkofel und der Rosengartengruppe.

Der Langkofel-Stock in den Wolken

Der zweite Blick auf hunderte von Halbschuhtouristen, die auf der Alm-Landschaft auf der Südseite der Geislergruppe herumlaufen.

Ein Sessellift bis zur Spitze und dutzende Restaurants und Almen auf dem golfplatzgepflegten Rasen tun ihr Übriges dazu, den Kontrast zu dem alpinen Aufstieg riesengroß erscheinen zu lassen.

Almabtrieb

Wir lassen uns nicht aus der Ruhe bringen und ich verbringen die Mittagspause damit, den Leuten beim Aufstieg durch die Panascharte zuzusehen. Für unsere letzte Stunde Wegzeit zur Regensburger Hütte versuchen wir das Gewimmel möglichst zu umgehen und nehmen dafür sogar ein paar Extrameter in Kauf.

Eindrucksvolle Steinformation

Auf der Regensburger Hütte kommen wir um 14:30 Uhr an und Gerhard bestellt sich endlich den ersten Kaiserschmarren auf dieser Tour, nachdem er dies schon öfter zuvor angekündigt, aber nicht umgesetzt hat.

Regensburger Hütte – Rifugio Firenze

Wir bekommen ein Drei-Bett- und ein Einzelzimmer zugewiesen. Dieses überlassen wir gerne unserer Mitwanderin Katharina. Da wir so früh am Ziel angelangt sind, habe ich noch Lust die gegenüberliegende Scharte Forc de Piza zu erklimmen. Dort ist ein Fels zu sehen, der je nach Betrachtungswinkel wie ein Finger oder wie ein Seepferd aussieht. Ich kann Heinz überreden mitzukommen, während Gerhard und Katharina unseren Aufstieg von der Hütte aus beobachten können. Beim Aufstieg scheint nach wie vor die Sonne, aber rundherum sind schon einige dunkle Wolken zu sehen. Die letzten zwanzig Minuten sind wir wieder in einer Scharte, die wie die Panascharte mit Holzstämmen und Treppen aber gut abgesichert ist.

Ausblick auf die Extratour von Heinz und mir

Als wir nach einer Stunde Gehzeit oben angelangt sind, fallen die ersten Tropfen Regen und wir werfen nur einen kurzen Blick auf die andere Seite des Kammes. Durch das Donnern in der Ferne werden wir bergab immer schneller und das Ganze endet in einem Bergablauf, der uns knapp 20 Minuten später wieder zur Hütte bringt ! Zum Glück sind wir kaum nass geworden, bevor es wirklich stark zu regnen beginnt. Beim Abendessen fällt vor allem eine extrem lautstarke Gruppe von Bayern am Nebentisch auf, die allzu langes Verweilen im Gastraum unangenehm macht. Heinz lädt uns noch auf eine Runde Nussschnaps ein, bevor es wieder recht zeitig zu Bett geht.

14.08.2018: Regensburger Hütte – St.Ulrich – Schlernhaus

 

Heute soll Susanne, die mich schon bei vielen meiner Reisen begleitet hat, in St. Ulrich dazustossen. Gestern haben wir schon einige Nachrichten von Ihr erhalten, dass ihre Anreise zwar etwas mühsamer als geplant verlaufen ist, sie es aber schlussendlich doch nach Brixen geschafft hat.

Morgenstimmung bei der Regensburger Hütte

Nach einigen Regen in der Nacht beginnt unser Tag wieder mit einem überwiegend blauen Himmel und einem Frühstücksbuffet mit warmen weichen Eiern und der sonstigen Standardausstattung. Wir wollen um ca. 10:30 Uhr in St. Ulrich sein, und müssen dafür noch 800 Hm absteigen. Deshalb starten wir wieder kurz nach acht und die erste Viertelstunde geht es noch leicht aufwärts zum Col Raiser und dann abwärts über die Gamsblut-Alm.

Katharina, Heinz und ich am Col Raiser
Katharina, Heinz und ich am Col Raiser

Danach geht es auf angenehmen Wanderwegen stetig abwärts mit zahlreichen schönen Ausblicken auf den Langkofel-Stock und die Seiseralm. Um 09:30 Uhr kommt St. Ulrich ins Blickfeld und wir können am Gegenhang schon die Seilbahn entdecken, die uns zur Seiseralm hochbringen wird. In der Zwischenzeit neue Nachrichten von Susanne, dass es auch bei der Anreise nach St. Ulrich Probleme gegeben hat, sodass sie auch erst um 10:30 Uhr dort sein wird.

Blumenschmuck in St. Ulrich

Kurz darauf erreichen wir die ersten Ausläufer von St. Ulrich und wählen einen Weg, der uns bei einem Supermarkt vorbeibringen soll. Wir kommen zwar zu einer schönen Promenade, die unmittelbar zum Ortszentrum führt, finden jedoch außer Touristenshops keine sinnvolle Möglichkeit, unsere Vorräte aufzustocken. Dafür verwenden wir standesgemäß für Wanderer die Rolltreppe mitten im Ort, die uns näher der Liftanlage Seiser Alm bringt.

Gerhard und Co. auf der Wander-Rolltreppe

Als wir bei der Talstation ankommen, sehe ich gerade Susannes Bus auf der Hauptstraße vorbeifahren und telefoniere kurz mit ihr, um ihr zu sagen, dass wir schon auf sie warten. Zwanzig Minuten später meldet sie sich von der Talstation Raschötz und wundert sich, dass wir nicht dort sind. Nur 10 Minuten später hat Susanne ihren Fauxpass korrigiert, und unsere Gruppe ist nun endgültig komplett. Wir besteigen die Seiser-Alm-Kabinenbahn und beginnen nach einem ersten Gruppenfoto zu fünft unsere heutige Almenwanderung.

Die vollständige Gruppe vor dem Langkofel

Mit eifrigen Tratschen mit Susanne geht es recht gemütlich eine Stunde dahin, bevor wir das Alm-Hotel Ritsch-Schwaige erreichen. Da es bereits knapp nach 12:00 Uhr ist, verbringen wir hier unsere Mittagspause, wo uns eine resche, vom Akzent her aus Ungarn stammende Kellnerin bedient. Während der Mittagspause hat sich der Himmel etwas eingetrübt und in der Ferne sieht man bereits einige Regenfälle. Für uns geht es weiter vorbei an der Panorama-Alm, wo zwei kleine Alpakas zu bewundern sind.

Alpakas auf der Seiser Alm

Als wir uns bei der Saltner-Hütte dem Schlernmassiv nähern, donnert es schon und die Wolken hüllen unser heutiges Tagesziel ein. Immerhin schaffen wir noch die Hälfte unseres 500Hm Anstieges trocken, bevor es zu regnen beginnt. Doch das Wetterglück bleibt uns treu und es hört nach wenigen Minuten wieder auf, obwohl es in einigen Tälern rundherum wettermäßig richtig schlecht aussieht.

Rückblick auf die Seiser Alm

Als wir die Hochebene des Schlerns erreichen, werden wir von einer Kuhherde lautstark begrüsst, vermutlich freuen die sich auch, dass diese heutige lange Tagesetappe langsam zu Ende geht. Nur 20 Minuten später erreichen wir das imposante, steinerne Schlernhaus auf 2.440m Höhe.

Das Schlernhaus

Wir erhalten ein 2-Bett und ein 3-Bett-Zimmer in einem eigenen Schlafhaus zugewiesen, die wir sauber, nach Geschlecht getrennt aufteilen. Dusche gibt’s heute keine, dafür zumindest warmes Wasser für die Katzenwäsche am Waschbecken. Dafür bleibt mehr Zeit, unser Essen im großen Speisesaal des Schlernhauses zu genießen.

Der rosa Rosengarten

Nach dem Essen blitzt ein wenig die Sonne unter der Wolkendecke hervor und taucht das gegenüberliegende Rosengartenmassiv in ein beeindruckendes rotes Licht.

15.08.2018: Schlernhaus – Vajolethütte

Der nächste Tag beginnt wie immer mit Frühstück, diesmal gibt es Kekse und Kuchen als Besonderheit und einen Kakao, in dem der Löffel steckt.

Perfektes Wanderwetter

Nach den nächtlichen Regenfällen ist der Himmel fast wolkenlos, doch es hat abgekühlt. Ausserdem bläst hier auf der Hochebene eine steife Brise, sodass die meisten von uns zwei bis drei Schichten anziehen. Susanne kam schon fertig gepackt zum Frühstück beim Aufbruch fehlt sie jedoch wieder. Gerhard geht inzwischen voraus, wir sehen ihn am ersten Teil der Wanderung nur mehr von hinten. Als Susanne wieder auftaucht, brechen dann alle anderen auf. Schon nach 15 Minuten gemütlicher Wanderung auf der Hochebene Richtung Rosengarten ist es wieder warm genug, um alles bis auf eine Schicht auszuziehen.

Bei der Abzweigung zum Klettersteig

Nach einer Dreiviertelstunde erreichen wir die Abzweigung zum Maximilian Klettersteig, den wir links liegen lassen. Kurz darauf ist schon unsere erste Zwischenstation die Tierser Alpl Hütte zu sehen, es soll jedoch weitere 45 Minuten dauern, bevor wir sie erreichen.

Die Tierser Alpl Hütte

Während Heinz und Katharina die neu renovierte Hütte von innen erkunden, beobachte ich einige Menschen dabei, wie sie den direkt hinter der Hütte befindlichen Klettersteig begehen. Es sind schon einige Leute unterwegs, auch mit den Mountainbike ḱommt man offensichtlich gut auf diese Hütte. Am nächsten Anstieg zum Molignon-Pass überholen wir eine Gruppe von zwei deutschen Damen und einem Mädchen, welches angeschlagen von Fieber gerade das Weitergehen verweigert. Unsere Krankenschwester Susanne kümmert sich um das Mädchen und gibt ihr aus Ihrem Medikamentenvorrat etwas für den Notfall. Auf jeden Fall geht es auch für das Trio weiter und wir treffen sie noch mehrmals im Laufe des Tages.

Susanne und die Hagelkörner

Wir passieren ein paar Haufen von Hagelkörnern, die wohl eines der Gewitter der letzten Tage hier abgesetzt haben, bevor wir den Molignon-Pass auf 2.600 Hm erreichen. Hier bietet sich ein eindrucksvoller Blick hinüber zur Grasleitenpasshütte auf gleicher Höhe und den gleichnamigen Felskessel, den wir vorher noch durchschreiten müssen.

Felskessel vor dem Grasleitenpass

Es geht in engen Serpentinen steil und schottrig bergab und ich frage mich, wo die grünen Flecken sein sollen, die auf der Karte eingezeichnet sind. Knapp vor dem Boden des Kessels zweigt der Weg nach links ab und wir halten zumindest einen Teil der Höhe bevor es auf der gegenüberliegenden Seite wieder steil bergauf geht. Wie öfter in den letzten Tagen gehe ich hinauf mein Tempo, Susanne haftet sich mit der Aussicht auf ein Powernap an meine Fersen, der Rest erreicht die Grasleitenpasshütte erst bei Halbzeit meiner Gipfelzigarette.

Die Grasleitenpass-Hütte und viele Menschen

Auf der Hütte ist der Bär los, wir haben ein ähnliches Aha-Erlebnis wie nach der Panascharte, denn vom Vajolettal pilgern die Massen auf die Grasleitenpasshütte und einige noch ẃeiter auf eine Schulter des Kesselkogels. Die sehr kleine Hütte ist so voll, dass Gerhard und Heinz beim Zahlen fast Platzangst bekommen. Das Personal ist wie bisher auf allen Hütten ausgenommen freundlich und lässt sich von der vielen Arbeit nicht beeindrucken.

Gruppenfoto vor dem Vajolet-Tal

Nach einer Stunde Pause geht es für uns die letzte knappe Stunde im Gänsemarsch mit den Tagestouristen hinunter zur Vajolethütte unserem heutigen Tagesziel. Diese liegt auf einem Zwischenplateau im Vajolettal auf dem eine große Gruppe Jugendlicher uns bereits mit dem Singen von Liedern begrüßt.

