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20.02.2013 Castell Alaro – Alaro – Refugi Tossal Verds

Heute ist der letzte volle Wandertag auf Mallorca und so schleicht sich bei dem einen oder anderen schon ein wenig Wehmut ein. Aufgrund der frischen Temperaturen bin ich am Weg vom Quartier zum Speiseraum mit Pullover und Jacke gekleidet. Nach dem Frühstück und einem letzten Blick über die wunderbare Aussicht geht es steil bergab. Circa eine halbe Stunde schlängelt sich der Weg in Serpentinen die steile Wand hinunter bis man auf die Strasse stößt, die zum gestrigen Restaurant führt.

Die Sonne strahlt vom Himmel und so machen wir eine kleine Pause, um unsere Pullover und Jacken im Rucksack zu verstauen. Dabei fehlt mir meine beige-schwarze Softshell Jacke. Beim Nachdenken fällt mir ein, daß ich sie im Frühstücksraum vergessen haben muss, ein kurzes Telefonat von Reinhold bestätigt diesen Verdacht. Also verstaue ich meinen Rucksack im Gebüsch und mache mich auf den Weg zurück zum Nachtquartier, während die anderen den Weg nach Alaro fortsetzen, wo wir uns zum Mittagessen wieder treffen wollen. Ich gehe zügig mit Unterstützung meiner Stöcke die ca. 350 Höhenmeter wieder hinauf, schnappe mir meine Jacke und laufe bzw. springe die Strecke wieder hinunter. Nach ungefähr 50 Minuten bin ich stark verschwitzt, aber froh, meine Jacke wieder zu haben, zurück am Ausgangspunkt auf der Serpentinenstrasse Richtung Alaro. Ich nehme mein Gepäck wieder auf, und setze zügigen Schrittes die „normale“ Wanderung nach Alaro fort.

Als ich in dem kleinen Städtchen am hübschen Hauptplatz eintreffe, sitzen meine fünf Wanderfreunde schon gemütlich im Schanigarten und trinken Ihr Bier. Sie sind 10 Minuten vor mir angekommen, das zeigt, daß ich sehr rasch unterwegs war und mir so unfreiwillig eine gute zusätzliche Trainingseinheit geholt habe. Nach dem heftigen Mittag- und Abendessen gestern, beschließe ich heute zu Mittag „nur“ ein Eis zu essen, das aber mit 3 Riesenkugeln ausreichend Kalorien bietet. Beate schließt sich mir an, während die anderen 4 versuchen, eine Suppe für zwei Personen zu verdrücken.

Wir verlassen das Städtchen Alaro und gelangen nach einem kurzen Stück auf der Straße bei dem mir die ersten Mandelbäume Mallorcas auffallen auf einen leicht ansteigenden sehr breiten Wanderweg. Dieser führt auf der Rückseite des Castell Alaros zwischen den beiden markanten Bergen Puig d´Alaro und Puig de s´Alcadena wieder zurück zu dem Gut, welches wir am Vortag durchquert haben. Von unten können wir gut jene Stelle erkennen, von der wir noch wenige Stunden zuvor ins Tal geblickt haben. Der Rest des Weges ist identisch mit dem ersten Teil der gestrigen Etappe und so zerstreut sich das Feld, da uns unser Guide zutraut, auch alleine zurück zur Hütte Tossal Verds zu finden 🙂 Beate, Sabine, Xaver und ich nutzen die Freiheit zu einer ausgiebigen Pause in der Sonne, solange diese noch nicht hinter dem Berg verschwunden ist. Unseren letzten gemeinsamen Abend verbringen wir abermals in dem tollen Kaminzimmer der Tossal Verds Hütte, trinken gemeinsam ein Gläschen Wein und ich nippe sogar kurz an dem Anis-Kräuterschnaps, den Reinhold für alle bestellt hat, was ich aber umgehend bereue. Auch ohne dem Päckchen Gras, welches Reinhold irgendwo zwischen Deia und Soller zugesteckt bekommen hat, haben wir abermals einen lustigen Abend, der nur manchmal davon getrübt ist, dass es der letzte ist.

