Archiv der Kategorie: Lechtaler Höhenweg 2015

Wanderung in den Lechtaler Alpen von Lech bis Imst

15.08.2015: Wien – Langen/Arlberg – Lech – Stuttgarter Hütte

Der Anfang dieser Reise beginnt wie ein Jahr zuvor am Karnischen Höhenweg. Ich sitze ab 07:30 Uhr beim McDonalds im Westbahnhof, esse mein zweites Frühstück und warte auf Heinz und Elias, die kurz darauf kommen. Elias ist nicht nur ein Jahr älter, sondern auch gefühlte 10cm größer als vor einem Jahr. Das wird sicher auch positive Einflüsse auf seine Schrittlänge haben. Wir betreten 20 Minuten vor Abfahrt den Zug und können in einem Waggon mit zahlreichen freien Plätzen einen Viererplatz besetzen, der sich gut zum Kartenspielen eignet. Der Zug fährt pünktlich um 08:30 Uhr ab und kommt mit einigen Minuten Verspätung um 11:00 Uhr in Salzburg an, wo wir nur einmal über den Bahnsteig wechseln um den Anschluss Richtung Vorarlberg zu erwischen. In Imst sollten wir auf Elisabeth und Reinhard treffen. Ein Anruf ergibt jedoch, dass die beiden zwar auch seit St. Pölten im Zug sitzen, jedoch ca. 1,5 Stunden früher unterwegs waren. Als ich mit Reinhard telefoniere, steigen sie gerade in den Bus nach Lech. Um 14:30 kommen auch wir in Langen an.

20150815_143843
Ankunft am Bahnhof im Langen

Nach vielen Tagen von Sommerhitze bis zu 38 Grad in Wien müssen wir uns erst an das dortige Wetter (15 Grad, Nebel und starker Regen) gewöhnen. Elias vertreibt sich die Wartezeit auf den Bus mit einer Zigarette, ebenfalls eine Änderung zum Vorjahr. Der Bus kommt pünktlich und bringt uns über Stuben, wo gerade die Straße erneuert wird und einige spektakuläre Galerien über den Flexenpass nach Lech zum Rüfiplatz. Es regnet zwar nicht mehr, doch wir sehen, dass unsere heutige Wanderstrecke vom Rüfikopf weg in dichte Wolken gehüllt ist. Im Sommer fährt die Rüfikopfbahn nur alle halben Stunden mit der kleineren der beiden Gondeln, doch wir haben Glück und müssen kaum warten. Einige Minuten können wir noch die wolkenlose Aussicht zurück auf Lech genießen, bevor wir auf ca. 2000 m in die Wolken eintauchen.

Noch wolkenfreier Blick auf Lech
Noch wolkenfreier Blick auf Lech

Oben angekommen gilt es sich zu orientieren, was im dichten Nebel gar nicht so einfach ist. Unser heutiges Ziel, die Stuttgarter Hütte, liegt zwar nur zwei Stunden entfernt, ist jedoch auf den Wegweisern nicht angeschrieben. Im Unterschied zu einem Geotrail, der hier bei Sonnenschein sicher nett zu gehen ist.

Am Rüfikopf
Am Rüfikopf

Mit der Karte in der Hand finden wir trotzdem den richtigen Weg, als es nach einer halben Stunde Gehzeit immer stärker zu regnen beginnt und wir schon früher als gewünscht unsere volle Regenmontur anziehen müssen. Am Weg bergauf zur Rauerkopf-Scharte werden wir also von innen und außen schön nass, als wir uns den Weg durch die Bächlein suchen, die den Wanderweg hinabfließen. Oben auf der Scharte (die Grenze zwischen Vorarlberg und Tirol) angekommen machen wir eine kurze Pause.

Rauerkopfscharte - Grenze zwischen Vorarlberg und Tirol
Rauerkopfscharte – Grenze zwischen Vorarlberg und Tirol

Der Regen wird schwächer und auch der Nebel gibt ein paar Meter Sicht frei – bis zur Stuttgarter Hütte reicht es jedoch nicht. Nach einer weiteren halben Stunde Gehzeit trennen uns nur noch ein paar Kühe von der Stuttgarter Hütte, die es sich am Weg breit gemacht haben. Wir umrunden diese großzügig und treffen um ca. 17:30 Uhr auf der Hütte ein, wo Elisabeth und Reinhard bereits auf uns warten.

Die Stuttgarter Hütte
Die Stuttgarter Hütte

Die Hütte wird vom Deutschen Alpenverein – Sektion Stuttgart verwaltet, daher der Name. Dementsprechend gut organisiert ist die Hütte – bei der Ankunft erhält jeder eine Karte mit einer Nummer in die Hand gedrückt, auf der das Zimmer vermerkt ist und alle Konsumationen eingetragen werden. Wir beschliessen alles auf einer Karte zu sammeln und am Schluss eine Abrechnung zu machen. Von den Zimmern haben wir es gut erwischt – Elisabeth und Reinhard haben ein Zweit-Bett-Zimmer zugeteilt bekommen und wir ein Drei-Bett-Zimmer. Die Dusche funktioniert wie jene am Karnischen Höhenweg mit Münzeinwurf (3 EUR für 3 Minuten), da Einseifen nicht mitgerechnet wird, geht es mit einer Münze sich sogar für Heinz und mich aus 🙂

Aussichtsplattform bei der Stuttgarter Hütte
Aussichtsplattform bei der Stuttgarter Hütte

Beim Abendessen setzt sich noch Gernot zu uns, der mit Elisabeth und Reinhard einen gemeinsamen Bekannten hat und auch eine Woche in den Lechtaler Alpen verbringen möchte.

16.08.2015: Stuttgarter Hütte – Leutkirchner Hütte

Durch das ungewohnt frühe Schlafengehen (um 22:00 Uhr ist strenge Hüttenruhe) bin ich schon früher wach als die anderen. Nach einer erholsamen Nacht geht der Blick nach dem Aufstehen natürlich gleich aus dem Fenster. Leider ist nicht mehr als eine weiße Wand sichtbar, das Wetter scheint also unverändert. In der Nacht konnten wir auch immer wieder Regentropfen am Dach vernehmen. Ich gönne mir ein „großes“ Frühstück, welches neben ein paar Scheiben Schwarzbrot, Butter und Marmelade (kleines Frühstück) auch noch Wurst und Käse enthält.