Am heutigen Tagesziel

Beim Einchecken müssen wir uns in die WC-Schlange einreihen, doch diese Aufgabe übernimmt diesmal Katharina und holt die Schlüssel für ein 5-Bett-Zimmer im 2. Stock. Da es gerade einmal 15:00 Uhr ist, schlägt Heinz noch eine Extratour vor, und so erkunden wir heute noch eine der beiden möglichen Varianten für morgen. Dazu klettern wir den an und für sich anspruchsvollen Steig durch die Gartlschlucht hoch zur Gartlhütte. Dieser wird jedoch von so vielen Wanderern aller Altersstufen in unterschiedlichen Ausrüstungen begangen, dass er offensichtlich nicht schwer genug ist ;-). Nach ca. 1 Stunde kommen wir bei der Gartlhütte an, unser Ziel für die Extratour ist jedoch die Erkundung des Santnerpass-Klettersteigs. Also gehen wir noch knapp weitere 20 Minuten bergauf zur Santnerpass-Hütte, die diese Saison jedoch geschlossen hat.

Die Laurinswand

Zwischen der Laurinswand und der Rosengartenspitze eröffnet sich uns ein eindrucksvoller Ausblick über den Rosengarten, das Latemar-Gebiet und ein Fernblick bis zur Ortlergruppe. Allein beim Anblick der Laurinswand, die einige hundert Meter nahezu senkrecht abfällt wird mir ein wenig schwindlig. Heinz ist davon unbeeindruckt und setzt sich so hin, dass seine Beine direkt den Abhang hinunterhängen.

Aussicht genießen an der Westwand des Rosengartens

Ein paar Fotos und eine Gipfelzigarette später gehen wir weiter zum Einstieg des Santnerpass-Klettersteigs und wagen uns die ersten Passagen abwärts. Der Klettersteig ist zwar nur mit A/B bewertet, aber es wird bald klar, dass wir als Gruppe ohne Ausrüstung hier auf keinen Fall gehen sollten.

Ich hänge im Santnerpass-Klettersteig

Wir machen ein paar Fotos und gehen wieder hinunter zur Hütte, wo wir rechtzeitig zur Dusche und zum Abendessen eintreffen. Das Abendessen ist diesmal in Form einer Halbpension, wobei wir bei allen drei Gängen aus zwei bis drei Alternativen wählen können. Alle Speisen sind geschmacklich und von der Portionsgröße top und obendrein gibt’s noch einen Teller vom Salatbuffet, welches mit Kichererbsen und Krautsalat mit Speck ebenfalls mehr als die 08/15-Dinge enthält. Kulinarisch ein absolutes Highlight unserer Dolomitentour ! Wir unterhalten uns sehr gut mit einer Gruppe von drei Deutschen, die hauptsächlich zum Klettern hier sind und kommen ausnahmsweise erst mit der Hüttenruhe um 22:00 Uhr ins Bett.

16.08.2018: Vajolethütte – Tschagerjoch – Paolinahütte

Das Frühstücksbuffet auf der Vajolethütte kommt leider nicht ganz an den Standard des Abendessens heran, zählt aber trotzdem zu den reichhaltigeren Varianten auf unserer Tour. Nachdem die original Variante des Dolomiten-Höhenweges Nummer 8 über den Santnerpass-Klettersteig für uns gestorben ist, bleiben wir heute vorerst im Vajolet-Tal, wo wir uns langsam an der Ost-Seite des Rosengartenmassivs hocharbeiten.

Heinz mit der Vajolethütte im Hintergrund

Dabei beobachten wir eine Gruppe von Kletterern, die sich in den imposanten Hängen hochkämpft und kurz darauf ein Rudel von Rotwild, unsere erste Wildtiersichtung auf der Tour.

Unsere erste Wildtiersichtung

Nach gut 1,5 Stunden treffen wir auf die Abzweigung zum Tschagerjoch. Dieser Weg führt direkt zur Kölner-Hütte und kommt daher der ursprünglichen Planung am nächsten. Auf der Karte ist er als Forststrasse eingezeichnet, was natürlich kompletter Nonsens ist, aber auch in echt sieht er zumindest so aus, als ob er für uns passen würde. Also entschließen wir uns, das Joch zu erklimmen, was uns eine Stunde später nach einigen leichten Kletterstellen auch gelingt.

Rastplatz am Tschagerjoch

Nun kommen alle zu dem gleichen tollen Ausblick, den Heinz und ich bereits gestern vom Santnerpass aus genossen haben. Auf der anderen Seite des Joches ändert sich die Frequentierung des Weges nun leider stark. Haben wir bisher ca. 10 Leute getroffen, strömen uns beim Abstieg zur Kölnerhütte mindestens 100 entgegen, die alle mit dem Sessellift hier hochgespült werden.

Am Weg zur Rosengartenhütte

Susanne, die ein wenig an der Hüfte bedient ist, plagt sich den steinigen, oft rutschigen Weg hinunter und Katharina erwischt bei einer der Kletterstellen einen blöden Schritt und klagt über Schmerzen im Knie, als sie bei der Kölnerhütte eintrifft. Wir genießen trotzdem erstmal ein verfrühtes Mittagessen, da um 11:30 Uhr noch ausreichend Plätze auf der Aussichtsterrasse frei sind.

Verfrühte Mittagsrast

Der restliche Weg zur Paolinahütte verläuft leicht abfallend immer der Westseite des Rosengartens entlang. Wir passieren drei eindrucksvolle kleine Wasserfälle, die bei warmen Temparaturen kleine Oasen der Kühle darstellen.

kleiner Wasserfall

Um 14:00 Uhr, so früh wie noch nie, erreichen wir unser Tagesziel. Also erstmal ein Radler auf der Aussichtsterrasse und erst danach auf unserem 5-Bett-Zimmer einchecken. Heute bieten sich keine Extra-Touren an, daher verbringen wir den Nachmittag mit Duschen, Wäschewaschen und Sonnenliegen und überlegen mit Blick auf das Latemar-Gebirge bereits, wie wir die morgige Tour zur Torre Di Pisa Hütte bewältigen werden.

Das Nachmittagsprogramm

Katharina spekuliert in Bezug auf ihr Knie damit, morgen nur noch bis zum Karer-Pass abzusteigen und dann mit dem Bus nach Bozen zu fahren. Die sehr nette Hüttenwirtin (stellt uns extra einen Wäscheständer zum Trocknen zur Verfügung), gibt mir den Hinweis, dass es eine Möglichkeit der Umgehung der Hochgebirgsroute über das Latemar gibt. Während des a la carte Abendessens (wir bestellen fast einheitlich Spiegelei mit Speck und Röstkartoffeln, nur Gerhard isst wieder Kaiserschmarren) diskutieren wir den morgigen Tag.

Blick auf das Latemargebirge, die morgige Etappe

Heinz und ich werden die Original-Route probieren, während Susanne und Gerhard nach dem Karerpass zuerst auf 1700 Hm das Latemargebirge umrunden werden, und dann die Torre Di Pisa Hütte von „hintenrum“ erklimmen werden. Wir bekommen noch eine Einschulung zur Hüttennutzung von der Hüttenwirtin, die am Abend absteigt und uns und einigen wenigen weiteren Gästen die Hütte über Nacht überlässt.

17.08.2018: Paolinahütte – Refugio Torre Di Pisa

Die klapprigen Betten mit extrem weichen Matratzen haben uns nicht unbedingt gut schlafen lassen. Wir beobachten um 07:00 Uhr wie der Sohn der Hüttenwirtin sich langsam dem Hang unter dem Sessellift hochkämpft. Erst als er ankommt, gibt es ein einfaches Frühstück mit Brot, Käse und süßen Aufstrichen. Wie üblich verlassen wir ziemlich pünktlich um 08:00 Uhr unsere Hütte und kommen nach einer entspannten Stunde bergab um 09:00 Uhr am Karerpass an. Katharina macht Ihre Ankündigung wahr, und muss hier Ihre Dolomitentour aufgrund von Knieproblemen beenden. Sie wird mit dem Bus nach Bozen fahren, und dort einen Tag entspannen.

Letztes komplettes Gruppenselfie am Karer-Pass

Hoffentlich wird sie uns morgen am Abend im Bozen vollständig und fit willkommen heißen können. Die Wege von Gerhard und Susanne sowie Heinz und mir trennen sich dann wenige Meter später. Gerhard wird für seine „Minigruppe“ die Reiseleitung übernehmen und bekommt von mir die Wanderkarte.

Gerhard orientiert sich mittels Schilderwald

Die letzten Tage hat er sich schon selbst immer eingelesen und kennt die Nummern der Wege mittlerweile besser als ich 😊. Heinz und ich gehen zunächst noch Forststraßen bergauf und wir passieren bald eine Art Panorama-Kino.

Panorama-IPad

Der Weg wird nun enger und steiler und es wird gewarnt, dass dieser ab nun nur noch für Experten geeignet wäre. Zunächst geht es in einer breiten Rinne noch in Serpentinen bergauf teilweise weglos über den nackten Fels, später hin wird dann immer öfter der direkte Weg gewählt.

Aufstieg auf den Latemar

Zum Glück befindet sich die Rinne am Vormittag im Eigenschatten des Latemar-Gebirges weswegen der Aufstieg nicht ganz so schweißtreibend ist. Hier sind im Vergleich zum Rosengarten nur wenige Leute unterwegs, gerade mal einer kommt uns beim Aufstieg entgegen. Als wir nach fast 800 Hm Anstieg auf der kleinen Latemar Scharte ankommen, treffen wir dort neben einigen Vögeln ein älteres Paar, wo der Mann mit großer Kamera viele Fotos schießt.

Pause nach den ersten 800 Hm

Nach einer kurzen Pause geht es weiter bergauf. Anfangs ist dieser Weg noch einfach und ich denke mir schon, dass wir alle hätten hier drübergehen können, doch später kommt eine Kletterstelle nach der anderen. Bei einer uns entgegenkommenden Gruppe gibt es deutlich zu hören Diskussionen ob der Schwierigkeit des Weges. Für Heinz ist dies sicher ein Highlight dieser Wanderwoche. Er klebt mir auf den Fersen und wartet ungeduldig, bis ich mich langsam aber sicher über die Kletterstellen bewege. Kaum wird der Weg auf den letzten Metern zur Latemar-Spitze technisch wieder einfacher, fällt er wieder ein wenig zurück 😊.

Das obligatorische Rucksackfoto

Der Ausblick beim Gipfelkreuz ist grandios. Wir sehen zurück zum Schlern, überblicken den kompletten Rosengarten und sehen auch den bei Touristen beliebten Karersee von oben.

Rosengarten und Schlern

Knapp drei Stunden haben wir vom Karerpass hierher gebraucht und erreichen unsere Mittagsrast somit kurz nach 12:00 Uhr. Wir machen eine ausgiebige Pause und Heinz zieht am vorletzten Tag unserer Wanderung noch ganze Brotlaibe und Käsestücke aus seinem Rucksack. Nach einiger Zeit erreicht ein Pärchen aus Deutschland das Gipfelkreuz von der anderen Seite und machen ein paar Gipfelfotos von uns.

Gipfelsieg !!!

Sie zeigen uns unser heutiges Tagesziel, die Torre Di Pisa – Hütte, die man von hier aus schon sehen kann und warnen uns vor dem Abstieg, der ausgesetzt und rutschig sein soll. Zurecht, wie sich wenig später herausstellt, erwartet uns beim Abstieg zur großen Latemar-Scharte das wahrscheinlich schwierigste Stück der gesamten Tour. Es ist sehr steil und durch viel loses Geröll auch sehr rutschig und es gibt viele Stellen, wo ausrutschen verboten ist.

Mutter mit Baby auf gefährlichen Pfaden

Dies hält allerdings eine Mutter mit vielleicht 1jährigen Baby in einer Tragehilfe nicht davon ab, dieses anspruchsvolle Stück bergauf zu klettern ! :-o. Nach mühsamen Abstieg erreichen wir die große Latemar-Scharte, wo rund um das Bivak E.Rigatti einiges los ist. Hier endet ein Klettersteig, der unmittelbar unter den Latemarspitzen entlanggeht und trotz fast 3-stündigen Zustiegs (!) sehr begehrt ist. Wir lassen die ca. 15 Kletterer rechts liegen und setzen unseren Weg fort. Dieser verläuft nun spektakulär auf kleinen Absätzen am steilen Rücken der Latermarspitzen.

Wo geht es hier weiter ?

