Am heutigen Morgen sind die Fenster beschlagen und beim Verlassen unseres Raumes merkt man, wie stark sieben Personen unseren Schlafraum aufgeheizt haben. Zum Frühstück werden abgepackte und abgezählte Zwieback-Scheiben und Kekse gemeinsam mit kleinen Päckchen von Marmelade und Nutella gereicht. Wir brechen rasch auf, der Blick auf die alte, verfallene A Sega – Hütte aus Stein auf der anderen Seite des Tavignano-Flusses lässt unsere Unterkunft der letzten Nacht gleich in einem besseren Licht erscheinen. Im angenehmen Schatten des Waldes gehen wir immer auf der rechten Seite des sich immer tiefer einkerbenden Flusses. Hinter einer Kurve steht plötzlich eine Herde Kühe unmittelbar auf dem schmalen Weg. Da es sich um eine Familie mit Jungtieren handelt, wollen wir nicht mitten durchgehen sondern darauf warten, bis sie sich verzogen haben. Ein von hinten kommender Bergläufer ist nicht so geduldig. Er klatscht ein paar Mal in die Hände begleitet von ein paar Rufen und prompt trollt sich die Herde und verschwindet im Wald. Ein bisschen später erreichen wir einen markanten Felsen mit schönen Überblick über das Tal. Zuerst erklimme ich diesen noch alleine, doch nach und nach folgen alle und eine Reihe von unterschiedlichen Selfies und Panoramafotos entstehen. Auf diese kurze Pause folgt ca. eine halbe Stunde später eine lange, als der Weg zur Halbzeit der heutigen Strecke den Tavignano-Fluss auf einer Brücke quert. Wir zweigen jedoch vorher direkt zum Ufer ab und Heinz & Herta tauchen wieder als erste in die Fluten. Uyangaa und Tugso folgen begleitet von Geräuschen, die man von Frauen sonst nur bei der Geburt vernimmt. Ja, das Wasser ist wirklich kalt 😊. Während wir planschen passieren einige Leute die Brücke, die heute morgen aus Corte gestartet sind. Nach der Abkühlung setzen wir unseren letzten Wandertag fort, nun auf der anderen Seite des Tavignano-Flusses mit vielen spektakulären Aussichten auf den sich immer tiefer hineingrabenden Fluss. Immer mehr Leute kommen uns entgegen, vor allem sehr viele Bergläufer sind darunter. Heute ist Wochenende und wie ich später in einem Plakat in Corte lesen kann, üben wohl viele für die in zwei Wochen stattfindenden Bergläufe in Korsika. Wir verlieren langsam an Höhe und in der Mittagszeit ist es nun wieder richtig heiß und zwei Bäche, die wir beim bergabgehen queren, bieten willkommene Abkühlung. Diese Strecke bin ich in den letzten Jahren schon zweimal gegangen, allerdings immer in der anderen Richtung. In meiner Erinnerung hat man ewig lang beim Zurückblicken die Zitadelle von Corte gesehen, diese taucht diesesmal aber erst knapp vor Ende unserer Wanderung zwischen den beiden Flanken des Tavignanu-Tals auf. Knapp nach 14:00 Uhr erreichen wir Corte, das Ziel unserer Wanderung. Ein paar Meter am Asphalt bringen uns sofort in die belebte Innenstadt und wir setzen uns gleich ins erste Lokal, um den ersten Durst zu stillen. Während unserer Wanderwoche hat die Fussball-WM in Russland begonnen und im Fernsehen läuft gerade die Analyse der ersten Frankreich-Partie. Unser Zug von Corte nach Calvi fährt erst um 17:09 Uhr somit bleibt uns noch Zeit, ein nette Lokal mit Fussball-Live-Übertragung am Hauptplatz von Corte zu suchen, wo wir Burger, Salate und andere Köstlichkeiten verzehren, während sich Argentinien gegen Island müht, was besonders von Uyangaa aufmerksam verfolgt wird. Knapp vor Ende des Spiels müssen wir Richtung Bahnhof aufbrechen, damit wir noch in Ruhe unsere Tickets kaufen können. Der Zug mit moderner Garnitur kommt pünktlich, ist aber ziemlich voll, sodass wir teilweise auf den Stiegen sitzen müssen. Beim „Y“-Kreuzungspunkt der korsischen Eisenbahn wechseln wir auf den Zug nach Calvi, der nicht mehr ganz so überfüllt ist. Er windet sich zuerst über große Bögen und mit einigen Tunnels durch die korsische Berglandschaft, um dann zum Schluss immer sehr nahe an der Küste entlang zu fahren. Auch vom Zug aus hat man immer wieder Blick auf die höchsten korsischen Berge, auf denen nach wie vor einiges an Schnee liegt. Wir verlassen den Zug knapp vor der Endstation direkt am Strand von Calvi und müssen nur ein paar Schritte durch den Pinienwald gehen, um unsere letzte Unterkunft am Campingplatz „La Pinede“ zu erreichen. Für Heinz und Herta wartet wieder ein kleines Hüttchen für zwei Personen, für die anderen fünf eine 6-Personen-Campinghütte, was mir ein eigenes Zimmer mit Doppelbett für mich alleine verschafft. Es ist schon nach 20:00 Uhr, als wir uns hungrig auf den Weg zum Strand von Calvi machen, um ein nettes Restaurant für unser Abendessen zu finden. Dabei landet Uyangaa einen Volltreffer, als sie uns zum Lokal „Octopussy“ führt. Hier bekommen wir für EUR 28,– ein perfektes Dreigangmenu, wo bei jedem Gang aus drei Speisen gewählt werden kann, allesamt von bester Qualität und ausreichender Quantität. Ein perfekter Ausklang einer schönen Wanderwoche und ein großer Gegensatz zu mancher Verpflegung in den letzten Tagen 😊. Auf allgemeinen Wunsch entfällt die kurze Feedback-Runde, die ich sonst am letzten Abend immer einfordere, ich wünsche mir nur die besten Fotos der Tour von allen, damit ich dieses Tagebuch schmücken kann.