Das richtige Wetter für einen Salamander
Das richtige Wetter für einen Salamander

Da der kürzeste Übergang zur Ulmer Hütte – die Trittscharte – gesperrt ist, und das Wetter nicht gerade zu Extratouren einlädt, beschließen wir, uns auf den direkten Weg zur Leutkirchner Hütte zu machen. Knapp vor 9:00 Uhr brechen wir in die Nebelsuppe auf, zuerst ein wenig aufwärts zum Erlijoch, anschließend geht es 500m bergab in Richtung der Erlach-Alm.

Wegweiser am Erlijoch
Wegweiser am Erlijoch

Beim Absteigen treffen wir wieder auf Gernot, der ein wenig früher aufgebrochen war und sehen zwei Steinböcke im Nebel, die sich durch unsere Anwesenheit jedoch nicht weiter stören lassen. Auch auf einem Kamm auf der anderen Seite des Almajurbaches lassen sich die Hörner von Steinböcken erkennen und auch eine Gruppe von Gämsen kann gesichtet werden, als der Nebel sich einmal kurzfristig hebt.

Abstieg zur Erlach-Alm
Abstieg zur Erlach-Alm

Der Weg ist zwar gatschig, aber sonst nicht schwierig und so erreichen wir nach ca. 2 Stunden Gehzeit die Erlach-Alm. Dort entdecken wir ein kleines Eis-Fähnchen, normalerweise ein untrügliches Zeichen für eine Bewirtschaftung. Und tatsächlich treffen wir auf einen ca. 30-jährigen Mann, der uns mit Getränken und Kuchen versorgt, obwohl ihm die gestrige Almfeier noch spürbar in den Knochen steckt. Damit kommen wir zu einer unerwarteten aber umso schöneren Mittagspause um 10:30 Uhr.

Idyllisches Tal im Nebel
Idyllisches Tal im Nebel

Der Regen, der uns immer wieder begleitet hat, hat aufgehört und so setzen wir den Weg ohne Regengewand fort. Der Weg überquert zuerst einen Bach und steigt dann ziemlich gleichmäßig an. Das erste Stück enthält einige sehr enge Wegpassagen, bei denen es zünftig in Richtung Tal hinuntergeht, wenn man mal danebensteigt.

Der "schwarze" Pfad zur Leutkirchner Hütte
Der „schwarze“ Pfad zur Leutkirchner Hütte

Dies erklärt auch die schwarze Kennzeichnung des Weges. Doch wir kommen gut über diese heiklen Passagen und nach weiteren zwei Stunden Gehzeit taucht plötzlich und unvermittelt die Leutkirchner Hütte aus dem Nebel auf. Gleichzeitig mit uns trifft auch eine Gruppe von Mountainbikern auf der Hütte ein. Der Hüttenwirt erklärt uns, dass diese Ihr Rad teilweise bis zu zwei Stunden tragen müssen, um diese Hütte zu erreichen !

Die Leutkirchner Hütte
Die Leutkirchner Hütte

Da wir schon um 13:00 Uhr in der Hütte eintreffen, genehmigen wir uns zuerst ein Mittagessen, um uns dann mit Kartenspielen (Jolly) und Plaudern mit dem Hüttenwirten die Zeit zu vertreiben. Als „Highlight“ des Nachmittages bläst ein bayrischer Wanderer mit Lederhosen das Kufsteinlied auf der Mundharmonika, lt. Reinhard mit deutschem Akzent :-). Gernot, den wir gestern abend getroffen haben, beschließt nach einer Stärkung noch heute zum ca. 2 Gehstunden entfernten Kaiserjochhaus weiterzugehen. Außer uns übernachten somit nur eine Gruppe ca. 10 älterer englischsprachiger Damen und Herren sowie 3 Deutsche auf der Hütte.

Den Kühen ist das Wetter egal
Den Kühen ist das Wetter egal

Eine Dame übergibt dem netten Hüttenwirt ein großes Sackerl voll mit Schwammerln, welches vermutlich am nächsten Tag im Essen landet – das nasse Wetter hat also auch etwas Gutes. Als Bergsteigeressen gibt es einen leckeren Linseneintopf mit Speck, Elisabeth hat mit der vegetarischen Variante etwas Pech, sie bekommt trockenen Reis mit ein paar Karotten und einem Spiegelei. Wie in der letzten Hütte bekommen wir wieder ein Dreibett und ein Zweibettzimmer zugeteilt.

17.08.2015: Leutkirchner Hütte – Kaiserjochhaus – Ansbacher Hütte

Nach einer angenehmen Nacht bringt der Blick aus dem Fenster wieder die Gewissheit, dass wir uns wohl auch heute  Panoramablicke abschminken können. Die Wolken liegen weiterhin schwer auf den Bergen und eine hohe Feuchtigkeit liegt in der Luft. Während es in unserem Zimmer wohlig warm war (Bohnenheizung ?), dürfte es in Elisabeth und Reinhards Zimmer gezogen haben und kalt gewesen sein, weswegen die Stimmung in der Früh noch ein wenig frostig ist. Das Frühstück mit warmen Tee und die ersten 150m bergauf bringen alle jedoch wieder auf Betriebstemperatur.

Vegatation auf 2200m
Vegatation auf 2200m

Nach dem Anstieg geht der Weg lange Zeit ohne große Niveauunterschiede an einer Bergflanke entlang. Beim Gehen scheuchen wir eine Herde von ca. 20 Gämsen auf, darunter auch einige noch recht junge, die es sich in der Nähe des Weges gemütlich gemacht hatte. Überhaupt ist der Weg mehr von Gämsenhufen ausgetreten als von Wanderschuhen. Apropos Wanderschuh – trotz bisher 2 Tagen nassen Wiesen, Wegen und Wasser von oben hält mein neuer Goretex-Surround-Schuh von La Sportiva noch trocken.

Die Gruppe vor dem Kaiserjoch
Die Gruppe vor dem Kaiserjoch

Nach der Überquerung des Kaiserjoches wird die Sicht noch schlechter, und wir hören in der Ferne ein Schaf, welches unentwegt „määäht“. Wenig später entdecken wir ein kleines, schwarzes Babyschaf (max. 2-3 Tage) und seine Mama, welche für den Lärm verantwortlich ist.

Schwarzes Schaf mit kleinem Baby
Schwarzes Schaf mit kleinem Baby

Nach einem kurzen Gipfel der noch zu überwinden ist, entdecken wir zwanzig Meter bevor wir dagegen stoßen das Kaiserjochhaus. Bei dem nassen Wetter ist eine trockene und warme Stube natürlich sehr willkommen und so stärken wir uns zwischen 10:00 und 11:00 Uhr für den noch folgenden längeren Nachmittag zur Ansbacher Hütte.