In großen Bogen verläuft dieser Weg und der Frontalblick auf den Weg ist teilweise furchteinflößend, aber zum Glück täuscht die Perspektive und es ist beim Drübergehen nicht so schlimm. Obwohl der Himmel überwiegend bedeckt ist, gehen wir sehr viel in der Sonne und die 2 Liter Wasser, die wir in der Früh mitgenommen haben, gehen langsam zur Neige. Seit dem Karerpass gab es keinen einzigen Bach oder keine Quelle und die vielen Steine und Felsen reflektieren unbarmherzig die Hitze der Sonne. Zum Glück haben wir permanent unser Ziel vor Augen, welches wir nach einem letzten Anstieg mit leichter Kletterei um 15:30 Uhr auch erreichen. Beim Blick von der Terrasse der Hütte hinab auf die gegenüberliegende Seite sehen wir auch Susanne und Gerhard,

Susanne bei der Talumrundung des Latemar

die sich gerade den Berg hochkämpfen und nur 10-15 Minuten nach uns eintreffen. Die Hütte wurde 2017 renoviert und erweitert und bietet unerwarteten Luxus. Es gibt Dusche (5 EUR) und WC-Spülung und unser 5-Personenzimmer ist riesengroß, modern eingerichtet und die Betten haben Super-Matratzen.

Unser Luxuszimmer

Da wir heute nur zu viert sind, gesellt sich noch Manfred aus Bremen zu uns, der heute ebenfalls von der Paolina-Hütte hierher kam. Kaum haben wir die Hütte erreicht, beginnt es zu regnen, später gehen sogar Gewitter mit Hagelschauer nieder, wie immer diese Woche haben wir Glück mit dem Wetter.

Das 2017 renovierte Refugio Tore die Pisa

Beim Abendessen können wir theoretisch aus 3 Alternativen bei 3 Gängen wählen, schlussendlich bekommen wir dann aber das serviert, was gerade aus der Küche kommt. Das Team ist noch nicht ganz „eingespielt“ und die Herrin des Hauses schimpft lautstark auf italienisch mit Ihrer Crew. Ohne Schnaps geht es diesmal ins Bett und wir verbringen eine ruhige und kühle Nacht auf unserer letzten Berghütte.

18.08.2018: Refugio Torre Di Pisa – Kaltenbrunn – Bozen

Der letzte Tag beginnt mit einem einfachen Frühstück – zumindest nach Nachfrage bekommen wir jedoch mehr als nur eine Semmel pro Person geliefert, um Butter und Honig daraufzuschmieren. Susanne nimmt noch einen Extraschluck Honig, bevor sie sich auf den Weg bergab macht, während wir noch in Ruhe unsere Sachen packen.

Wieder eine tolle Morgenstimmung

Da Susanne nach wie vor Hüftschmerzen hat, möchte sie alleine langsam über die durchaus schwierigen Passagen von der Torre Di Pisa Hütte hinunter zum Reiterjoch gehen. Auch Gerhard geht etwas früher als Heinz und ich, beim Abzweig zum Weg 22 treffen wir wieder zusammen. Nach den ersten 600Hm, die wir nun rasch abgebaut haben, verläuft der Rest des Tages eher leicht abfallend überwiegend durch Wald.

Der Weg verläuft überwiegend durch Wald

Um 11:00 Uhr erreichen wir den Lavazé Pass mit dem gleichnamigen See. Susanne, die sonst kein Wasser zum Schwimmen auslässt, ist dieser See jedoch zu flach und algenreich, außerdem dürfte es sich um einen Fischer-Teich handeln. Also kaufen wir uns nur ein Eis in einem der Restaurants bevor wir weitergehen zum Jochgrimm. Dabei müssen wir die letzten 200 Bergauf-Höhenmeter unserer Tour überwinden. Das Jochgrimm scheint ebenfalls ein beliebtes Ausflugsziel zu sein. Hunderte Autos sind dort geparkt und auch einige fliegende Händler haben dort Ihren Stand

aufgebaut. Dementsprechend pilgern auch Dutzende Wanderer die 20 Minuten hinüber zur Gurndinalm, die auch wir für unsere Mittagsrast ausgewählt haben.

Mittagessen auf der Gurndinalm

Die innen sehr ursprünglich erhaltene Alm hat außen viele Bänke und Sonnenschirme aufgestellt, die fast alle besetzt sind. Zum Glück finden wir einen Platz und als es wenige Minuten nach Eintreffen zu regnen beginnt, lichten sich die Reihen ein wenig. Wir lassen uns davon nicht stören und genießen neben kalter Platte und Speckknödelsuppe auch einen Strauben (ein süßes Backwerk, das zubereitet wird, indem flüssiger Teig – bestehend aus Mehl, Butter, Milch, Eiern und Zucker – durch einen Trichter spiralenförmig in eine Pfanne mit siedendem Öl eingelassen und ausgebacken wird). Durch den Regen verzögert sich unser Aufbruch auf 14:15 Uhr.

Schlittenfahren verboten

Wir weichen vom original Dolomiten-Höhenweg Nr. 8 ab, der noch einmal die Kugelspitze erklimmen würde und bleiben die ganze Zeit am Weg 7 der auf schönen Wegen langsam aber stetig an Höhe verliert. Ein besonders schönes Stück verläuft unmittelbar neben einem kleinen Bächlein, welches mehrfach gequert wird.

Gerhard der Kuhflüsterer

Wir passieren auch eine Kuhweide, bei der sich Gerhard wieder als Kuhflüsterer betätigen kann und unmittelbar zwischen zwei Kühen durchgeht, die mitten auf unserem Weg stehen. Bei 1200Hm erreichen wir eine asphaltierte Strasse bei Radein und man merkt die deutlich höhere Temperatur, die es auf so „geringen“ Höhen hat.

Der letzte Wegweiser in Kaltenbrunn

Als wir um 16:15 Uhr in Kaltenbrunn eintreffen und zur Busstation gehen, kommt gerade ein Bus an. Die Nachfrage ergibt, dass uns dieser Bus nach Auer bringt, wo wir auf den Bus nach Bozen umsteigen können. Also steigen wir ein und ein Blick auf meinen Plan zeigt, dass wir ohne auf die Uhr zu sehen, genau jenen stündlichen Bus erwischt haben, der für die Rückfahrt nach Bozen vorgesehen war. Als wir in Auer umsteigen bekommen wir einen ordentlichen „Hitzeschlag“. Bei über 30 Grad schätzen wir nun umso mehr die angenehmen Temperaturen der letzten Woche. In Bozen ist die Jugendherberge nur wenige Meter vom Bahnhof und Busbahnhof entfernt und wir beziehen ein modernes Vierbettzmmer mit eigener Terrasse und Dusche. Katharina finden wir auch bald und so ziehen wir am Abend noch gemeinsam durch Bozen und essen Pizzas im Römerkeller.

Pizzaessen in Bozen

Die Nacht in der Jugendherberge in Bozen ist dann so heiß, dass ich nach einer Stunde schwitzen beschließe, die Matratze auf die Terrasse zu legen und dort nach dem Gewitter bei angenehmer Temperatur weiterzuschlafen.

19.08.2018 Bozen – Wien

Nach heißer Nacht gibt es ein vergleichsweise üppiges Frühstück im Innenhof der Jugendherberge, bevor wir uns von Katharina verabschieden, die schon früher aufbricht. Die restlichen vier machen noch einen kleinen Bummel durch Bozen.

Seltsamer Baum in einem Kloster in Bozen

Susanne besucht die Messe, die drei Männer einen Shopping-Tempel und alle gemeinsam den Loacker-Shop mit den Südtiroler Waffeln aus Bozen.

Susanne am Weg zur Messe

Um 12:30 Uhr steigen wir in den Zug nach Wörgl, wo wir noch gut Platz finden. Der Railjet in Wörgl ist dann leider so voll, dass wir bis Salzburg einen Stehplatz einnehmen.

Wir passieren die Lokomotive der Achenseebahn

In Salzburg verabschiedet sich Susanne und wechselt in den Zug nach Schwarzach, der Rest fährt nun auf Sitzplatz weiter nach Wien, wo auch der Großteil dieser Zeilen verfasst wurde. Somit hat sich das Mittragen der externen Tastatur für mein Handy doch noch rentiert 😉

10.06.2018: Wien – Calvi – Galeria – Tuarelli

Um 06:10 Uhr geht der Direktflug von Wien nach Calvi. Das heißt Aufstehen um 03:30 Uhr, den fertig gepackten Rucksack schnappen und gemeinsam mit meiner lieben Frau um 04:00 Uhr das Haus verlassen. Unterwegs picken wir noch Uyangaa und Burentugs (Tugso) auf, die erstmalig bei einer meiner Touren mit dabei sind. Um 04:35 kommen wir am Flughafen an, wo sich schon zahlreiche Urlaubshungrige beim Eurowings-Schalter angestellt haben. Rasch findet sich unsere Gruppe zusammen als noch Heinz & Herta sowie Susanne und Erika dazustossen. Wir starten den Urlaub mit einem gemütlichen Kaffee vor dem Boarding-Gate und kommen vor lauter Plaudern fast zu spät. Der Hinflug verläuft problemlos und Eurowings überrascht sogar mit einem kleinen Snack, obwohl ich nur „Holzklasse“ gebucht hatte. Korsika empfängt uns mit strahlendem Sonnenschein und dem unvergleichlichen Duft der Macchia, der uns schon am Flughafen entgegenströmt. Alle Gepäckstücke kommen unversehrt nur wenige Minuten nach der Landung an und das vorgestern gebuchte Van-Taxi empfängt uns schon klassisch mit Namensschild und bringt uns nach Galeria, dem Startpunkt unserer Wanderung. Um das frühe Aufstehen zu verdauen, gehen wir sofort zum noch menschenleeren Strand von Galeria und verbringen einmal die ersten Stunden in Korsika mit baden, sonnen, fotobombing und plaudern. Auch der Bäckerei in Galeria statten wir einen Besuch ab (für mich schon der dritte) und Erika outet sich bei den Bestellungen mit fließendem Französisch, was uns den Rest der Reise noch sehr weiterhelfen wird. Kurz nach 11:00 Uhr sind wird dann endgültig in Korsika angekommen und ich führe meine Gruppe zum Start der Mare e Monti – Etappe von Galeria nach Tuarelli. Nach einem kurzen Stück bergauf windet sich der Weg überwiegend auf der gleichen Höhe bleibend ca. 150m oberhalb der Straße entlang des Fangos. Die Sonne hat die Luft schon ordentlich aufgeheizt, es geht kaum ein Lüftchen und die niedrigen Bäume spenden wenig Schatten, sodass wir trotz geringer Höhenmeter gleich ordentlich ins Schwitzen kommen. Die meiste Zeit haben wir Blick auf die von Gustave Eiffel entworfene Brücke über den Fangofluss, bevor der Weg wieder abwärts geht und auf die Straße von Galeria trifft. Vor einigen Jahren war ich hier im Mai, wo noch wenig los war. Im Juni ist hier schon mehr Betrieb und wir machen Pause bei einem Restaurant direkt neben der Strassenkreuzung. Wir sitzen direkt neben der „Küche“ wo der Koch immer ganz nervös die Glocke läutet, wenn seine Speisen fertig sind, was die Kellnerinnen aber nicht sehr beeindruckt. Nach der Pause geht es ein wenig weiter auf einer Asphaltstraße bevor wir die Ponte Vecchiu erreichen, eine der im römische Stil errichteten Brücken  in Korsika. Nun verläuft der Weg entlang des Fango-Flusses, der hier zahlreichen strömungsberuhigte Badewannen (Gumpen) bildet, die bei diesem Wetter zum Baden einladen. Auch wir können dieser Einladung nicht widerstehen und fast alle kühlen sich in dem kalten Fluss, der weiter oben noch immer von schmelzenden Schnee gespeist wird, ab. Bei der heutigen kurzen Etappe (reine Gehzeit ca. 4 Stunden) können wir uns eine ausgiebige Pause erlauben zumal die Bademöglichkeiten in den nächsten Tagen etwas rarer werden. Irgendwann gehen wir dann doch weiter und ca. 30 Minuten später erreichen wir ein Häuschen aus dem Hard-Rock-Musik dröhnt. Dies ist zum Glück nicht unsere Unterkunft, sondern eines von wenigen Häusern, die am Fango-Fluss die „Ortschaft“ Tuarelli bilden, in der auch unser Etappenziel  Gite d´Alzelli liegt. Diese verfügt über eine Super-Terrasse nur wenige Meter über dem Fango und über stolze Getränkepreise (EUR 5  für ein kleines Pietra). Das 8-Bett-Zimmer kann mit der Lage leider nicht ganz mithalten und riecht etwas muffelig, aber mit geöffneten Fenster lässt es sich aushalten. Das Abendessen gibt’s um 19:00 Uhr bis dahin wird Wäsche gewaschen und Wein getrunken. Wir teilen uns an diesem Abend mit wenigen anderen Gästen die große Tafel im Freiluftrestaurant der Gite und stoßen bei einem guten Menu auf den ersten gelungenen Tag in Korsika an.