21.02.2013 Refugi Tossal Verds – Lloseta – Palma

Am Morgen unseres letzten Tages ist vor der Hütte der Bär los. 5-6 Bergwacht-Mitarbeiter kommen mit zwei Autos zur Hütte und bereiten sich für einen Einsatz vor – vielleicht wird ja weiter am GR221 gearbeitet. Vor der Hütte haben sich auch 10 Esel aufgestellt, um uns gebührend von Mallorca zu verabschieden. Den kleinsten von Ihnen streichle ich mutig 🙂

Zuerst geht es das Stückchen bergab, das wir schon von vorgestern kennen, dann allerdings nicht Richtung Alaro sondern durch eine Schlucht Richtung Lloseta. Nach der Schlucht weitet sich das Tal und wir verlassen langsam aber sicher das Tramuntana-Gebirge.

Wie meist in den letzten Tagen ist es leicht bewölkt und wir haben wirklich Glück mit dem Wetter gehabt. 7 Tage leicht bewölkt, zwischen 14 und 20 Grad und nur einmal kurz ein wenig Regen, das war wirklich perfektes Wanderwetter. Sobald wir das Gebirge verlassen haben, sehen wir links und rechts des Weges herrliche Blumenwiesen und zahlreiche Orangen, Zitronen und Mandelbäume. Knapp vor Lloseta, dem letzten Ziel unserer Wanderung holen wir uns einige übergebliebene Mandeln vom Baum, knacken und essen sie auf der Stelle

Direkt vom Baum sind sie auch mit Schale gar nicht so bitter wie man sie von zu Hause kennt. In Lloseta nutzen wir die Chance nach 3 Tagen wieder eine Bäckerei zu finden und probieren wieder einmal das ganze Sortiment durch. In Lloseta hält eine Art S-Bahn, die Manacor, Inca und Palma verbindet und alle 30 Minuten fährt. Diese bringt uns um 14:00 Uhr nach Palma zum zentralen (Bus)Bahnhof. Dort verstauen wir unser Gepäck und haben noch 4 Stunden Zeit, bevor wir zum Flughafen fahren. Also bummeln wir noch durch die Alt-Stadt von Palma und besorgen Souveniers und kulinarische Erinnnerungen an Mallorca (Zitronenmarmelade).

Auch Palma ist in dieser Jahreszeit vergleichsweise menschenleer. Anhand der zahlreichen Touristen und Souvenierläden kann man sich aber vorstellen, was hier in der Saison los ist.

Ein paar Fotos von der riesigen Kathedrale von Palma, die man auch von den Bergen aus sehen kann und schon treffen wir uns wieder beim Busbahnhof, wo uns der Bus in 20 Minuten zum Flughafen bringt. Eine letzte selbstgedrehte Zigarette für Sabine und für mich und wir checken an getrennten Check-In-Schaltern ein (der schnelle für die Österreicher, der langsame für die Deutschen). Schon kurz danach muss ich mich von meinen 5 deutschen Reisebegleitern verabschieden.

Es war eine wunderschöne Woche und ich werde sie und die Insel Mallorca sehr vermissen.