Mittagspause im Kaiserjochhaus
Mittagspause im Kaiserjochhaus

Als wir die Hütte verlassen, hat sich der Nebel ein wenig gehoben und wir sehen sogar bis ins Inntal hinunter. Weiter geht der Lechtaler Höhenweg zwischen Grießkopf und Malatschkopf hindurch.

Der Malatschkopf
Der Malatschkopf

Anschließend müssen wir einige versichterte Stellen überwinden, die wohl mit der Grund sind, warum dieser Weg schwarz gekennzeichnet ist. Nach ca. einer Stunde erreichen wir die Kridlonscharte, bei der uns von der anderen Seite gerade eine Familie mit zwei Kindern entgegengeklettert kommt. Hier könnte man bei guter Sicht den Hintersee sehen, den wir nur schemenhaft erahnen können.

Kridlonscharte mit Hintersee im Nebel
Kridlonscharte mit Hintersee im Nebel

Unspektakulär geht es auf der hinteren Flanke der Aperriesspitze eben dahin, bevor wir nach einer Weggabelung die nächsten 100m fast Diretissima bergauf gehen. Dann erreichen wir das Hinterseejoch, was wir zu einer längeren Rast mit Müsliriegel, Nüssen und Hauswürstel nutzen. Heute stehen die Wolken relativ beständig auf ca. 2.300m, sodass die Sicht ganz gut ist, solange wir unter dieser Höhe bleiben. Beim Abstieg Richtung Vordersee können wir sogar schon unser heutiges Tagesziel, die Ansbacher Hütte erkennen. Während fast alle über die gute Sicht erfreut sind, wirkt Elias ein wenig frustriert darüber, dass die Hütte noch so weit in der Ferne liegt. Den Zeichnungen am Ufer nach zu schließen hat der Vordersee dank der Hitzewelle der letzten Wochen nur einen Bruchteil seines üblichen Ausmasses. Wir passieren ihn und nähern uns dem Theodor-Haas-Weg, dem Schlüsselteil der heutigen Etappe. Hierbei werden die Felswände der Vorderseespitze gequert. Vor allem bei den zahlreich tief eingeschnittenen Bachläufen sind jedes Mal recht anspruchsvolle Passagen zu meistern, die zum Glück gut versichert sind.

Am Theodor-Haas-Weg
Am Theodor-Haas-Weg

Hierbei stellt sich heraus, dass Elisabeth und Heinz wahre „Bergziegen“ sind, die spielerisch von Stein zu Stein hüpfen während das Lächeln in ihren Gesichtern immer größer wird. Elias tut sich ein wenig schwerer, wird aber toll von seinem Papa Heinz unterstützt, sodass wir alle gut beim Alperschonjoch ankommen, von wo es noch eine Stunde zum Ziel ist.

Das Alperschonjoch
Das Alperschonjoch

Die direkte Variante über die Samspitze lassen wir aufgrund mangelnder Sicht aus und so umrunden wir diesen Berg über das Flarschjoch (Vorsicht bei Schüttelreimen !). Elias ist schon etwas müde und die Tatsache, dass am Weg zum Flarschjoch zuerst drei „optische Gipfel“ erreicht werden, bevor man tatsächlich oben ist, erleichtert die Motivation auch nicht. Aber dann geht es nur noch bergab und wir erreichen um 16:00 Uhr die Hütte.

Die Ansbacher Hütte
Die Ansbacher Hütte

Diese ist gut besucht und wir bekommen ein 5-Bett-Zimmer zugewiesen. Es wird Halbpension mit einem Kotelett als Hauptgericht und einem Frühstücksbuffet angeboten, eine Option die die meisten von uns gerne annehmen. Wir treffen auch auf Gernot, der heute früh vom Kaiserjochhaus aufgebrochen ist, für den weiteren Weg zur nächsten Hütte jedoch nicht genügend Motivation hatte. Gute Motivation braucht man auch für die Dusche, da hier durchgehend eine Schlange von bis zu 5 Personen darauf wartet, die Anstrengungen des Tages abwaschen zu können. Elias wartet so lange auf eine gute Gelegenheit, dass er schlussendlich die Duschmünze auf die nächsten Tagesetappen mitnimmt. Knapp vor Einbruch der Dunkelheit trifft noch eine 12-Personengruppe mit Bergführer aus Oberstdorf ein. Dieser hat seine Gruppe seit 07:30 Uhr in der Früh von der letzten Hütte bis hierher „geschleppt“, dafür ist er wahrhaft nicht zu beneiden. Die späten Gäste haben jedoch den Vorteil, dass sie den Gesang versäumen, den eine deutsche Gruppe während und nach dem Abendessen anstimmt und dabei auch von einer Ziehharmonika begleitet wird. Kommentar des Hüttenwirtes dazu: „Da seht Ihr, was wir immer aushalten müssen“ 🙂

18.08.2015: Ansbacher Hütte – Memminger Hütte

Der Morgen beginnt mit einem Frühstücksbuffet, wo es neben Brot, Butter und Marmelade auch Nutella, Schinken, Speck und Orangensaft gibt. Zumindest theoretisch, wenn man bei dem Gedränge in der Früh zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ist. Gernot möchte sich heute unserer Gruppe anschließen und wird gerne „adoptiert“.

Aufbruch im Nebel
Aufbruch im Nebel

Wir starten wie üblich im Nebel mit wenig Sicht und ich leider mit ein wenig Kopfweh in den Tag. Vielleicht macht es sich doch bemerkbar, dass wir seit Tagen nur noch jenseits der 2000 Höhenmeter unterwegs sind. Nach einer halben Stunde Gehzeit geschieht dann das Unglaubliche. Der Nebel hebt sich und gibt Blick auf den Himmel frei, bei dem ein kleines Stück blau zu sehen ist, durch welches die Sonne scheint.

Am Winterjöchl
Am Winterjöchl

Die ersten Sonnenminuten am 4. Tag ! Nach dem Anstieg auf das Winterjöchl und die Grießl-Scharte genießen wir erstmal die Sonne zumal auf der anderen Seite der Scharte schon die Nebelwand darauf wartet, uns wieder zu verschlucken.