11.06.2018 Tuarelli – Foret Du Bonifatu

Leider erst ab 8 Uhr (Brotlieferung!) bietet der Wirt das Frühstück an. Daher trifft sich die gesammelte Frauschaft bereits fertig angezogen und mit gepacktem Rucksack auf der Terrasse. Zum Frühstück gibt es Baguette, Butter, Marmelade und Getränke unserer Wahl. Uyangaa möchte gerne eine Tagesverpflegung von der Herberge mitnehmen, erfährt aber, dass sie diese bereits am Vortag hätte bestellen müssen. Wir versprechen Ihr, dass wir sie auf der heutigen Etappe aus unseren Rucksäcken verpflegen werden. Der Himmel zeigt sich überwiegend bedeckt, was bei dem heute geplanten langen Anstieg von Vorteil ist. Gleich hinter der Gite zweigt der Mare e Monti, dem wir nun schon den zweiten Tag folgen, in den Wald ab und es geht relativ gleichmäßig nicht allzu steil ansteigend dahin. Trotz bewölkten Himmel und Schatten durch Büsche und Wälder bringt die schwüle, warme Luft alle rasch zum Schwitzen. Der einfache und nicht allzu schwierige Weg bietet ausreichend Gelegenheit um zu Plaudern und die anderen Gruppenmitglieder besser kennen zu lernen. Von Uyangaa höre ich über Tugso, dass sie schon auf dem Elbrus und anderen sehr hohen Bergen war. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sie immer die erste ist, die unmittelbar hinter mir geht, egal wie schnell ich gehe. Nach knapp eineinhalb  Stunden Gehzeit erreichen wir den Bocca Di Lucca einen Sattel auf ca. 550m. Von dort versuchen Erika und ich mittels Karte und Kompass unser Ziel für die Mittagspause den Bocca Di Bonassa ausfindig zu machen, dieser ist jedoch ein wenig von tiefliegenden Wolken verhüllt. Auch für Fotos bleibt ausreichend Zeit. So entdecken wir, dass wir farblich mit unseren T-Shirts ein Teilspektrum des Regenbogens abdecken und müssen dies natürlich auch umgehend festhalten. Auch der weitere Weg in großem Bogen Richtung Bocca Di Bonassa bietet ausreichend Fotomotive für Uyangaa, die vor lauter Begeisterung über immer neue Blumenarten kaum weiterkommt. Auch die großen Bäume am Fuße der Bocca erregen aufgrund Ihrer interessant strukturierten Rinde unsere Aufmerksamkeit. Wir erreichen einen schönen Felsen mit guter Aussicht auf knapp 1000m, der aber leider schon von einer Gruppe Wanderern besetzt ist. Daher bleibt uns nichts anderes über, als auch die letzten knapp 150m bis zu unserem geplanten Mittagsrastplatz weiterzugehen. Am Sattel angekommen, öffnen sich alle Rucksäcke und Leckereien wie Salami, Käse, getrocknete Tomaten und Oliven sowie Schokolade kommen hervor. Wie immer können alle satt werden, und mit gefüllten Bäuchen die Aussicht bis zur Bucht von Calvi genießen. Heinz schafft es sogar mitten in der Gruppe fast unbemerkt ein kleines Nickerchen einzulegen. Nach ausgiebiger Pause setzen wir unseren Weg fort. Im Unterschied zu meiner letzten Tour hier vor vier Jahren gehen wir nun auf dem „original“ Mare e Monti. Der Weg führt uns noch ein kurzes Stück bergauf und dann in zahllosen sehr engen aber dafür angenehm zu gehenden Serpentinen immer tiefer hinunter in Richtung unseres Tagesziels. Hie und da verspüren wir ein paar Tropfen Regen aber bei weitem nicht genug, um das Anziehen des Regenzeugs rechtzufertigen. Der Wald in diesem Bereich ist noch sehr ursprünglich, man findet viele verschiedene Baumarten und diese in verschiedenem Alter, einen Anblick, den man aus Österreich eigentlich kaum noch kennt. Tugso gestaltet ein Stück Baumrinde so, dass es die Umrisse der Mongolei hat und kurz vor dem Ende der Etappe passieren wir ein Feld voller kleiner Steinmännchen. Um 15:30 Uhr treffen wir in der Herberge Foret Du Bonifatu ein. Wir genießen zuerst noch ein Bier auf der nun sonnigen Terrasse, während Erika und Uyangaa die zahlreichen Kirschbäume plündern. Bei den Unterkünften habe ich für Heinz&Herta ein Doppelzimmer bestellt. Der Rest der Truppe bekommt eines der nett im Wald verteilten Häuschen für 8 Personen zugewiesen, welches wir uns mit einem schweigsamen, älteren Herren teilen. Die Zeit bis zum Abendessen verbringen wir mit Salsa tanzen (Heinz&Herta), Eis essen (René), Erkundungsspaziergänge (Erika) oder Kirschenessen (Uyangaa). Um 19:00 Uhr versammeln sich alle beim Abendessen, welches aus einer Wurstplatte, einer Lasagne und einem Stück Maronikuchen besteht. Diesmal bestellen wir rechtzeitig eine Runde Baguettes (Käse, Schinken, Lonzu, Coppa) zum Mitnehmen für den morgigen Tag.

12.06.2018 Foret de Bonifatu – Refuge Carozzu – Haut Asco

Nach zwei “Aufwärmtagen” steht uns heute schon eine ordentliche Etappe mit 1.500Hm bergauf bevor. In der Früh bin ich wieder unter den ersten Aufstehern und sehe noch große Teile des Himmels blau, mit Fortschreiten des Tages sollte sich das noch ändern. Hier wird das Frühstück (kleines Buffet mit den üblichen Dingen, dazu Müsli, Kuchen und Orangensaft) bereits ab 07:30 Uhr serviert. Trotzdem starten wir nach Erhalt unserer sehr großen Baguettes wieder um 08:30 in unsere heutige Tour. Den ersten Teil geht es immer weiter hinein ins Tal des Figarella, die ersten Minuten noch auf einer Fahrstraße, dann auf einem schönen Wanderweg. Wieder ist es recht schwül und wir freuen uns über die kleinen zu querenden Zuflüsse zum Figarella, die sich aber leicht mit von Stein zu Stein hüpfen passieren lassen. Nach 1,5 Stunden das erste Highlight der heutigen Tour – wir wechseln die Flussseite über eine Fussgängerhängebrücke über den Figarella-Fluss. Uyangaa findet das Schwingen der Brücke so lustig, dass Sie auf der Brücke anfängt zu springen und juchzen. Zum Glück geht sie als Letzte der Gruppe darüber, sodass die anderen nicht befürchten müssen, den Fluss ohne Brücke zu furten 😊. Danach geht es etwas weg vom Fluss relativ steil bergauf durch den Wald bevor wir um 11:00 Uhr als Erstes den Hubschrauberlanderplatz des Refuge Carozzu sehen. Es ist eines der Refuge´s auf denen die Wanderer am GR20 übernachten. Nachdem das vielleicht auch noch auf meinem Plan steht, sehe ich es mir genauer an. Hinter dem Refuge mit einem Speiseraum und einem Schlafsaal mit ca. 30 einfachst ausgestatteten Liegeplätzen sind Leihzelte aufgebaut. Diese kleinen grünen 2-Mann-Zelte von Quechua stehen auf Holzpaletten und werden mit Unterlagsmatten verliehen. Die Leihgebühr beträgt 11 EUR pro Zelt, hinzu kommt die Übernachtungsgebühr von EUR 7 pro Person. Das Refuge verfügt über WCs mit einem speziellen Recycling-System und einfachen Duschen. Wir nutzen die Sonnenterasse mit guter Aussicht Richtung Calvi für eine ausgiebige Pause, bevor wir knapp vor Mittag zu einer GR20-Etappe von Carozzu nach Haut Asco aufbrechen. Der GR20 gestaltet sich vom Weg her gleich deutlich anspruchsvoller als die bisherigen Wanderwege und startet nach wenigen Minuten mit der Hängebrücke über den Spasimata-Bach. Diese ca. 40m lange Brücke schwingt noch etwas mehr als die heute vormittag passierte und zählt zu einem der Highlights des GR20. Nach ausgiebiger fotografischer Dokumentation setzen wir unseren nun rot-weiss markierten Weg fort, der uns von Fels zu Fels führt. Die Frequenz an Wanderern ist hier deutlich höher als bisher, so kommen uns nun zur Rush Hour ca. alle 5 Minuten Wanderer entgegen, die wohl bei unserem heutigen Etappenziel genächtigt haben. Aufgrund der ständigen „Kletterei“ kommen wir nicht richtig schnell voran, während die Bergspitzen nach und nach von Wolken verhüllt werden und die letzten blauen Flecken am Himmel sich schließen. Unser Ziel für die Mittagspause ist der Lac Du Muvrella, da wir dort nur noch knapp 150Hm vor uns haben und somit den anstrengendsten Teil der Etappe überstanden. Bei einigen meiner Mitwanderer merkt man schon ein wenig die Müdigkeit bzw. den Hunger, bevor wir die kleine Ebene des Lac de Muvrella erreichen. Unglücklicherweise beginnt es just jetzt dauerhafter zu regnen und so fällt die geplante, längere Pause mit Badeoption buchstäblich ins Wasser. Wir befinden uns mittlerweile auch mitten in den Wolken und ich aktiviere mein GPS und weise meine Gruppe an, knapp hintereinander zu bleiben. Nach einigen Schritten erreichen wir ein Schneefeld, das sämtliche Markierungen zudeckt, dank der ausgetretenen Wege aber leichter zu begehen ist, als das Blockwerk davor. Bei weiterhin schlechten Wetterbedingungen erreichen wir den Bocca Muvrella. Von hier geht es kurz ein wenig bergab und hinüber zum Bocca di Stagnu. Der Weg ist bei nassem Wetter, Nebel und Wind allerdings nicht ganz ohne, gleich ganz zu Beginn ist eine schräge Felsplatte ohne Haltemöglichkeiten mit ein paar Schritten zu queren, was uns vollste Konzentration und gegenseitige Unterstützung abverlangt. Nur einige Meter unterhalb des Bocca die Stagnu ist es fast windstill, also legen wir hier die verspätete Mittagspause ein, da es mittlerweile auch wieder aufgehört hat, zu regnen. Von hier aus könnte man auf die Muvrella aufsteigen, ein Abstecher, der heute allerdings wenig reizvoll erscheint. Für uns geht es stattdessen steil bergab über Fels und Stein. Vor allem Tugso tut sich mit Ihren Schuhen schwer, auf den nassen Steinen nicht abzurutschen. Plötzlich lichtet sich der Nebel und gespenstisch tauchen die Unterkünfte von Haut Asco unter uns auf. Sie scheinen recht nah, doch 600Hm dauern nun einmal gut 1,5 Stunden, bevor sie bewältigt sind. Das letzte Stück stehen einige beeindruckende riesige alte Bäume auf dem kargen Boden und fast wie über Stufen geht es über die teils freistehenden Wurzeln. Gegen 17:00 Uhr erreichen wir Haut Asco, eine (verglichen mit den Alpen) Mini-Skistation, die im Sommer ebenso ein wenig Trostlosigkeit versprüht, wie heimische Schi-Orte. Für Heinz&Herta habe ich ein Doppelzimmer im Hotel reserviert, die „Holzklasse“ liegt diesmal einen Stock tiefer in einem sehr einfachen und kleinen Zimmer mit drei Stockbetten. Negatives Highlight des Tages ist das Abendessen, wo wir über eine Stunde auf die Gemüsesuppe warten. Eine weitere Stunde warten wir auf die Hauptspeise, ein bisschen Couscous mit ein paar Lammknochenresten drauf, über die sich nur Uyangaa wirklich freut.

