Nach zwei “Aufwärmtagen” steht uns heute schon eine ordentliche Etappe mit 1.500Hm bergauf bevor. In der Früh bin ich wieder unter den ersten Aufstehern und sehe noch große Teile des Himmels blau, mit Fortschreiten des Tages sollte sich das noch ändern. Hier wird das Frühstück (kleines Buffet mit den üblichen Dingen, dazu Müsli, Kuchen und Orangensaft) bereits ab 07:30 Uhr serviert. Trotzdem starten wir nach Erhalt unserer sehr großen Baguettes wieder um 08:30 in unsere heutige Tour. Den ersten Teil geht es immer weiter hinein ins Tal des Figarella, die ersten Minuten noch auf einer Fahrstraße, dann auf einem schönen Wanderweg. Wieder ist es recht schwül und wir freuen uns über die kleinen zu querenden Zuflüsse zum Figarella, die sich aber leicht mit von Stein zu Stein hüpfen passieren lassen. Nach 1,5 Stunden das erste Highlight der heutigen Tour – wir wechseln die Flussseite über eine Fussgängerhängebrücke über den Figarella-Fluss. Uyangaa findet das Schwingen der Brücke so lustig, dass Sie auf der Brücke anfängt zu springen und juchzen. Zum Glück geht sie als Letzte der Gruppe darüber, sodass die anderen nicht befürchten müssen, den Fluss ohne Brücke zu furten 😊. Danach geht es etwas weg vom Fluss relativ steil bergauf durch den Wald bevor wir um 11:00 Uhr als Erstes den Hubschrauberlanderplatz des Refuge Carozzu sehen. Es ist eines der Refuge´s auf denen die Wanderer am GR20 übernachten. Nachdem das vielleicht auch noch auf meinem Plan steht, sehe ich es mir genauer an. Hinter dem Refuge mit einem Speiseraum und einem Schlafsaal mit ca. 30 einfachst ausgestatteten Liegeplätzen sind Leihzelte aufgebaut. Diese kleinen grünen 2-Mann-Zelte von Quechua stehen auf Holzpaletten und werden mit Unterlagsmatten verliehen. Die Leihgebühr beträgt 11 EUR pro Zelt, hinzu kommt die Übernachtungsgebühr von EUR 7 pro Person. Das Refuge verfügt über WCs mit einem speziellen Recycling-System und einfachen Duschen. Wir nutzen die Sonnenterasse mit guter Aussicht Richtung Calvi für eine ausgiebige Pause, bevor wir knapp vor Mittag zu einer GR20-Etappe von Carozzu nach Haut Asco aufbrechen. Der GR20 gestaltet sich vom Weg her gleich deutlich anspruchsvoller als die bisherigen Wanderwege und startet nach wenigen Minuten mit der Hängebrücke über den Spasimata-Bach. Diese ca. 40m lange Brücke schwingt noch etwas mehr als die heute vormittag passierte und zählt zu einem der Highlights des GR20. Nach ausgiebiger fotografischer Dokumentation setzen wir unseren nun rot-weiss markierten Weg fort, der uns von Fels zu Fels führt. Die Frequenz an Wanderern ist hier deutlich höher als bisher, so kommen uns nun zur Rush Hour ca. alle 5 Minuten Wanderer entgegen, die wohl bei unserem heutigen Etappenziel genächtigt haben. Aufgrund der ständigen „Kletterei“ kommen wir nicht richtig schnell voran, während die Bergspitzen nach und nach von Wolken verhüllt werden und die letzten blauen Flecken am Himmel sich schließen. Unser Ziel für die Mittagspause ist der Lac Du Muvrella, da wir dort nur noch knapp 150Hm vor uns haben und somit den anstrengendsten Teil der Etappe überstanden. Bei einigen meiner Mitwanderer merkt man schon ein wenig die Müdigkeit bzw. den Hunger, bevor wir die kleine Ebene des Lac de Muvrella erreichen. Unglücklicherweise beginnt es just jetzt dauerhafter zu regnen und so fällt die geplante, längere Pause mit Badeoption buchstäblich ins Wasser. Wir befinden uns mittlerweile auch mitten in den Wolken und ich aktiviere mein GPS und weise meine Gruppe an, knapp hintereinander zu bleiben. Nach einigen Schritten erreichen wir ein Schneefeld, das sämtliche Markierungen zudeckt, dank der ausgetretenen Wege aber leichter zu begehen ist, als das Blockwerk davor. Bei weiterhin schlechten Wetterbedingungen erreichen wir den Bocca Muvrella. Von hier geht es kurz ein wenig bergab und hinüber zum Bocca di Stagnu. Der Weg ist bei nassem Wetter, Nebel und Wind allerdings nicht ganz ohne, gleich ganz zu Beginn ist eine schräge Felsplatte ohne Haltemöglichkeiten mit ein paar Schritten zu queren, was uns vollste Konzentration und gegenseitige Unterstützung abverlangt. Nur einige Meter unterhalb des Bocca die Stagnu ist es fast windstill, also legen wir hier die verspätete Mittagspause ein, da es mittlerweile auch wieder aufgehört hat, zu regnen. Von hier aus könnte man auf die Muvrella aufsteigen, ein Abstecher, der heute allerdings wenig reizvoll erscheint. Für uns geht es stattdessen steil bergab über Fels und Stein. Vor allem Tugso tut sich mit Ihren Schuhen schwer, auf den nassen Steinen nicht abzurutschen. Plötzlich lichtet sich der Nebel und gespenstisch tauchen die Unterkünfte von Haut Asco unter uns auf. Sie scheinen recht nah, doch 600Hm dauern nun einmal gut 1,5 Stunden, bevor sie bewältigt sind. Das letzte Stück stehen einige beeindruckende riesige alte Bäume auf dem kargen Boden und fast wie über Stufen geht es über die teils freistehenden Wurzeln. Gegen 17:00 Uhr erreichen wir Haut Asco, eine (verglichen mit den Alpen) Mini-Skistation, die im Sommer ebenso ein wenig Trostlosigkeit versprüht, wie heimische Schi-Orte. Für Heinz&Herta habe ich ein Doppelzimmer im Hotel reserviert, die „Holzklasse“ liegt diesmal einen Stock tiefer in einem sehr einfachen und kleinen Zimmer mit drei Stockbetten. Negatives Highlight des Tages ist das Abendessen, wo wir über eine Stunde auf die Gemüsesuppe warten. Eine weitere Stunde warten wir auf die Hauptspeise, ein bisschen Couscous mit ein paar Lammknochenresten drauf, über die sich nur Uyangaa wirklich freut.