Wolkenstau an der Grießl-Scharte
Wolkenstau an der Grießl-Scharte

Auch die ersten Meter des längsten durchgehenden Abstieges (900 Meter hinunter) unserer Tour sehen nicht so einladend aus. Zahlreiche Seilversicherungen und ein nasser, rutschiger Untergrund lassen uns die ersten hundert Höhenmeter nur sehr langsam vorankommen.

Abstieg von der Grießlscharte
Abstieg von der Grießlscharte

Dieser Untergrund wird dann durch ein Geröllfeld abgelöst, um dann fließend in ein Stück sehr schlammigen und rutschigen Weg überzugehen – hier sind die Wanderstöcke besonders hilfreich, um Bodenkontakt zu vermeiden. Reinhard rutscht auch einmal kräftig aus, außer braunen Spuren auf der Kleidung bleibt er jedoch unbeschadet.

Mittagsrast
Mittagsrast

Beim Abstieg sehen wir viele Schafe und kurz darauf begegnen wir auch dem dazugehörigen ca. 70-jährigen Schäfer, der schnell mal ins Tal abgestiegen war, um Einkaufen zu fahren.

Fast schon Fernsicht
Fast schon Fernsicht

Als wir auf 1700m angekommen sind, müssen wir uns zwischen zwei Wegen entscheiden. Einer macht einen kleinen Bogen und führt noch einmal ca. 250Hm bergab, vor dem Anstieg zur Memminger Hütte. Der andere verzichtet auf diesen Umweg, seine Begehung wird jedoch nur geübten Wanderern empfohlen.

Wegweiser
Wegweiser

Eine kurze Abstimmung ergibt, dass wir uns für geübt genug halten, um auf den Umweg zu verzichten. Die schwierigsten Stellen sind eine Bachüberquerung und einige sehr schmale Wegstücke, bei denen ein falscher Schritt zu einem schmerzvollen Absturz führen würden.

Der Weg für Geübte zur Memminger Hütte
Der Weg für Geübte zur Memminger Hütte

Ansonsten ist dieser Weg zwar sehr schlammig und teilweise sehr steil aber nicht schwierig. Wieder einmal hat sich dichter Nebel eingeschlichen und es hat auch wieder leicht zu regnen begonnen. Am Bergaufweg zeigen sich wieder einige Gämsen. Die Memminger Hütte zeigt sich nach längerem Aufstieg auch, allerdings noch ca. 60 Höhenmeter über uns, was Elias nicht besonders freut. Kurz nachdem wir die Hütte erreicht haben, beginnt es noch stärker zu regnen, das Timing ist also auch heute wieder in Ordnung. Im Vergleich zu den letzten Tagen ist auf der Memminger Hütte der Bär los.

Memmingerhütte mit "Partyzelt"
Memmingerhütte mit „Partyzelt“

Grund ist der E5-Weitwanderweg von Oberstdorf nach Meran, der hier unseren West-Ost-Wanderweg kreuzt. Insgesamt 156 Personen finden sich an diesem Tag auf der Hütte ein, einige davon müssen mangels Schlafplätzen am Boden schlafen. Wir erhalten ein 9-Bett-Zimmer zugeteilt, das schlussendlich von 11 Personen genutzt wird. Reinhard entdeckt den Trockenraum mit zwei leistungsfähigen Heizstrahlern und ist davon so begeistert, dass er es uns allen weitererzählt. Ich nehme das zum Anlass in der Mitte der Tour mal meine Wäsche durchzuwaschen und im Trockenraum aufzuhängen. Die Hütte ist top organisiert und so werden die 150 Leute in knapp 2 Stunden á la carte abgefertigt. Als Besonderheit decken wir uns hier nicht mit den üblichen Alpenvereindecken zu, sondern benutzen unsere Hüttenschlafsäcke mit einer „normalen“ Bettwäsche, was mir eine sehr angenehme und kuschelige Nacht beschert.

19.08.2015: Memminger Hütte – Württemberg Haus

Memminger Hütte irgendwann im August Punkt 06:00 Uhr in der Früh – Fast alle der 150 Übernachtungsgäste stehen gleichzeitig auf und packen unter möglichst lautem Rascheln (Gernot meint sogar, dass man zu diesem Zwecke extra laute Spezialplastiksackerln erwerben muss) ein. Kurz darauf Megastau im Bad und im Frühstücksraum, spätestens um 07:00 Uhr verlassen auch die letzten E5-Autobahn-Wanderer das Haus und wir können unser Frühstücksbuffet ganz in Ruhe verzehren. Der von Reinhard so gepriesene Trockenraum war wohl mit ca. 600 Kleidungsstücken doch überfordert, sodass ich gewandmäßig auf die Notvarianten umsteigen muss. Mein Wandergewand ist noch fast genauso nass  wie gestern nach dem Waschen !

Knapp 4°C zeigt das Thermometer
Knapp 4°C zeigt das Thermometer

Wir starten gemütlich um 08:30 mit unserer heutigen Wanderetappe, das Wetter ist mit Nebel und Regen so wie in den letzten Tagen, daher ist keine Eile angebracht.

Die Seescharte
Die Seescharte

Trotzdem erreichen wir mit regelmässigen, langsamen Schritten die Seescharte noch vor einigen der E5-Wanderer. Dort können wir auf der anderen Seite noch einen letzten Blick auf die Wanderkarawane erhaschen, bevor unser Weg zum Württemberger Haus nach links abzweigt. Wir queren wieder einmal ein riesiges Schotterkar und passieren einen Steinbock, der sich ruhig und geschickt Diretissima bergauf bewegt. Unser Weg erreicht nun einen Kamm, dies können wir aufgrund der bescheidenen Sicht jedoch nur erahnen.

Gute Stimmung trotz schlechtem Wetter
Gute Stimmung trotz schlechtem Wetter

Es geht auf felsigen und oft seilversicherten Stellen am Kamm entlang immer langsam ein Stückchen höher. Über eine Stelle komme ich fast nicht drüber, da ich mich mit den Stöcken in einer Hand beinahe selbst blockiere. Nach ca. 2,5 Stunden Gehzeit erreichen wir das „Dach der Tour“, die Großbergspitze, mit 2.657 Metern der höchste Punkt dieser Woche.