13.06.2018: Haut Asco Ruhetag

Knapp vor 6:00 Uhr wache ich an dem heute geplanten Ruhetag auf. Da die Unterkunft auf Haut Asco direkt auf der GR20-Route liegt, gibt es hier auch schon ab 06:00 Uhr Frühstück. Somit sitze ich als Erster ganz alleine in dem Speisesaal und genieße das Buffet mit Croissants, Kuchen, Müsli, Cerealien und Brot. Im Speisesaal läuft der Fernseher und zeigt Überschwemmungen, die auf Frankreichs Festland stattgefunden haben und auch die Wettervorhersage für Korsika für heute ist nicht sehr aufbauend. Der Blick nach draußen deckt sich mit der Vorhersage – immer wieder Regenfälle, die Wolken hängen tief drinnen, relativ kalt und entferntes Gewittergrollen in der Ferne. Im Speisesaal versammeln sich einige GR20-Wanderer und beratschlagen, ob sie aufbrechen sollen. Schließlich beschließen die meisten, das Busservice von Haut Asco nach Calasima zu nutzen, und nicht die MonteCinto-Überschreitung zu wagen. Da ich diese Tour für den morgigen Tag geplant hatte, überlege ich Alternativen und erkundige mich bei deutschen Wanderern nach deren Erfahrungen auf der Strecke. Ein wenig nach 08:00 Uhr kommen auch meine Mitwanderer langsam aus den Federn (meinen freundlichen Hinweis um 07:00 Uhr, dass es schon Frühstück gibt, haben Sie ignoriert 😊) und ich nehme mein zweites Frühstück mit Ihnen gemeinsam ein. Der heutige Tag wird unterschiedlich verbracht. Heinz & Herta nutzen Ihr komfortables Doppelzimmer zur Ruhe, Susanne, Erika, Uyangaa und ich spielen ein wenig Scrabble und Tugso dokumentiert fotografisch die Inneneinrichtung. Am frühen Nachmittag in einer Regenpause mache ich eine kleine Erkundungstour und gehe ca. 45 Minuten weiter auf dem GR20 bevor es Richtung Monte Cinto ansteigt. Es sind zwei stark angeschwollene Flüsse zu queren, was mit etwas Geschick aber trockenen Fußes zu schaffen ist. Am Umkehrpunkt genieße ich die Ruhe und die Natur und ärgere mich, dass ich mein Handy zwecks Fotos nicht mitgenommen habe. Der Blick auf den Monte Cinto lässt den Entschluss reifen, morgens keinesfalls zu queren, da es oben große, steile Schneefelder gibt und der Berg permanent von den Wolken verhüllt ist, also auch keine Sicht zu erwarten ist. Auch ist die Wetterprognose für morgen nur ein wenig besser als für heute. Als ich zurückkomme, gehe ich mit Erika in das benachbarte Refuge und wir erkundigen uns wegen Taxi und Busmöglichkeiten für morgen. Es gibt für morgen zwei Möglichkeiten. Entweder man nimmt den Bus um 09:00 Uhr fast für die ganze Strecke bis zum geplanten Ziel in Lozzi und macht dort evtl. noch einen kleinen Spaziergang oder man steigt bei Asco aus und geht eine Etappe des „Sentier Ille Rousse – Corte“ bis nach Corscia einer Nachbarortschaft von Lozzi. Dieser Weg ist lang und hat viele Höhenmeter, aber führt nur über 1.800Hm, womit wir den Schneefeldern ausweichen können. Wir beschließen, dass wir morgen wetterabhängig individuell spätestens bis 08:00 Uhr entscheiden werden. Das heutige Abendessen entschädigt sowohl in der Qualität und der Wartezeit etwas für das gestrige Desaster und ich gehe gespannt schlafen, was der morgige Tag bringen wird.

14.06.2018: Haut Asco – Asco – Lozzi

Wieder bin ich knapp nach 6:00 Uhr im Frühstückssaal, nicht ohne vorher das Wetter gecheckt zu haben. Draußen ist blauer Himmel mit ein paar Wolkenfetzen, die Wetterprognose sagt teilweisen Regen ab Mittag voraus. Als bei meinem zweiten Frühstück unser Frühstückstisch vollständig ist, beschließt Tugso bis Calacuccia mit dem Bus zu fahren, alle anderen entscheiden sich für die Wanderung von Asco nach Corscia. Mit der Hilfe von Uyangaa gebe ich Tugso alle Infos, damit sie weiß, wo sie aussteigen muss und sie unsere nächste Unterkunft findet. Pünktlich um 09:00 Uhr sitzen wir im Bus, das Ticket nach Asco kostet EUR 7 pro Person, jenes nach Calacuccia EUR 35,–. Der Busfahrer raucht noch gemütlich fertig, sodass wir um 09:20 Uhr unsere Fahrt antreten. Auf der serpentinenreichen und teilweise engen Straße von Haut Asco nach Asco schenken wir über 800Hm her, die wir die letzten Tage mühsam erarbeitet haben und wir sechs unerschrockenen Wanderer werden in einer Serpentine im Bergdorf Asco vom Busfahrer rausgelassen. Asco ist ein typisches, korsisches Bergdorf und da es bei diesem Urlaub das erste ist, das wir passieren, sind besonders meine Mitwanderer begeistert von dem alten Kirchenturm, den betagten Steinhäusern und dem Flair, den so ein Dorf ausstrahlt. Wir müssen noch ein wenig absteigen und den Asco-Fluss über die alte Steinbrücke Pont Genois d´Asco überqueren, dies geht natürlich nicht ohne ausreichende Fotos vonstatten 😊. So starten wir die heutige Etappe knapp nach 10:00 Uhr, was angesichts der Länge relativ spät ist. Gleich zu Beginn huscht kurz eine Schlange über den Weg, was eine willkommene Abwechslung zu den hunderten Eidechsen darstellt, die sonst vor unseren Schritten fliehen. Der Weg ist wunderschön und folgt dem Fluss Pinara bergauf, vorbei an verlassenen Häusern, blühenden Wiesen und aussichtsreichen Felsvorsprüngen. Nach ca. einer Stunde verpassen wir fast den (gut markierten) Weg als dieser unangekündigt die Seite des Flusses wechselt. Durch den Regen der letzten Tage ist es schwierig, trockene Steine zum Queren zu finden und so rutsche ich prompt auf einem nassen Stein aus und tauche mit einem Bein bis zum Knie ins kalte Wasser. Meine Mitwanderer machen es gewarnt durch mein Hoppala besser und ziehen sich die Schuhe teilweise vor der Querung aus, um diese trocken zu halten. In der nächsten halben Stunden queren wir den Fluss noch fünf bis sechs weitere Male. Jedes Mal ist es eine Herausforderung, einen Weg zu finden, bei dem man trocken die andere Seite erreicht. Als diese Schwierigkeiten überwunden sind, taucht die nächste Herausforderung der korsischen Landschaft auf. Unser Weg ist dicht verwachsen, nun schwer zu finden und geht mitten durch Ginsterbüsche, die jede Menge Stacheln für uns bereithalten. Dank GPS kann ich die Richtung gut halten und wir erreichen um 12:30 Uhr eine Bergerie auf 1200m, die wir für eine kurze Rast nutzen. Obwohl wir heute noch keinen anderen Menschen auf dem schönen Weg gesehen haben, befindet sich bei der Bergerie ein überquillender Mistkübel. Den Leuten ist es scheinbar nicht zu blöd, Ihren Mist zwar in die Berge hinein, aber nicht mehr hinaus zu tragen ☹. Nach der Pause setzen wir unseren Weg bergauf weiter fort, anfänglich weiterhin durch dichtes, stacheliges Unterholz, später durch niedrigen Baumbewuchs. Der Weg nimmt ein paar auf der Karte nicht eingezeichnete Wendungen, als plötzlich eine Kuh aus dem Gebüsch unmittelbar auf den Weg tritt. Wir hatten nun zwar schon den ganzen Tag die Hinterlassenschaften der Kühe an den unmöglichsten Stellen gefunden, aber das ist die erste Kuh, die wir aus der Nähe sehen und dafür gleich ganz nah. Ich mache einen möglichst großen Bogen um die Kuh, die sich zum Glück friedlich zeigt und wir können problemlos weitergehen. Wir habe nun schon über 1200 Hm bergauf hinter uns, was das Feld der Wanderer ein wenig auseinanderzieht, zumal ich wieder umso schneller werde, je näher der höchste Punkt des heutigen Tages kommt. Oben angekommen genehmige ich mir eine Gipfelzigarette und nutze aus, dass es nach wie vor nicht regnet, obwohl sich rundherum schon einige bedrohliche Wolken gesammelt haben und die Berge ab 2000m so wie die letzten Tage wieder in den Wolken sind. Hinter ein paar Felsen lässt es im Windstillen gut Pause machen und wir genießen die tolle Aussicht. Leider muss ich ein wenig aufs Weitergehen drängen, denn ist es knapp nach 15:00 Uhr und wir haben auf der Karte ca. die Hälfte des heutigen Tages geschafft. Es geht nun zuerst steil bergab und dann lange Zeit mehr oder weniger auf gleicher Höhe. Wir passieren eine alte Bergerie, bei der der Eingang so klein ist, dass hier nur Kinder gearbeitet haben können. Durch die zahlreichen Kuh-Trampelpfade und die überwachsenen Markierung ist der Weg oft nicht leicht zu finden und ich brauche immer wieder mein GPS zur Korrektur. Ich gehe immer ein Stückchen vor dem Rest der Gruppe, sodass diese nicht immer jeden kleinen Irrweg mitmachen muss. Obwohl wir heute weiterhin niemanden begegnen sieht man an diversen Überbleibseln, dass dieses Tal hier doch bewirtschaftet wird oder wurde. Wir gehen immer an der felsigen Flanke eines Berges entlang und können einige sehr ungewöhnliche Felsformationen entdecken. Einmal müssen wir eine Gruppe Kühe, die den Weg blockiert, abwarten. Eigentlich erwarten wir hinter jeder Kurve oder Kuppe einen Blick auf den Stausee von Calacuccia zu erhaschen, aber unsere heutiges Tagesziel lässt auf sich warten. Es ist knapp vor 18:00 Uhr, als wir dann zwar noch immer auf 1.250m Höhe sind, aber erstmals den See und die Häuser von Corscia vor Augen haben. Wir gehen noch knapp eine Stunde steiler bergab, passieren ein paar Pferde und umkurven in den letzten Minuten ein paar Mauern, bevor wir das kleine Bergdorf um 19:00 Uhr erreichen. Unsere heutige Unterkunft befindet sich jedoch im Nachbardorf Lozzi, welches noch ca. eine Gehstunde entfernt wäre. Also schicke ich Erika los, um uns ein Taxi zu organisieren, diese redet die ersten Personen an, die wir treffen, drei alte korsische Herren. Diese sind allesamt jenseits der 80, gemeinsam schaffen sie es trotzdem uns ein Taxi zu rufen. Inzwischen plaudert Erika nett mit Ihnen und einer ruft sogar seinen Esel, der mit lauten „I-A“ antwortet. Das Taxi bringt uns in 15 Minuten zu den Chalets de Lozzi, wo uns Tugso schon erwartet. Das Abendessen wird direkt in die Wohnräume der wunderschönen Chalets geliefert, es gibt eine üppige, korsische Wurst und Speckplatte, ein Berg Nudeln mit Rindfleisch und einen superleckeren Kastanienkuchen. Müde, aber satt und glücklich geht dieser lange Tag zu Ende.