26.06.2012: Wien – Reykjavik

Wie bei der letzten Reise verabschiede ich mich schon in der Früh von meiner Familie und nehme den reisefertig gepackten Rucksack bereits mit in die Arbeit. Bei der Anfahrt mit der Bahn zum Flughafen bleibt noch ein wenig Zeit darüber nachzudenken, was mir bevorsteht. Eine 9-tägige Reise durch ein bekanntes Land in einer unbekannten Konstellation – ich werde nämlich gemeinsam mit meiner Mutter reisen. Das letzte Mal, daß wir länger als einen Tag gemeinsam unterwegs waren ist schon über 20 Jahre her. Sie wollte immer schon nach Island und fand keine Begleitung also habe ich mich „geopfert“ und Ihr die Reise inklusive Begleitung durch mich geschenkt. Ursprünglich wollte ich mit ihr auf den Laugavegur gehen, den ich 2005 zusammen mit Sonja begangen habe. Die Hütten für die Übernachtungen hatte ich bereits im Jänner gebucht und schon da waren sie fast voll. Ein paar unerklärliche Kniebeschwerden und die Angst meiner Mutter mitten in Island nicht mehr weitergehen zu können ließen mich die Reise umplanen, sodaß nun eine Bus/Leihwagenrunde mit zahlreichen 1-Tages-Wanderungen am Programm steht. Die Ankunft am Flughafen in Wien ist diesmal interessanter als sonst, da wir vom neuen Terminal „Skylink“ aus abfliegen und ich mich erst langsam zurechtfinden muss, wo sich was befindet. Meine Mutter ist natürlich schon vor mir da und wir testen gemeinsam den neuen McDonalds bevor wir die übliche Flughafenroutine hinter uns bringen – meine Mutter kauft sich sogar noch eine neue Uhr. Unser Flugzeug startet um 20:30 und landet nach ca. 4 Stunden Flugzeit um 22:45 Uhr Ortszeit in Keflavik Airport. Bei der Organisation der Airportbus-Karten wird mir bewußt, daß im Unterschied zu den letzten gemeinsamen Urlauben mit meiner Mutter  ich mittlerweile derjenige bin, der sich um alles kümmert. Aber ich sehe das als kleinen Probegalopp für eine evtl. spätere Tätigkeit als „Reiseführer“, wie ich sie mir manchmal erträume. Wenige Tage nach der Sonnenwende am 21. Juni ist es nur leicht dämmrig während wir um Mitternacht vom Flughafen in das 50 Kilometer entfernte Reykjavik fahren. Am Weg dorthin auf der einzigen Autobahn Islands entdecke ich ganze neu errichtete Siedlungen und krame wehmütig in meine Erinnerungen betreffend meiner ersten Island-Reise 1991 wo es zwischen Keflavik und Reykjavik noch komplett anders aussah. Der Shuttle-Bus klappert ganz Reykjavik ab (inkl. einem Umstieg auf einen zweiten Bus) sodaß wir um ca. 01:30 an unserem Nachtquartier Salvation Army im Zentrum von Reykjavik ankommen, wo uns der freundliche Herr an der Rezeption herzlich begrüßt.

27.06.2012: Stadttour Reykjavik

Um ca. 08:00 Uhr sitzen wir beim einfachen Frühstück in der Heilsarmee, immerhin gibt es einfachen Schinken und Salami, ein wenig Käse, ein paar Tomaten und Gurken sowie Butter und Marmelade zu den Toastbroten. Wir starten unsere Reykjavik-Wanderung gleich in Richtung Hafen, wo wir das 2011 fertiggestellte Opernhaus und Veranstaltungszentrum „Harpa“ besichtigen. Sehr eindrucksvoll ist die wabenartige Fassade, deren Waben je nach Tageszeit das Licht in unterschiedlichen Farben reflektieren. Auch von innen weiß die geradlinige und offen gestaltete Architektur zu überzeugen. Mittwoch in der Früh ist die Stadt noch sehr verschlafen und wir pilgern Richtung BSI-Busterminal, um unsere morgen geplante Fahrt ins Hochland zu organisieren. Am Rückweg genießen wir die schöne Parkanlage beim See Tjörnin und besichtigen eine kleine Vernissage in den öffentlich zugänglichen Bereichen des Rathauses. Beim Mittagessen in einem kleinen italienischen Restaurant, welches auch nach der Bankenkrise noch immer ein relativ kostspieliges Vergnügen ist genießen wir die einzigen Sonnenstrahlen des Tages und das immer lebendiger werdende Treiben am zentralen Platz Ingolfstorg. Am Nachmittag pilgern wir zuerst beim Wikingerschiff vorbei über die Bankastraeti zur Hallgrimmskirkja.

