Der Morgen beginnt mit einem Frühstücksbuffet, wo es neben Brot, Butter und Marmelade auch Nutella, Schinken, Speck und Orangensaft gibt. Zumindest theoretisch, wenn man bei dem Gedränge in der Früh zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ist. Gernot möchte sich heute unserer Gruppe anschließen und wird gerne „adoptiert“.
Wir starten wie üblich im Nebel mit wenig Sicht und ich leider mit ein wenig Kopfweh in den Tag. Vielleicht macht es sich doch bemerkbar, dass wir seit Tagen nur noch jenseits der 2000 Höhenmeter unterwegs sind. Nach einer halben Stunde Gehzeit geschieht dann das Unglaubliche. Der Nebel hebt sich und gibt Blick auf den Himmel frei, bei dem ein kleines Stück blau zu sehen ist, durch welches die Sonne scheint.
Die ersten Sonnenminuten am 4. Tag ! Nach dem Anstieg auf das Winterjöchl und die Grießl-Scharte genießen wir erstmal die Sonne zumal auf der anderen Seite der Scharte schon die Nebelwand darauf wartet, uns wieder zu verschlucken.
Auch die ersten Meter des längsten durchgehenden Abstieges (900 Meter hinunter) unserer Tour sehen nicht so einladend aus. Zahlreiche Seilversicherungen und ein nasser, rutschiger Untergrund lassen uns die ersten hundert Höhenmeter nur sehr langsam vorankommen.
Dieser Untergrund wird dann durch ein Geröllfeld abgelöst, um dann fließend in ein Stück sehr schlammigen und rutschigen Weg überzugehen – hier sind die Wanderstöcke besonders hilfreich, um Bodenkontakt zu vermeiden. Reinhard rutscht auch einmal kräftig aus, außer braunen Spuren auf der Kleidung bleibt er jedoch unbeschadet.
Beim Abstieg sehen wir viele Schafe und kurz darauf begegnen wir auch dem dazugehörigen ca. 70-jährigen Schäfer, der schnell mal ins Tal abgestiegen war, um Einkaufen zu fahren.
Als wir auf 1700m angekommen sind, müssen wir uns zwischen zwei Wegen entscheiden. Einer macht einen kleinen Bogen und führt noch einmal ca. 250Hm bergab, vor dem Anstieg zur Memminger Hütte. Der andere verzichtet auf diesen Umweg, seine Begehung wird jedoch nur geübten Wanderern empfohlen.
Eine kurze Abstimmung ergibt, dass wir uns für geübt genug halten, um auf den Umweg zu verzichten. Die schwierigsten Stellen sind eine Bachüberquerung und einige sehr schmale Wegstücke, bei denen ein falscher Schritt zu einem schmerzvollen Absturz führen würden.
Ansonsten ist dieser Weg zwar sehr schlammig und teilweise sehr steil aber nicht schwierig. Wieder einmal hat sich dichter Nebel eingeschlichen und es hat auch wieder leicht zu regnen begonnen. Am Bergaufweg zeigen sich wieder einige Gämsen. Die Memminger Hütte zeigt sich nach längerem Aufstieg auch, allerdings noch ca. 60 Höhenmeter über uns, was Elias nicht besonders freut. Kurz nachdem wir die Hütte erreicht haben, beginnt es noch stärker zu regnen, das Timing ist also auch heute wieder in Ordnung. Im Vergleich zu den letzten Tagen ist auf der Memminger Hütte der Bär los.
Grund ist der E5-Weitwanderweg von Oberstdorf nach Meran, der hier unseren West-Ost-Wanderweg kreuzt. Insgesamt 156 Personen finden sich an diesem Tag auf der Hütte ein, einige davon müssen mangels Schlafplätzen am Boden schlafen. Wir erhalten ein 9-Bett-Zimmer zugeteilt, das schlussendlich von 11 Personen genutzt wird. Reinhard entdeckt den Trockenraum mit zwei leistungsfähigen Heizstrahlern und ist davon so begeistert, dass er es uns allen weitererzählt. Ich nehme das zum Anlass in der Mitte der Tour mal meine Wäsche durchzuwaschen und im Trockenraum aufzuhängen. Die Hütte ist top organisiert und so werden die 150 Leute in knapp 2 Stunden á la carte abgefertigt. Als Besonderheit decken wir uns hier nicht mit den üblichen Alpenvereindecken zu, sondern benutzen unsere Hüttenschlafsäcke mit einer „normalen“ Bettwäsche, was mir eine sehr angenehme und kuschelige Nacht beschert.