15.06.2018: Lozzi – A Sega

Wie gestern abends ist es auch in der Früh fast wolkenfrei und wir haben direkten Blick auf den Monte Cinto und die umliegende Gebirgslandschaft. Ich hatte ein Doppelzimmer mit Stockbett für mich, Heinz und Herta haben sich jenes mit Doppelbett geteilt. Auch das Frühstück wird wunschgemäß geliefert und wir genießen es, heute eine kürzere Etappe und somit ausreichend Zeit zu haben. Irgendwann brechen wir dann doch auf und verlassen diese tolle Unterkunft, die ganz klar eine Empfehlung für künftige Reisen ist. Unser Weg führt uns nach Calacuccia, doch leider gibt es den in der Karte eingezeichneten direkten Verbindungsweg nicht, sodass wir den Serpentinen der Straße folgen. In Calacuccia nutzen wir die Möglichkeit, einmal richtig einzukaufen und stocken unsere Vorräte auf, bevor wir noch ein zweites Frühstück in einem Straßenkaffee genießen. Somit beginnt unser heutiger Wandertag erst um 11:30 Uhr, mit dem Anstieg vom Lac Calacuccia auf dem Bocca D Arinella. Der Beginn ist etwas zäh, da wir in der größten Mittagshitze fast ohne Schatten die ersten Höhenmeter bergauf überwinden müssen. Noch dazu ist dieser Teil des Weges dank der noch immer vorhandenen Müllablagerungen, der Stromleitungen und der zu querenden, staubigen Industriestrassen der am wenigsten schöne Teil der ganzen Wanderung. Doch der Himmel hat ein Einsehen mit uns und schickt ein paar Wolken und ca. bei der Hälfte der Höhenmeter tauchen wir in den Wald ein. Hier ist der Weg abgesehen von zahlreichen Bein- und Schädelknochen von verendeten Tieren wesentlich schöner und so erreichen wir gegen 14:00 Uhr den Bocca L´Arinella von dem man einen schönen Blick auf den Monte Cinto hat, der sich aber wie zumeist in den letzten Tagen in Wolken hüllt. Wir packen alle unsere Einkäufe aus Calacuccia aus und teile brüderlich, sogar mein korsischer „Stinkekäse“ wird nach anfänglicher Skepsis restlos verputzt. Tugso schleicht sich inzwischen an zwei weiter entfernt stehende Esel an, um sie aus der Nähe zu fotografieren. Die Esel zeigen sich neugierig und gehen auf Tugso zu, was diese zur Flucht veranlaßt. Eine Mongolin, die Angst vor Pferden und Esel hat, gibt es wohl auch nicht allzu oft. Die Esel sind wohl auf Nahrungssuche und untersuchen Tugsos Rucksack uns stehen plötzlich mitten unter uns, lassen sich streicheln und natürlich auch füttern. Somit hat uns Tugsos Neugier ein tolles Tiererlebnis und das Highlight des heutigen Tages gebracht. Nachdem wir alle Lebensmittel verfüttert haben, geht es wieder weiter, bergab vorbei an einer Bergerie in deren Nähe wir auch Schafe und Ziegen sichten. Das erste Stück gehen wir noch über freie Wiesen, dann tauchen wir in den Wald ein, überqueren ein paar Bäche und stehen bald vor der Berghütte A Sega. Nach dem Check In nutzen Heinz & Herta noch den Sonnenschein für ein kurzes Bad im eiskalten Tavignano-Bach, der unmittelbar unterhalb der Hütte vorbeifließt. Der Versuch, gewaschene Wäsche zu trocknen, schlägt leider aufgrund der kurzen direkten Sonneneinstrahlung in diesem Tal fehl. Wir bekommen ein 8er-Zimmer im Keller der Hütte zugewiesen, das ziemlich kühl ist und die Betten sind hier standardmäßig leider ohne Decken ausgestattet. Das Abendessen ist schlicht (Thunfischsalat mit Gemüse aus der Dose und Nudeln mit Tomatensauce) aber reichlich. Aufgrund der Bahnhofsatmosphäre des Aufenthalts- und Essensraum verziehen wir uns jedoch bald in unser kühles Zimmer.

16.06.2018: A Sega – Corte – Calvi

Am heutigen Morgen sind die Fenster beschlagen und beim Verlassen unseres Raumes merkt man, wie stark sieben Personen unseren Schlafraum aufgeheizt haben. Zum Frühstück werden abgepackte und abgezählte Zwieback-Scheiben und Kekse gemeinsam mit kleinen Päckchen von Marmelade und Nutella gereicht. Wir brechen rasch auf, der Blick auf die alte, verfallene A Sega – Hütte aus Stein auf der anderen Seite des Tavignano-Flusses lässt unsere Unterkunft der letzten Nacht gleich in einem besseren Licht erscheinen. Im angenehmen Schatten des Waldes gehen wir immer auf der rechten Seite des sich immer tiefer einkerbenden Flusses. Hinter einer Kurve steht plötzlich eine Herde Kühe unmittelbar auf dem schmalen Weg. Da es sich um eine Familie mit Jungtieren handelt, wollen wir nicht mitten durchgehen sondern darauf warten, bis sie sich verzogen haben. Ein von hinten kommender Bergläufer ist nicht so geduldig. Er klatscht ein paar Mal in die Hände begleitet von ein paar Rufen und prompt trollt sich die Herde und verschwindet im Wald. Ein bisschen später erreichen wir einen markanten Felsen mit schönen Überblick über das Tal. Zuerst erklimme ich diesen noch alleine, doch nach und nach folgen alle und eine Reihe von unterschiedlichen Selfies und Panoramafotos entstehen. Auf diese kurze Pause folgt ca. eine halbe Stunde später eine lange, als der Weg zur Halbzeit der heutigen Strecke den Tavignano-Fluss auf einer Brücke quert. Wir zweigen jedoch vorher direkt zum Ufer ab und Heinz & Herta tauchen wieder als erste in die Fluten. Uyangaa und Tugso folgen begleitet von Geräuschen, die man von Frauen sonst nur bei der Geburt vernimmt. Ja, das Wasser ist wirklich kalt 😊. Während wir planschen passieren einige Leute die Brücke, die heute morgen aus Corte gestartet sind. Nach der Abkühlung setzen wir unseren letzten Wandertag fort, nun auf der anderen Seite des Tavignano-Flusses mit vielen spektakulären Aussichten auf den sich immer tiefer hineingrabenden Fluss. Immer mehr Leute kommen uns entgegen, vor allem sehr viele Bergläufer sind darunter. Heute ist Wochenende und wie ich später in einem Plakat in Corte lesen kann, üben wohl viele für die in zwei Wochen stattfindenden Bergläufe in Korsika. Wir verlieren langsam an Höhe und in der Mittagszeit ist es nun wieder richtig heiß und zwei Bäche, die wir beim bergabgehen queren, bieten willkommene Abkühlung. Diese Strecke bin ich in den letzten Jahren schon zweimal gegangen, allerdings immer in der anderen Richtung. In meiner Erinnerung hat man ewig lang beim Zurückblicken die Zitadelle von Corte gesehen, diese taucht diesesmal aber erst knapp vor Ende unserer Wanderung zwischen den beiden Flanken des Tavignanu-Tals auf. Knapp nach 14:00 Uhr erreichen wir Corte, das Ziel unserer Wanderung. Ein paar Meter am Asphalt bringen uns sofort in die belebte Innenstadt und wir setzen uns gleich ins erste Lokal, um den ersten Durst zu stillen. Während unserer Wanderwoche hat die Fussball-WM in Russland begonnen und im Fernsehen läuft gerade die Analyse der ersten Frankreich-Partie. Unser Zug von Corte nach Calvi fährt erst um 17:09 Uhr somit bleibt uns noch Zeit, ein nette Lokal mit Fussball-Live-Übertragung am Hauptplatz von Corte zu suchen, wo wir Burger, Salate und andere Köstlichkeiten verzehren, während sich Argentinien gegen Island müht, was besonders von Uyangaa aufmerksam verfolgt wird. Knapp vor Ende des Spiels müssen wir Richtung Bahnhof aufbrechen, damit wir noch in Ruhe unsere Tickets kaufen können. Der Zug mit moderner Garnitur kommt pünktlich, ist aber ziemlich voll, sodass wir teilweise auf den Stiegen sitzen müssen. Beim „Y“-Kreuzungspunkt der korsischen Eisenbahn wechseln wir auf den Zug nach Calvi, der nicht mehr ganz so überfüllt ist. Er windet sich zuerst über große Bögen und mit einigen Tunnels durch die korsische Berglandschaft, um dann zum Schluss immer sehr nahe an der Küste entlang zu fahren. Auch vom Zug aus hat man immer wieder Blick auf die höchsten korsischen Berge, auf denen nach wie vor einiges an Schnee liegt. Wir verlassen den Zug knapp vor der Endstation direkt am Strand von Calvi und müssen nur ein paar Schritte durch den Pinienwald gehen, um unsere letzte Unterkunft am Campingplatz „La Pinede“ zu erreichen. Für Heinz und Herta wartet wieder ein kleines Hüttchen für zwei Personen, für die anderen fünf eine 6-Personen-Campinghütte, was mir ein eigenes Zimmer mit Doppelbett für mich alleine verschafft. Es ist schon nach 20:00 Uhr, als wir uns hungrig auf den Weg zum Strand von Calvi machen, um ein nettes Restaurant für unser Abendessen zu finden. Dabei landet Uyangaa einen Volltreffer, als sie uns zum Lokal „Octopussy“ führt. Hier bekommen wir für EUR 28,– ein perfektes Dreigangmenu, wo bei jedem Gang aus drei Speisen gewählt werden kann, allesamt von bester Qualität und ausreichender Quantität. Ein perfekter Ausklang einer schönen Wanderwoche und ein großer Gegensatz zu mancher Verpflegung in den letzten Tagen 😊. Auf allgemeinen Wunsch entfällt die kurze Feedback-Runde, die ich sonst am letzten Abend immer einfordere, ich wünsche mir nur die besten Fotos der Tour von allen, damit ich dieses Tagebuch schmücken kann.

17.06.2018: Calvi – Wien

In der Früh packen wir unsere Sachen zusammen und hinterlegen sie bei der Rezeption, wo wir für 11:15 Uhr ein Taxi bestellt haben. Bis dahin gehen wir noch in die Stadt nach Calvi zum Bummeln und Souveniers kaufen. Ich kümmere mich um die Beschaffung von Mitbringsel für meine Familie im mittlerweile bewährten WhatsApp-Chat mit zu Hause, damit es keine Fehlkäufe werden. Wir kommen zwar rechtzeitig 1,5 Stunden vor Abflug zum Flughafen von Calvi, übersehen jedoch, dass vor dem Security Check-In eine lange Schlange steht. Bis 10 Minuten vor dem Abflug verbringen wir im Schneckentempo in der Schlange, bevor wir ausgerufen werden und im Laufschritt zum Flugzeug hetzen dürfen.

26.08.2017: Wien – Oslo – Finse

Schon seit einer Woche stand mein neuer wasserdichter Rucksack von Exped bereit und mit ihm fast alle Ausrüstungsgegenstände. Dank dichtem beruflichen Programm in den letzten Tagen wanderten die letzten Ausrüstungsgegenstände erst in letzter Minute hinein und zwei Kleidungsstücke kurzfristig wieder hinaus. Auch die Sonnenbrille durfte nicht mit. Wir verlassen knapp vor 08:00 das Haus und meine Familie bringt mich mit dem Auto zum Flughafen. Dabei nehmen wir auch Conny mit, die am Handelskai auf uns wartet. Conny ist das erste Mal bei einer längeren Reise dabei und ich hoffe, dass sie im Unterschied zu ihren bisherigen Erfahrungen diesmal auch ein gutes Gruppenerlebnis haben wird.

Am Flughafengate

Am Flughafen ist wieder einmal das Gepäck ein Problem. Die an Connies Rucksack angebundenen Stöcke sind gefährdet, verlorenzugehen und so wird aus Ihrem kleinen Rucksack mit Stöcken ein Plastikkokon, der beim Großgepäck eingecheckt wird. Der Mann beim Schalter sagt uns, dass man Wanderstöcke mittlerweile problemlos ins Handgepäck mitnehmen kann. Ich werde das vor meiner nächsten Reise genau checken, denn ich habe diesmal auf die Mitnahme von Stöcken hauptsächlich aufgrund der Transportproblematik verzichtet. Unser Flugzeug hebt pünktlich ab und die Reise vergeht wie „im Flug“, da Conny und ich uns angeregt unterhalten. Am Flughafen in Oslo kommen beide Rucksäcke vollständig am normalen Gepäcksförderband an, das ist für mich immer ein Grund zum Durchatmen, denn nun sollte mit dem Gepäck nichts mehr schiefgehen. Zwei Minuten vor Abfahrt des Flughafenbuses treffen wir bei der Station ein, doch zwei Leute vor uns baut der Busfahrer seinen mobilen Check-In ab und verweist uns auf den nächsten Bus, obwohl noch Plätze frei gewesen wären. Zum Glück haben wir keinen Zeitdruck und fahren mit dem nächsten Bus (30 Minuten später) nach Oslo. Das Wetter in Oslo ist bewölkt aber trocken mit Temperaturen um 17 Grad, welch wohltuende Abwechslung zum angesagten Hitzewochenende in Wien mit bis zu 35 Grad. Circa eine halbe Stunde nach Abfahrt erreichen wir plangemäß den Busterminal in Oslo an den ich von einer früheren Reise noch dunkle Erinnerungen habe. Ich packe mein Taschenmesser aus und wir befreien Connies Rucksack von seiner Plastikhülle. 5 Gehminuten vom Busterminal entfernt befindet sich der Bahnhof, von wo aus es mit dem Zug nach Finse weitergeht.