Nach kurzer Kirchenbesichtigung beschließen wir auch das größte Einkaufszentrum Islands das Kringlan zu besuchen. Dieses liegt ein wenig ausserhalb der Innenstadt, was uns einen gar nicht so kleinen Spaziergang durch die Aussenbezirke Reykjaviks beschert. Das Einkaufszentrum unterscheidet sich nicht besonders von jenen in Österreich und wir nutzen den dortigen Bonus-Supermarkt (Islands Pendant zu Hofer/Aldi) um für die nächsten beiden Tage ein wenig Proviant einzukaufen. Im Unterschied zu Mitteleuropa werden hier jedoch nicht nur die Waren sondern der ganze Raum kühl gehalten. So gibt es einen normal temperierten Raum, einen kühlen Raum für Obst und einen sehr kalten Raum für Milchprodukte und Fleisch welcher nicht zum langen Verweilen einlädt. Am Rückweg vom Kringlan besuchen wir noch Perlan, das sind 6 Warmwassertanks zur Energieversorgung von Reykjavik auf denen ein Restaurant errichtet wurde. Die Aussichtsplattform kann kostenlos genutzt werden und bietet einen schönen Überblick über Reykjavik. Am Weg zurück zu unserer Unterkunft fängt es stärker zu regnen an und wir machen noch einmal einen Zwischenstopp im BSI Busterminal bevor wir zurück in der Unterkunft der spanischen Fussballmannschaft dabei zusehen, wie sie ins Finale der Europameisterschaft einzieht.

28.06.2012: Reykjavik – Thingvellir – Geysir – Gullfoss – Kerlingarfjöll – Hveravellir