Gipfelsieg auf der Großbergspitze
Gipfelsieg auf der Großbergspitze

Wetterbedingt gibt es leider keine Aussicht und nur eine minimale Pause mit ein paar Fotos und Müsliriegel. Danach geht es resch bergab und wir schaffen es bald wieder, die Wolkenschicht über uns zu lassen. Die Sicht ist sogar so gut, dass ich im schwachen Nebel schon von weiten das Württemberger Haus ausmachen kann. Meine Mitwanderer erklären mich für unzurechnungsfähig, da sie nichts entdecken können, wenig später müssen sie jedoch zugeben, dass ich keine Hirngespinste gehabt habe. Unser Weg führt direkt an einer Gruppe von ca. 15 Steinböcken vorbei, die keinerlei Anstalten machen, vor uns auffällig in diverse grelle Farben gehüllte Gruppe davonzulaufen.

Der Rudel Steinböcke läßt sich nicht stören
Der Rudel Steinböcke läßt sich nicht stören

So können wir einige tolle Tierfotos mit auf das Württemberger Haus nehmen, welches wir nach insgesamt 4 Stunden Gehzeit knapp vor 13:00 Uhr erreichen. Der dortige Trockenraum heißt nur so, weil er vor Regen geschützt ist, aber auch hier ist keine Aussicht auf Trocknung der nassen Kleidung. Dafür ist die Dusche anders als bisher im Outdoor-Style und bei den aktuellen Temperaturen von 4 Grad kein wirklicher Wanderermagnet.

Die Warnung
Die Warnung
Tatsächlich nicht für Warmduscher
Tatsächlich nicht für Warmduscher

Die Gaststube des Hauses ist extrem gemütlich und das Essen (z.B. Maultaschensuppe oder Knödel-Mix) hervorragend, sodass es uns leicht fällt, den Nachmittag in dieser Hütte mit Kartenspielen, Plaudern und Essen zu gestalten und auf eine Besserung des Wetters zu hoffen.

Die gemütliche Innenstube
Die gemütliche Innenstube

Wir werden in ein Matratzenlager mit 20 Schlafplätzen einquartiert, welches zum Schlafen zwar ausreichend Platz bietet, ansonsten aber relativ eng und vor allem auch ziemlich kühl ist. Zum Abendessen gönnt sich unser Tisch fast durchgängig den Schweinsbraten, dessen Duft uns schon zu Mittag empfangen hat, nur ich falle mit dem Bergsteigeressen, einer Gulaschsuppe mit Polentatalern ein wenig aus der Reihe. Reinhard versucht uns nach dem Abendessen noch Bauernschnapsen beizubringen, die komplexen Algorithmen dieses Spiels wollen jedoch nicht in alle Köpfe hinein.

Das Württemberg Haus
Das Württemberg Haus

Die Nacht verläuft dank Reinhards direkter Nachbarschaft etwas unruhig und erstmalig mache ich auch von beiden AV-Decken Gebrauch, da es in dem Matratzenlager etwas kühler ist.

20.08.2015: Württemberg Haus – Steinseehütte – Hanauer Hütte

Wie üblich stehen wir um ca. 06:30 Uhr auf und sitzen ca. um 07:00 Uhr beim Frühstück. Im Unterschied zu gestern überwiegen in dieser Hütte die Langschläfer, sodass manche Gäste in unserem Lager sogar noch schlafen, als wir mit dem einfachen Frühstück fertig sind. Wie erwartet ist meine Wäsche nach wie vor klatschnass. So ziehe ich bei gleichmäßig schlechtem Wetter die Regenhose direkt auf nackter Haut an, was gar nicht so unangenehm ist, wie ich dachte. Elisabeth und Reinhard haben beschlossen, dass Sie morgen vormittag ins Tal absteigen werden, damit sie am Samstag und Sonntag zu Hause noch einige Dinge erledigen können, Gernot wird uns heute auch noch begleiten und ebenfalls absteigen – er plant noch die Besteigung anderer Berge am Samstag und Sonntag. Die ersten Meter nach der Hütte starten traditionell bergauf, was bei den kühlen Temparaturen auch ganz praktisch ist, da man rasch Betriebstemperatur erreicht.

Die erste Scharte des Tages ist überwunden
Die erste Scharte des Tages ist überwunden

Nach einer halben Stunde leichten bergauf gehen im Nebel treffen wir auf dem Gebäudjoch auf die Gruppe älterer Wanderer, die uns schon seit einigen Tagen auf den Hütten immer wieder begegnet. Einer von Ihnen hat auf dem letzten Stück massive Probleme aufgrund der Bodenbeschaffenheit und Ausgesetzheit dieses Stücks. Während diese Passage für uns mit wenigen raschen Schritten überwunden ist, quält er sich unter Unterstützung seines Freundes ganz langsam Schritt für Schritt aufwärts – wie es scheint nicht aus Kraftmangel sondern unter Überwindung großer Angst. Es ist eine gute Entscheidung dieser Gruppe die Etappe bis zur Steinseehütte mittels Abstieg ins Tal und Wiederaufstieg zu überwinden.

Gespenstische Felslandschaft
Gespenstische Felslandschaft

Denn ca. 1 Gehstunde nach dieser Scharte treffen wir auf das Rosskopfschartl, wo sich vor uns ein Gebirgskamm aufbaut, bei dem es kaum vorstellbar ist, dass man diesen ohne Kletterausrüstung überwinden kann.

Dass Rosskopfschartl von unten
Dass Rosskopfschartl von unten

Eine Ration Müsliriegel und Trockenfrüchte später nehmen wir diese Schlüsselstelle in Angriff, und schrauben uns in engen Serpentinen hoch- Elias wird mit jeden Tag fitter und hat die Führung übernommen, erst knapp vor Beginn der Versicherungen kann ich ihn einholen. Die Stöcke packen wir alle ein, bevor wir uns an einem 30m langen Seil mit Verdickungen im 70cm Abstand Schritt für Schritt über ein steiles Schotterfeld hochziehen. Eine Gämse stolziert ca. 50m über uns ohne Sicherung über die Felsen und betrachtet, wie wir uns langsam aber stetig eine versicherte Stelle nach der anderen nach oben arbeiten, und schließlich das Rosskopfschartl erreichen.

Das Rosskopfschartl von oben
Das Rosskopfschartl von oben

Der Nebel hat sich im Laufe des Vormittags gehoben und wir haben sogar trockenes Wetter mit passabler Aussicht. So können wir den weiteren Weg gut erkennen, der quer über eine Bergflanke zur nächsten (harmlosen) Scharte führt, bevor es abwärts zur Steinseehütte geht. Eigentlich wäre diese Hütte auch unser heutiges Etappenziel. Da wir diese ca. um 12:30 Uhr erreichen werden, und das nächste Ziel, die Hanauer Hütte, nur ca. 2,5 Stunden Gehzeit entfernt ist, überlege ich, gleich heute zur Hanauer Hütte weiterzugehen. Am Abstieg zur Steinseehütte begegnen wir einer kleine Herde von freilaufenden Haflinger-Pferden, was vor allem bei unseren Tierfreunden Elisabeth, Reinhard und Gernot große Freude auslöst.