Toilette mit Bankomatkarte

Der Speisesaal von FinseAm Bahnhof testet Conny die WC´s, bei denen man die Gebühr von NOK 20 (ca. 2 EUR) mit Karte entrichten kann, während ich unsere deutschen Mitwanderer Reinhold und Evelyn anrufe, mit denen wir uns am Bahnhof verabredet hatten. Reinhold kenne ich von meiner Ausbildung zum Bergwanderführer und ich war 2013 mit ihm in Mallorca mit, nun gibt es sozusagen den „Gegenbesuch“. In der großen ehemaligen Bahnhofshalle, die nun mit allerlei Essensläden gefüllt ist, treffen wir uns und setzen uns noch kurz zu einem Kaffee zusammen, da noch etwas Zeit bis zur Abfahrt des Zuges ist. Für Evelyn ist Norwegen und das Wandern über eine Woche von Hütte zu Hütte mit größerem Rucksack ebenso wie für Conny eine Premiere, aber beide Damen machen einen fitten Eindruck. Mit ein bisschen zusätzlichem Reiseproviant steigen wir um 15:30 in unseren Zug Richtung Bergen, der uns in 4,5 Stunden nach Finse bringen soll.

Reinhold im Zug nach Bergen

Schon kurz nach der Abfahrt bleibt er stehen und eine Durchsage berichtet von technischen Problemen, doch dies ist nach 10 Minuten erledigt und es geht plangemäß weiter. Wir unterhalten uns gut untereinander und auch mit einem gegenübersitzenden Pärchen aus Holland, die ebenfalls mit Rucksack ausgestattet den Hardangerjokulen umrunden möchten. Überhaupt wird der Zug vorwiegend von Rucksacktouristen genutzt von denen wir vermutlich den Einen oder Anderen in den nächsten Tagen noch sehen werden. Der Zug startet in Oslo auf Meeresniveau und bringt uns auf 1.222 Meter Seehöhe zur Bergstation Finse.

Anfahrt mit dem Zug

Je näher wir unserem Ziel kommen, desto einsamer wird die Landschaft und desto weniger Wolken sind am Himmel. So erreichen wir um 20:00 Uhr den Ausgangspunkt unserer Tour bei fast wolkenlosen Himmel und einem tollen Blick auf den Hardangerjokulen und den Finsevatnet.

Wegweiser am Bahnhof Finse

Die „Finsehytta“ unsere Unterkunft für heute Nacht, die vom norwegischen Wanderverein DNT geführt wird, liegt wie eine Burg auf einer Halbinsel im Finsevatnet und ist nicht zu übersehen. Mit uns wandern ca. 10 weitere Zugreisende hinüber und checken in die bereits gut gefüllte Hütte ein. Ein Reservieren von Plätzen im Vornherein war leider nicht möglich und so werden uns dank unserer späten Ankunftszeit Matratzenplätze im Aufenthaltsraum zugewiesen.

Der Speisesaal von Finse

Das Abendessen ist ein unglaublich üppiges Buffet mit diversen Lachs, Wurst- und Käsesorten, allerlei warmen Gerichten und einer unglaublichen Auswahl an Nachspeisen (Tiramisu, Topfenkuchen, Cappucinoparfait,…). Die zahlreichen Gäste sitzen wie Sardinen nebeneinander, obwohl das Buffet in zwei Schichten (19:00 Uhr und 21:00 Uhr) serviert wird. Wir sind ein wenig überrascht und überrumpelt von der großen Anzahl von Gästen, da wir es uns doch einsamer vorgestellt hatten, aber das kann ja noch kommen. Eine norwegische Lehrerin plaudert noch ein wenig mit uns und wir können uns nur schwer losreissen in unser Matratzenlager, in welchen außer uns noch 6 andere Leute schlafen.

Der erste Schlafplatz

Aber es ist warm und gar nicht so laut abgesehen von den weintrinkenden und feiernden Gästen im Nachbarraum :-).

27.08.2017: Finse – Rembesdalseter

In der Nacht bin ich ein paar Mal kurz aufgewacht, aber erst als es um ca. 06:00 Uhr draußen ausreichend hell ist, stehe ich auf. Der Himmel ist nach wie vor wolkenlos und ich nutze die Ruhe für zwei Runden um das Haus zum Einfangen der tollen Morgenstimmung. Auch Reinhold erkundet ein wenig den Finsevatnet um sich die Zeit bis zum Frühstück zu vertreiben.

Der spiegelnde Finsevatnet

Conny hat dank des Schlafsackes, den ich für sie mitgenommen habe und transportiere, eine halbwegs warme Nacht gehabt. Nur Evelyn lag unmittelbar neben einem Durchsichtsfenster zum benachbarten Aufenthaltsraum und konnte aufgrund der langen Aktivitäten dort nicht besonders gut schlafen. Das Frühstücksbuffet setzt nahtlos dort an, wo das Abendbuffet aufgehört hat und es bietet eine letzte Möglichkeit sich mit einer Riesenauswahl den Bauch vollzuschlagen. Vor dem Aufbruch um ca. 08:45 Uhr kaufen Conny und ich noch ein Merino-Langarm-Shirt des DNT um NOK 499,– (ca. 55 EUR) und ich hole mir noch den DNT-Schlüssel für die unbewirtschafteten Hütten. Vor der Hütte erwischen wir noch einen anderen Gast für ein Startfoto und dann geht unsere Tour los.

Vor dem Aufbruch

Die ersten Kilometer gehen wir auf dem Rallarvegen, einem sehr populären Radweg, der sich insgesamt über 100km entlang der Bergenbahn den Berg hoch und runterschlängelt. Auch um die frühe Uhrzeit herrscht schon einiger Radverkehr und wir müssen öfter Platz machen. Nach ca. 3km verlassen wir den Radweg und überqueren einen alten Teil der Bahnstrecke und unsere Durchquerung der Hardangervidda beginnt.

Reinhold auf den alten Gleisen

Wir lassen die letzten Ferienhäuschen der Norweger hinter uns und überqueren den Zufluss zum Finsevatnet auf einer der typischen norwegischen Sommerbrücken.

Die erste Sommerbrücke

Nun geht es ein längeres Stück bergauf immer mit Blick zurück auf unsere gestrige Unterkunft. Reinhold bewundert immer wieder die Spuren der Gletscher, die man auf den Steinen erkennen kann, während wir langsam die Vegetationszone verlassen, und zum Schluss nur mehr zwischen Steinen und alten Schneefeldern unterwegs sind. Das Wetter ist nach wie vor perfekt und so bieten sich herrliche Blicke auf den Hardangerjokulen und seinen Ausläufern, die in diverse Gletscherseen kalben.

Steinmann

Nach einem längeren fast ebenen Stück erreichen wir den höchsten Punkt des heutigen Tages mit knapp 1.500m Höhe und einem fantastischen Ausblick. Ich überrede Conny zu ein paar Sprungfotos vor dem herrlichen norwegischen Gebirgspanorama. Trotz des Sonnenscheins kühlt man bei 10 Grad Temparatur und leichten Wind schnell ab und so wird der Rest der Gruppe schon ungeduldig, als meine Gipfelzigarette noch nicht ausgehen möchte.

Ausblick vom Rastplatz

Gerade als wir gehen wollen, holt uns ein Schweizer Pärchen ein, die gestern mit den Zug mit uns gefahren sind aber ca. doppelt so schwere Rucksäche tragen als wir, da sie mit dem Zelt unterwegs sind.

Vor dem Gletschersee

Wir setzen den Weg fort, der immer ein wenig bergab und wieder ein Stückchen bergauf geht und passieren Gletscherseen, Schneefelder, schroffe Felsen und einmal sogar ein Zelt, das am Wegesrand steht.

Wegweiser

Insgesamt treffen wir heute am Weg ca. 15 Wanderer, das sind auch noch immer mehr, als ich erwartet hätte. Als es langsam in Richtung Abstieg zum Rembesdalsvatnet geht, hören wir immer wieder ein leises Glockenläuten. Kurz darauf sehen wir auch die ersten Schafe, die überhaupt fast die ersten Tiere sind, die wir in der einsamen Wildnis entdecken. Der Weg zum heutigen Etappenziel führt uns zuerst über steil abfallende Steinplatten, und dann das letzte Stück über einen engen, sehr steilen Weg mit einigen starken Stufen, der am Ende des Tages nicht so leicht zu bewältigen ist.

Rembesdalseter-Hütten

Als wir nach ca. 6,5 Stunden Gesamtgehzeit die Hütten erreichen, unterhalten sich gerade drei deutsche Jugendliche mit einem älteren dänischen Herren, der sich später als Tore vorstellt. Die zwei Mädchen und der Bursch haben kurz Pause gemacht und setzen den Weg Richtung Kjeldebu fort, somit müssen wir uns die Hütte nur mit Tore und seinem Freund teilen.

Unser Hüttengenosse Tore

Die Hütten von Rembesdalseter sind unbewirtschaftete Hütten mit einem kleinen Shop. Die beiden Hütten sind jeweils mit einer Kücheneinrichtung (Arbeitsplatte, Kästchen, Gasherd, Geschirr, Besteck), einem Holzofen und mehreren Stockbetten eingerichtet. Im Shop kann man Nudeln, Reis, Haferflocken, Packerlsuppen und Dosen mit Fleisch, Fisch und Gemüse kaufen. Die Ausgaben muss man aufschreiben und gemeinsam mit der Bezahlvollmacht für die Hüttenübernachtungen in den Safe in der Hütte einwerfen. Beim Anfeuern des Ofens hilft Tore mit reichlich Spiritus nach, wobei er fast die Spiritusflasche selbst in Brand setzt. Dies sei die norwegische Art Feuer zu machen, erklärt er uns. Für das Abendessen entscheiden wir uns für Nudeln und versuchen, aus einer Tomatensuppe, einer Pizzasauce und Gemüse aus der Dose, sowie ein paar getrockneten Tomaten aus meinem Vorrat eine sinnvolle Sauce zu machen, was auch ganz gut klappt. Reinhold geht sich kurz nach dem Abendessen für 5 Minuten hinlegen und wacht erst am nächsten Tag in der Früh wieder auf. Wir restlichen drei plaudern noch mit Tore und bewundern, wie er noch Rotwein und Entrecote aus seinem Rucksack zaubert und gemeinsam mit seinem Freund verzehrt.

Unser Zimmer in Rembesdalseter

Im Laufe des Abends bekommen wir noch Besuch von einer holländischen Gruppe, die neben der Hütte zeltet (5 Zelte für 5 Personen) und einem deutsch/schweizer Pärchen, das beschließt, die Nacht in der zweiten Hütte zu verbringen. Um 22:30 endet dieser herrliche erste Wandertag auf der Hardangervidda.

28.08.2017: Rembesdalseter – Liseth

Wieder ca. um 06:00 Uhr wache ich auf, und nutze die Einsamkeit in der Früh, um das Frühstück vorzubereiten. Mit Haferflocken eingeweicht in warmer Milch (gemacht aus Wasser und Trockenmilch), ein paar Nüssen und Trockenfrüchten aus meinem Vorrat und ein wenig Zucker und Honig lässt sich ein gutes und nahrhaftes Porridge machen. Dazu gibt es je nach Geschmack Kaffee, Tee oder Kakao. Die heutige Etappe ist wie die gestrige auf der norwegischen Karte des DNT mit 7 Stunden Gehzeit angegeben. In meinem Conrad Stein Wanderführer ist jedoch von 10,5 Stunden die Rede ! Weder die Streckenlänge noch die Höhenmeter geben jedoch einen Hinweis darauf, warum wir heute so lange unterwegs sein sollten.