Gernot und sein Wegbegleiter
Gernot und sein Wegbegleiter

Die Steinseehütte ist schon gut zu sehen und wir erreichen diese tatsächlich knapp nach Mittag. Nach kurzer Abstimmung in der Gruppe und Rückfrage bei der Hanauer Hütte beschließen wir noch heute weiterzugehen und stärken uns dazu noch ausgiebig. Die Steinseehütte ist übrigens die erste Hütte auf unserem Weg, die vom Österreichischen Alpenverein geführt wird und ist der Ausgangspunkt zu vielen Klettertouren, was für gut 80% der Auslastung sorgt. Leider verfällt unsere Anzahlung von EUR 10,– / Person für die Übernachtung, diese kann auch nicht auf unser Mittagessen angerechnet werden. Aber egal, es wäre ja verrückt an dem Tag mit dem bisher stabilsten Wetter die kürzeste Wanderung zu unternehmen. So geht es weiter zur nächsten Hütte und uns bleibt bei der Routenwahl die Möglichkeit die Driemelspitze entweder östlich oder westlich zu umrunden und die gleichnamige Scharte zu queren. Wir entscheiden uns für die westliche Variante, die 30 Minuten kürzer sein soll. Dabei lassen wir den Steinsee links liegen und steigen steil bergauf, das letzte Stück wie inzwischen gewohnt über zahlreiche versicherte Stellen.

Vordere Dremelscharte mit Steinsee im Hintergrund
Vordere Dremelscharte mit Steinsee im Hintergrund

Als wir die Vordere Dremelscharte erreichen, erhalten wir schon Blick auf die Hanauerhütte, welche mit eindrucksvoller Größe über dem Tal Richtung Boden thront.

Knapp vor der Hanauer Hütte
Knapp vor der Hanauer Hütte

Der Abstieg dauert zwar noch knapp länger als eine Stunde jedoch hat sich die Verlängerung der heutigen Etappe auf jeden Fall gelohnt. Die Hütte ist sehr komfortabel, wird sie doch per Materialseilbahn beliefert und bietet sogar zwei warme Duschen und für uns ein Matratzenlager mit insgesamt 11 Plätzen.

Die geräumige Hanauerhütte
Die geräumige Hanauerhütte

Bei unserem letzten Abendessen in großer Runde bestellen wir uns neben dem normalen Abendessen noch mehrere Kaiserschmarren, um die zusätzlich verbrauchten Kalorien gleich wieder nachzutanken. Nach einem Jolly-Spiel in großer Runde verabschieden wir uns schon heute von Elisabeth, Reinhard und Gernot, die morgen bereits um 06:30 ohne voriges Frühstück das Haus verlassen wollen.

21.08.2015: Hanauer Hütte – Muttekopfhütte

Knapp vor 06:00 Uhr morgens wird es etwas lauter in unserem Zimmer, da unsere drei Mitwanderer eifrig ihre Sachen packen, um den morgendlichen Bus in Boden zu erwischen. Der Himmel zeigt seit 6 Tagen erstmals Morgenrot in der Früh und es scheint wettermäßig ein schöner Tag zu werden. Schade, dass uns die drei gerade heute verlassen, wo das Wetter schöner wird. Ich verabschiede mich noch von den dreien, und schaue Ihnen noch die ersten Meter ihres Weges nach, während Heinz und Elias noch gemütlich weiterschlafen. Mein Zeug ist nach dem dritten Trockenraum endlich halbwegs trocken, den Rest soll die heute hoffentlich scheinende Sonne besorgen.

Wie schön eine Morgenrot doch sein kann
Wie schön eine Morgenrot doch sein kann

Beim Aufstehen und Packen finden wir noch Reinhards Kindle, was mir für die letzten 3 Tage noch 300g mehr Gepäck einbringt :-). Wir stärken uns noch beim ausgiebigen Frühstücksbuffet und treten den mit knapp 7 Stunden beschriebenen Weg zur Muttekopfhütte an, bei der ich gestern abend noch drei Plätze für uns reservieren konnte. Wir starten mit einem Anstieg über gut 500 Höhenmeter, bei dem wir durchgehend den Blick zurück auf die Hanauer Hütte haben.

Blick zurück auf die Hanauer Hütte
Blick zurück auf die Hanauer Hütte

Die Sonne steigt nur langsam über das Galtseitjoch an, das wir nach fast zwei Stunde Gehzeit erreichen. Vor uns liegt erstmals das wunderschöne Panorama der Lechtaler Alpen, welches uns die letzten 6 Tage verwehrt geblieben ist. Direkt uns gegenüber thront der Muttekopf und auch wenn man es aus dieser Perspektive nicht glauben kann, irgendwo in den steilen Kübelwänden muss sich unser Weg dorthin befinden.

Da irgendwo gehts rauf zur Muttekopfscharte
Da irgendwo gehts rauf zur Muttekopfscharte

Zuerst queren wir jedoch einen felsigen Hang, bevor wir wieder ein wenig absteigen und saftige, grüne Wiesen und Almen erreichen. Dank des schönen Wetters machen wir eine ausführliche Pause, verkleinern unsere Essensvorräte und lassen unser Gewand in der Sonne trocknen. Herrlich, einfach in der warmen Sonne zu rasten und die Gegend zu genießen!

Mittagspause im Sonnenschein
Mittagspause im Sonnenschein

Wir setzen den Weg fort und ein entgegenkommender Wanderer warnt uns, dass der Weg durch die Kübelwände recht schwer zu finden sei. Mit dem Finden haben wir zwar keine Probleme, aber auch hier sind jede Menge schwieriger Passagen, bei denen es sich bewährt, schwindelfrei zu sein.

Anspruchsvolle Stelle in den Kübelwänden
Anspruchsvolle Stelle in den Kübelwänden

Außer uns hat sich heute kaum jemand auf den Weg zur Muttekopfhütte gemacht, einzig ein Hamburger, den wir erstmalig auf der Ansbacher Hütte gesehen haben, verfolgt uns und holt uns schließlich kurz vor der Muttekopfscharte ein. Auf der Scharte angekommen, machen wir eine längere Pause und die erste Gipfelzigarette dieser Woche kann bei Sonnenschein geraucht werden. Heinz experimentiert ein wenig mit der Panoramafunktion seiner Kamera.

Panoramafoto auf der Muttekopfscharte
Panoramafoto auf der Muttekopfscharte

Den ca. 1-stündigen Abzweiger zum Muttekopf sparen wir uns, schließlich sind wir schon fast fünf Stunden unterwegs und lt. Schild warten noch zwei Stunden Abstieg auf uns. Dieser Abstieg beginnt wieder recht knackig und die Stöcke sind am Rucksack befestigt, damit die Hände frei zum Klettern bleiben. Nach einer halben Stunde bekommt der Weg wieder eher Almwiesencharakter und nach knapp über einer Stunde taucht plötzlich nach einer Kurve schon die Muttekopfhütte vor uns auf. 20150821_150524 Elias ist richtiggehend enttäuscht, dass der heutige Wandertag schon vorüber ist, wer hätte das zu Beginn der Woche gedacht. Auf der Sonnenterrasse gönnen wir uns kühle Getränke und Apfelstrudel und plaudern ein wenig mit dem Hamburger Wanderer, den wir beim bergab gehen wieder eingeholt haben.

Jause mit Hamburger Wegbegleiter
Jause mit Hamburger Wegbegleiter

Die Muttekopfhütte ist wie die Steinseehütte bei Kletterern sehr beliebt. Diese treffen erst nach und nach ein, und füllen die Hütte bis zum Abend. Wir bekommen einen Platz in einem recht ungewöhnlichen Zimmer. Es handelt sich eigentlich um ein Kellerzimmer, das von außen begehbar ist. Man geht zuerst beim gut duftenden Käsekühlschrank vorbei, um dann in einer Mischung aus Vortragsraum und Küche mit intergrierten 10-Bett-Matratzenlager zu landen. Wir sind trotzdem sehr zufrieden, schließlich bietet der Raum jede Menge Platz für Gepäck. Am Abend genehmigt sich Heinz das 4-gängige Halbpensionsmenu und wir plaudern mit dem Hamburger und einem weiteren Deutschen, der am nächsten Tag den Imster Klettersteig testen möchte. Der Hamburger erzählt von einem Wanderführer, den er nach dem Weg gefragt hat und als Antwort bekommen hat, dass er keine Auskunft geben darf – diese Bergwanderführerregel ist mir bis jetzt noch komplett entgangen :-). Erst um 22:30 Uhr gehen wir in unser Nachtquartier, in dem schon Nachtruhe herrscht.

22.08.2015: Muttekopfhütte – Anhalter Hütte

Nach sehr ruhiger Nacht wache ich auf, als unsere Zimmergenossen gerade mit dem Einpacken fertig sind.

Morgenstimmung über Imst
Morgenstimmung über Imst

Sie wollen offensichtlich das heutige schöne Wetter ausgiebig zum Klettern ausnutzen. Das Frühstücksbuffet ist das bisher reichhaltigste, mit Speck, Schinken und verschiedenen Sorten Brot, Müslivariationen, Topfencreme mit Ribiselgelee und Orangensaft, sodaß wir uns gut auf unsere heutige letzte volle Tagesetappe vorbereiten können.

Das Frühstücksbuffet ist ein Foto wert
Das Frühstücksbuffet ist ein Foto wert

Elias ist sogar so motiviert, dass er vorschlägt, den ca. 30 Gehminuten entfernten Aussichtspunkt Richtung Inntal aufzusuchen. Dieser Vorschlag wird von uns natürlich gerne angenommen und so gehen wir ohne Gepäck den Drischlsteig und genießen auf der Aussichtsplattform die schöne Aussicht und machen Fotos.

Aussichtsplattform beim Drischlsteig
Aussichtsplattform beim Drischlsteig

Anschließend geht es wieder mit Rucksäcken auf unseren heutigen Weg zunächst über eine Grasflanke hinauf in das Tal, welches der Scharnitzbach gegraben hat. Von dort aus kann man gut einige der Klettersteige sehen, die der Grund für den guten Besuch der Muttekopfhütte sind. Obwohl der Weg nun gleichmäßig angenehm aufsteigend Richtung Scharnitzsattel geht, ist es aufgrund der hohen Temperaturen und der direkten Sonneneinstrahlung doch anstrengender als in den letzten Tage. Die letzten Höhenmeter geht es zwar steiler, aber immer in gut zu gehenden Serpentinen bergauf. Dort treffen wir ein deutsches Pärchen beim Kartenstudium. Sie suchen verzweifelt einen direkten Weg über den Felsgrat zum Muttekopf. Dieser Weg ist aber weder in unseren Karten eingezeichnet noch irgendwie erkennbar. Abgesehen davon würde ich mir mit den leichten Turnschuhen des Mädchens nicht einmal die „normalen“ Wege zutrauen.

Der Wanderführer am Scharnitzsattel
Der Wanderführer am Scharnitzsattel

Oben angekommen poste ich mein erstes Foto der Reise auf Facebook mit dem Steinmännchen, meinem Rucksack und einem schönen Bergpanorama im Hintergrund.

Am Scharnitzsattel
Am Scharnitzsattel

Der Bergabweg auf der anderen Seite Richtung Hahntennjoch hat es dann in sich. Zuerst kommen noch ein paar gut versicherte Felsstellen, doch dann folgen teilweise unzureichend gesicherte steile Schotterfelder, bei denen es unmöglich ist, nicht zahlreiche Steine auf den Weg ins Tal zu schicken. Ausgerechnet hier kommen uns noch zwei Pärchen entgegen und wir müssen sie zuerst passieren lassen, um sie nicht mit Steinschlag zu gefährden. Dieses Stück ist das erste wo der übliche Spruch „den Weg hätte ich nicht in umgekehrte Richtung gehen wollen“ auf keinen Fall angewendet werden kann. Schließlich überwinden wir auch das und ein Blick retour offenbart wieder eine Felswand, bei der man sich den Durchstieg von unten so gar nicht vorstellen kann.