DNT Wegweiser

Trotzdem machen wir uns schon um 08:30 Uhr auf den Weg. Bis letztes Jahr führte dieser Weg noch um die Nord- und Westseite des Sees, doch bei einem Gletscherlauf 2016 wurde eine Sommerbrücke zerstört und nicht wieder aufgebaut. Also gehen wir ein kleines Stückchen des gestrigen Weges zurück, bevor wir in südlicher Richtung auf das Ende des Stausees Rembesdalsvatnet zusteuern.

Die Gletscherzunge des Hardangerjokulen

Der Weg ist einfach zu gehen und bietet immer wieder schöne Rückblicke auf die Zungen des Hardangerjokulen und unsere gestrigen Übernachtungshütten. Nach etwas über einer Stunde Gehzeit erreichen wir eine Staumauer.

Auf der Staumauer des Rembesdalsvatnet

Diese wurde gebaut, um die unterhalb im Simadalen lebenden Menschen vor den Gletscherläufen zu bewahren. Hinter der Staumauer geht es fast 1000m steil hinunter. Wir überqueren diese Mauer, um auf der anderen Seite sehr steil an der Ostflanke des Rembesdalvatnet aufzusteigen. Der Weg wurde erst vor kurzem errichtet, und ist stellenweise sehr sumpfig und an anderen Stellen sehr felsig, sodass der Aufstieg mit dem Gepäck am Rücken wirklich beschwerlich ist.

Steiler Anstieg durch das Gemüse

Dafür gewinnt man rasch an Höhe und schon bald geht es vergleichsweise flacher dahin. Als wir gerade ein wenig Rast machen, sehen wir, dass uns Tore und sein Freund schon dicht auf den Fersen sind. Kurz darauf schließen sie auf uns auf und wir gehen ein paar Meter gemeinsam, aber schon bald müssen wir sie ziehen lassen, denn für 69 Jahre legt Tore ein zügiges Gehtempo vor. Wir erreichen die Abbruchkante ins Simadalen und können tief in den Fjord hinein bis zum Meer blicken.

Tore fotografiert uns vor dem Abgrund

Als wir in Richtung des weiteren Weges schauen, sehen wir wettermäßig wenig Erfreuliches. Dort wo wir in 2-3 Stunden gehen werden, regnet es stark und diese Front zieht in unsere Richtung. Also beschließen wir unsere Mittagspause schon ein wenig früher beim Abstieg zum Skykkjedalsvatnet zu machen, und unsere Regensachen anzuziehen oder zumindest vorzubereiten. Knapp vor dem Wiederaufbruch nach der Pause schließt auch das deutsch/schweizerische Pärchen auf, welches gestern in der anderen Hütte übernachtet hatte.

Meeresfjord im Simadalen

Wir setzen unseren Weg steil bergab fort, als uns die ersten Regentropfen erreichen. Durch ein paar hellere Flecken am Himmel bleiben wir optimistisch, was das Wetter betrifft und ich lasse meine Regenhose vorerst eingepackt. In Anbetracht des sogleich folgenden steilen Anstieg über gut 250 Höhenmeter eine weise Entscheidung. Immer wieder müssen wir von Schlammpfützen aus startend Schwung nehmen, um den nächsten Schritt auf nassen, schrägen Felsplatten zu setzen, was für Kraft und Gleichgewicht durchaus eine Herausforderung ist.

Reinholds Lieblingslandschaft

Aber auch diesen zweiten steilen Anstieg das Tages meistern wir bravourös und der anschließend sanft ansteigende Weg mit einigen Sümpfen am Weg zum Pass zwischen Store Ishaug und Vesle Ishaug ist demgegenüber fast ein Spaziergang. Als wir die Passhöhe erreichen, sehen wir im nächsten Tal vor uns unser heutiges Etappenziel liegen – die Feriensiedlung Fossli mit dem Liseth Pensionat. Zur Aufmunterung leuchtet dieser Streifen des Tales in der Sonne auf, während wir noch die letzten Spritzer aus der dichten Wolkendecke ernten.

Ein schmaler Streifen Sonnenschein

Trotzdem machen wir eine weitere Pause mit Aussicht. In der Ferne im Süden ist sogar schon der markante Berg Harteigen zu sehen, den wir in drei Tagen erreichen werden. Ab nun geht es „nur“ noch knapp 600 Höhenmeter bergab, da wir alle aber schon einige Stunden Gehzeit hinter uns haben, zieht sich dieses Stückchen nach Liseth. Die Häuser werden nur langsam größer und wir passieren einige Bäche, Seen und Sümpfe mit entsprechender Vegetation, die Reinhold von seinem zukünftigen Gartenbiotop träumen lassen.

Die ersten Ferienhäuser von Fossli

In der letzten Stunde wird wenig gesprochen und wir sind alle froh, als wir die ersten Häuser von Fossli passieren und kurz darauf die gelben Häuser des Liseth Pensjonat erreichen. Hier konnte ich ein kleines Ferienhäuschen für 4 Personen reservieren, welches wir kurz darauf beziehen. Reinhold und ich lassen den Damen bei den warmen Duschen den Vortritt, während wir uns mit einem norwegischen Bier um 90 NOK aufwärmen.

Ankunft im Liseth Pensjonat

Danach wechseln wir ab und ich betrachte nach dem Duschen die Reibstellen, die sich auf den Innenseiten meiner Füsse unterhalb des Knöchels in meinen neuen Meindl-Lederschuhen gebildet haben. Reinhold empfiehlt mir, für die nächsten Tage ein Tape draufzukleben, was ich auch tun werde. Das Abendessen nehmen wir heute gemeinsam mit dem deutsch/schweizerischen Duo ein, welches auch heute das angenehme Ferienhäuschen dem mitgeschleppten Zelt vorzieht. Mit einem guten Abendessen (gebratenen Lachs oder Rentiergulasch) und interessanten Gesprächen im ansonsten leeren Speisesaal endet unser zweiter Wandertag.

29.08.2017: Liseth – Viveli

Nach den letzten beiden Tagen mit jeweils sieben Stunden Gehzeit sollte dieser dritte Tag mit 4,5 Stunden Gehzeiten laut Buch eigentlich ein Spaziergang werden. Daher beschließen wir, das letzte ausgiebige Frühstücksbuffet für die nächsten Tage auch zu genießen. Es gibt Lachs, Wurst, Käse, verschiedene Brötchen, Waffeln und vieles mehr und beim Plaudern mit dem deutsch/schweizerischen Pärchen vergeht die Zeit wie im Flug. Nach dem Reinigen des kleinen Häuschens brechen wir schließlich gegen 09:30 Uhr auf. Das Wetter sollte nach der letzten uns bekannten Vorhersage eigentlich eher schlecht sein, doch zumindest am Morgen zeigt sich gleich einmal die Sonne. Wir beginnen mit einigen Asphalt-Metern durch die Feriensiedlung Fossli, bevor es kurz durch ein Wäldchen hinunter geht zur Überquerung des Flusses Bjoreio.

Von der Brücke des Bjoreio

Anschließend geht es wieder bergauf auf sehr schwierigen Terrain. Der Weg führt über vom nächtlichen Regen nasse, schräge Felsplatten, die stellenweise von einer ganz dünnen Schlammschicht überzogen sind, sodass jeder Schritt vollste Konzentration erfordert.

Mühsamer Aufstieg über Felsplatten

Durch die Sonne und relativ warmen Temparaturen dampft es hier auch ziemlich und wir kommen mehr ins Schwitzen als die bisherigen Tage. Schließlich erreichen wir wieder die Baumgrenze und es öffnet sich ein breites Tal, dem wir nun für einige Zeit folgen. Hinter uns sind die kleinen Ferienhäuschen und die A7-Strasse noch sichtbar, vor uns stoßen wir auf ein kleines Haus, das wir aus der Ferne für einen Weinkeller halten.

Lichtspiele auf nasser Felsplatte

Unser Weg steigt kontinuierlich an, bevor wir nach ca. 2 Stunden Gehzeit auf ca. 1200m den höchsten Punkt des heutigen Tages erreichen. Dort machen wir möglichst windgeschützt unterhalb einer kleinen Böschung auch eine kurze Mittagspause.

Mittagspause im Windschatten

Anschließend geht es ein wenig bergab und wir passieren zwei Wanderer, die gerade ihr Zelt abbauen, was die einzige Begegnung des heutigen Tages darstellt. Immer öfter stoßen wir am Weg auf unüberwindbare Schlammlacken und weichen großräumig aus.

Am Weg ins Veigdalen

Schließlich erreichen wir den Fluss Berdölo, den wir schließlich auf einer schmalen Brücke überqueren. Ab nun geht es mit dem Gatsch erst richtig los. Fast jeder Schritt will wohl überlegt sein, will man nicht seinen kompletten Schuh im Schlamm versenken. Dadurch ist das Gehen auch um einiges mühsamer als gedacht, und es scheint so, als ob wir heute erstmals länger als auf der norwegischen Karte angegeben brauchen werden.

Planken durch den Sumpf

In der Ferne sehen wir einen Parkplatz mit ein paar Autos an dem ich mich dunkel erinnern kann. Als ich vor 20 Jahren die Hardangervidda von Süd nach Nord durchqueren wollte, habe ich diese mit meiner damaligen Lebensgefährtin aufgrund des schlechten Wetters verlassen. Insofern bin ich sehr dankbar, dass wir heute bereits den dritten Tag ohne nennenswerten Regen hinter uns bringen.

Moltebeeren begleiten unseren Weg

Nach einer Stunde in den Sümpfen geht es über einen kleinen Sattel, womit das Terrain wieder einfacher wird. Als wir den höchsten Punkt erreichen, sehen wir schon die Häuser bei Viveli, unserem heutigen Etappenziel. Das Conrad Stein Buch macht auf eine kleine Abkürzung aufmerksam, bei der man den Fluss Veig schon früher überquert und sich fast einen Kilometer Wegstrecke spart. Diesen Tipp nehmen wir dankbar an und erreichen bald darauf nach insgesamt 5 Stunden Gehzeit die Vivelid Fjellstue. Bei dieser Hütte konnte ich reservieren, obwohl sie eigentlich schon geschlossen hat. Wir treffen den Mann der Besitzerin an, der die Hütte winterfest macht und uns unsere Zimmer zuweist.

Schuhtrockner in Viveli

Die Duschen sind sehr neu und sogar mit Haarfön ausgestattet, es gibt einen eigenen Trockenraum mit speziellen Schuhtrocknern und unser Aufenthaltsraum ist mit einen Kamin und einigen alten Möbel sehr gemütlich. Conny nutzt den Haarfön gleich, um Ihre Körpertemparatur wieder auf ein verträgliches Maß zu bringen, sie hat wirklich großes Glück, dass sich das Wetter von der besten Seite zeigt, wenn sie schon bei diesen warmen Temparaturen friert :-).

Die Stube von Viveli

Auch einen kleinen Shop für unser Abendessen und unser Frühstück zeigt uns der Mann. Als Reinhold sich nach Wein erkundigt, hat er das Herz des Wirten erobert. Er geht mit ihm in die Speisekammer und zaubert neben dem Wein noch Wurst, Käse und Marmelade für das Frühstück hervor. Trotzdem bleibt die Auswahl für das Abendessen überschaubar und wir folgen der Empfehlung des Wirten und kaufen zwei Dosen mit Fleisch und Erbsen und kochen einen Reis dazu. Reinhold übernimmt das „Kochen“ und beschert uns den bisherigen kulinarischen Tiefpunkt der Reise. Das Fleisch sieht aus, wie aus einer Inzersdorfer Dose und die Erbsen werden aufgrund der Farbe für Kichererbsen gehalten. Zum Glück schmeckt das Essen nicht ganz so schlecht, wie es riecht, doch wir beschließen, künftig keine Dosen mehr zu kaufen. Das schlechte Essen tut der guten Stimmung keinen Abbruch, immerhin spendieren Reinhold und Evelyn ein Gläschen Wein. Wir amüsieren uns über einen einsamen Wanderer, der anklopft und trotz des Regens, der inzwischen eingesetzt hat, lieber beschließt, einen Zeltplatz zu suchen. Ein deutsches Pärchen kommt etwas später noch an und wir reden ein wenig mit Ihnen über Ihre bisherigen Wandererfahrungen in Norwegen.