Mittagspause im trockenen Moos
Mittagspause im trockenen Moos

Sobald wir die Felsenlandschaft verlassen haben, lassen wir uns ins trockene Moos sinken und legen eine gemütliche Mittagspause mit kurzem Nickerchen von Heinz ein. Vom nahen Hahntennjoch sind bereits einige Motorräder zu vernehmen. Elias dauert unsere Pause zu lange und so macht er sich bereits einige Minuten vor Heinz und mir auf den Weg. Es sind nur noch wenige Meter und einige Serpentinen durch niedrigen Latschenwald bevor wir das Hahntennjoch erreichen. Dies stellt mit seinen dutzenden brummenden Motorradfahrer, einem großen Parkplatz mit vielen Autos und einer Imbissbude beinahe einen kleinen Zivilsationsschock nach 8 Tagen Ruhe in den Bergen dar.

Das Hahntennjoch
Das Hahntennjoch

Deswegen setzen wir gleich auf der gegenüberliegenden Seite den Anstieg zur Anhalterhütte fort. Elias können wir nur mehr hie und da in großer Entfernung ausmachen. Der Weg ist stark frequentiert, der Ausflug zur Anhalterhütte und retour vom Hahntennjoch aus ist sehr beliebt. Beim Anstieg überhole ich auch einen Wanderer mit geschätzten 150kg, der sich Schritt für Schritt schweißgebadet vorankämpft. Obwohl das Steinjöchle mit 2.198Hm verglichen mit den Scharten der letzten Tage nicht sonderlich spektakulär ist, wurde doch ein Gipfelkreuz angebracht.

Gruppenfoto beim Steinjöchle
Gruppenfoto beim Steinjöchle

Vermutlich um den Tagestouristen auch einen Gipfelsieg mit Foto zu bescheren. Elias wartet dort auf uns und so geht es gemeinsam die letzte halbe Stunden bergab auf die Anhalter Hütte, die sich außen und innen Ihr Aussehen aus der Gründerzeit bewahrt hat.

Die Anhalterhütte
Die Anhalterhütte

Sehr resch ist auch die Wirtin, die beim Einquartieren sehr ungehalten ist, weil ich die für Elisabeth und Reinhard reservierten Plätze im Laufe der Woche nicht storniert habe – Asche auf mein Haupt. Auch andere Wanderer werden ebenso „freundlich“ begrüßt, wie wir den Gesprächen im Gastgarten der Hütte entnehmen können. Während wir am Nachmittag wieder einmal Jolly spielen, wird es plötzlich laut, denn ein Hubschrauber taucht auf und landet unmittelbar neben der Hütte, sodass wir unsere Karten gut festhalten müssen. Nach wenigen Minuten hebt er wieder ab, um kurz darauf wiederzukommen und ein kleines Fohlen in einem Netz aufzunehmen um es ins Tal zu transportieren. Kaum ist der Hubschrauber über dem Kamm verschwunden, kommt er ohne Pferd wieder retour, um ein drittes Mal zu landen. Keine Ahnung warum er dreimal landen musste, aber Heinz konnte zumindest ausreichend Fotos machen.

Helikopter im Einsatz
Helikopter im Einsatz

Wir beziehen unser Quartier im zweiten Stock (ohne Aufzug !) ein kleines Matratzenlager mit 7 Plätzen mit einem Vorhang vom Gang getrennt. Eine warme Dusche ist auf dieser Hütte nicht vorhanden und so verbringen wir den restlichen Tag in der der dunklen aber recht gemütlichen Gaststube.

Sonnenuntergang bei der Anhalter Hütte
Sonnenuntergang bei der Anhalter Hütte

Es gibt 4 bis 5 Wahlmöglichkeiten für das Abendessen, die Liste wird im Laufe des Abends immer kürzer. Ich probiere ein Gamsgulasch und irgendwann knapp vor Einbruch der Dunkelheit trifft auch der 150kg-Mann auf der Hütte ein.

23.08.2015: Anhalter Hütte – Hahntennjoch – Imst – Wien

In der Früh gibt es die Minimalversion des Frühstücks (abgezählte Brotscheiben mit einem Stück Butter und Marmelade), bevor wir uns auf den bekannten Weg retour zum Hahntennjoch machen. Beim Anstieg zum Steinjöchle zieht kurz eine Regenwolke durch, dies dauert jedoch nicht länger als 10 Minuten.

Regenbogen nach kurzem Regen in der Früh
Regenbogen nach kurzem Regen in der Früh

Da der Bus erst um 11:30 von Hahntennjoch wegfährt, beschließen Heinz und ich noch einen Abstecher auf den (f)Alscher Kogel zu machen. Dieser Berg ist bei meinem Nachnamen ja quasi Pflicht.

Ein Eintrag in "meinem" Gipfelbuch
Ein Eintrag in „meinem“ Gipfelbuch

Elias schlendert inzwischen gemütlich weiter zum Hahntennjoch während wir in ca. 20 Minuten die 200 Höhenmeter erklimmen, das Gepäck lassen wir am Fuße des Kogels liegen. Am Schluss ist der Weg ein wenig ausgesetzt, nach dieser Woche sind wir jedoch ausreichend geübt, um ca. um 09:30 Uhr den Gipfel zu erreichen, und ein letztes Mal das wunderbare Gipfelpanorama der Lechtaler Alpen zu genießen.

Panorama vom Falscher Kogel
Panorama vom Falscher Kogel

Genauso schnell wie bergauf geht es auch bergab, und so sind wir ca. um 10:30 Uhr am Hahntennjoch, wo wir beobachten können, wie der Imbissstand gerade ankommt und seine Labestation für Motorradfahrer eröffnet.

Das Symbol des Adlerweges
Das Symbol des Adlerweges

Zum Warten auf den Bus ist dieser Hotspot bei Motorrad- und Autotouristen kein besonders schöner Fleck. Bei der Abfahrt mit dem Bus auf der kurvenreichen Strecke nach Imst kann man aber erahnen, warum diese Straße bei den motorisierten Urlaubern so beliebt ist. In Imst gelandet bleiben uns noch zwei Stunden um durch die Innenstadt zu pilgern, wo gerade italienische Wochen sind, und uns eine Pizza und ein Eis zu gönnen.

Abschlusspizza in Imst
Abschlusspizza in Imst

Mit dem Bus geht es zum Bahnhof von Imst, der etwas außerhalb der Stadt liegt und dort steigen wir in einen ziemlich vollen Zug, der in Innsbruck und Salzburg noch voller wird, sodass Heinz und einige andere Reisende den Boden zum Sitzen verwenden müssen. Um 20:30 Uhr kommen wir dann wohlbehalten nach einer sehr schönen 9-tägigen Wandertour durch die Lechtaler Alpen am Westbahnhof an.