Am Morgen um 08:30 startet unser Bus vom Busterminal also bleibt nicht viel Zeit für das Frühstück und schnellen Schrittes marschieren wir die 15 Minuten dorthin. Dort angekommen beobachten wir gespannt die Busse und wünschen uns einen richtigen hochgelegten Hochlandbus mit ganz großen Reifen. Dieser Wunsch wird nicht ganz erfüllt, wir bekommen einen schnuckeligen Bus der Firma „Sterna“ für ca. 20 Reisende mit einem wasserdichten Anhänger, in dem wir unser Gepäck bunkern können. Heute wartet eine lange Busfahrt mit vielen Sightseeing-Stops auf uns. Bei der Fahrt aus Reykjavik hinaus nach Thingvellir genau auf jener Strecke, die ich 21 Jahre zuvor mit dem Mountainbike gefahren bin, sticht noch einmal die Veränderung hervor, die Reykjavik in knapp 20 Jahren genommen hat. Dort wo vor damls ein paar Höfe und vielleicht eine Kirche gestanden sind befindet sich nun der Vorort Mosfellsbaer, mit knapp 8000 Einwohnern eine der größten Städte Islands. Sobald Reykjavik ausser Sichtweite ist, stimmt aber die Erinnerung wieder mit der Realität überein. Links und rechts der Straße erstreckt sich weites Land ein paar Höfe und hie und da ein Pferd oder ein Schaf durchbrechen die Idylle. Nach einer halben Stunde Fahrzeit spuckt uns der Bus das erste Mal aus. Am Beginn der Allmannaschlucht bei Thingvellir ist mittlerweile auch ein Busplatz gewachsen und eine Aussichtsplattform entstanden. Am touristenfreundlichen Abstieg in die Schlucht wird gerade gearbeitet. Zwischen zahlreichen Japanern und Touristen aus dem Rest der Welt bleiben uns 15 Minuten für einen Blick über den Thingvallavatn und die geologische Grenze zwischen Europa und Amerika. Hätte ich mir damals auch nicht gedacht, daß ich einmal aus einem der Busse aussteigen würde, die ich bei meiner MTB-Tour immer so verflucht hatte ;-). Weitere 5 Minuten Fahrzeit später machen wir Halt ohne touristische Attraktion, aber das dort errichtete Kaffee braucht auch ein paar Gäste. Der nächste Stop (10 Minuten) ist mitten in Thingvellir, mehr als ein kurzer Spaziergang zum Ferienhäuschen des isländischen Präsidenten geht sich jedoch nicht aus, bevor der Bus seine Reise fortsetzt. Nach einer weiteren halben Stunde Fahrzeit über schöne asphaltierte Straßen (war 20 Jahre zuvor nicht so) machen wir einen ausgieben Stopp beim Geysir, einer Springquelle, die Namensgeber für alle Naturphänomene dieser Art ist. Imposant und verlässlich schießt hier alle 3-7 Minuten eine Fontäne kochendes Wasser in die Luft, welche bis zur Landung Gott sei Dank schon soweit abgekühlt ist, daß den zahlreichen Touristen hinter den Absperrungen außer ein paar Wasserspritzern kein Schaden entsteht. Erstmalig sieht meine Mutter hier zahlreiche rauchende und dampfende Wasserlöcher, ihr ist noch nicht bewußt, daß noch einige weitere folgen werden :-). Das mittlerweile errichtete Geysir Touristenzentrum ist von einer ganz anderen Qualität und Ausstattung als die Hot-Dog-Bude, die hungrige Mountainbiker hier früher versorgt hat. Nur 10km weiter von hier der nächste Stop beim Gullfoss, einem Wasserfall, bei dem der Fluß Hvita über zwei Stufen in eine Schlucht hinabstürzt. Immer wieder ist es eindrucksvoll, sich hier nur einen Schritt entfernt von den tosenden Wassermassen ablichten zu lassen.  Nach diesem letzten Highlight des isländischen Golden-Circles lassen wir die stark ausgetrampelten Touristenpfade hinter uns und unser Bus beginnt mit der Querung des Hochlandes auf der Kjölur-Route. Die ersten 15 km sind noch asphaltiert, doch dann beginnt endlich das noch wilde Hochland mit dem Langjökull auf der einen und dem Hofsjökull auf der anderen Seite. Eine staubige Hochlandstraße mit teilweise straußeneiergroßen Steinen die sich bergauf und bergab windet und bei der jedes Auto eine oft kilometerlange Staubfahne hinter sich her zieht.  Hier steigen sehr intensive Erinnerungen in mir hoch, wie ich hier mit dem Mountainbike mit großem Gepäck unterwegs war, und jeder kleine Hügel aufgrund der Strassenverhältnisse ein schwer überwindbares Hindernis darstellte. Mit dem Bus geht es wesentlich schneller und so sind wir 2 Stunden nach dem Gullfoss im ehemaligen Sommerschigebiet Kerlingarfjöll. Kaum vorstellbar, daß hier noch bis ins Jahr 2000 im Sommer Schi gefahren wurde, da man nur vereinzelte Schneefelder entdecken kann. Den 2-stündigen Aufenthalt nutzen meine Mutti und ich zu einer kurzen Wanderung bergauf über ein paar Schneefelder. Das Wetter ist zwar etwas kühler als im Flachland ansonsten jedoch tadellos zum Erkunden dieser ursprünglichen und rauhen Natur. Um knapp nach 16:00 Uhr verlassen wir mit unserem Bus diese Hochlandoase, um die letzte Etappe des heutigen Tages nach Hverahvellir zurückzulegen. Dort befindet sich ebenfalls ein Gebiet mit hoher geothermischer Aktivität welche es dem dortigen Campingplatz inkl. zweier Berghütten ermöglicht, seinen Gästen einen natürlichen Outdoor-Hot-Pot anzubieten. Somit können wir diesen langen und ereignisreichen Tag mit einem ausgiebigen Bad bei 40 Grad ausklingen lassen. Die dortige Hütte ist eine einfache Unterkunft mit 3 Räumen und insgesamt ca. 20 Schlafmöglichkeiten und einer Küche, in der ich uns vor dem Schlafengehen ein zweigängiges Fertigfuttermenu zubereite.

29.06.2012: Wanderung Strytur – Hveravellir – Akureyri

Unser Bus nach Akureyri verläßt Hveravellir erst um 15:00 Uhr und so suche ich aus meinem Wanderführer Island eine Wanderung aus, die sich bequem am Vormittag bewältigen läßt. Diese führt vom Geothermalgebiet Hveravellir immer leicht ansteigend ca. 2 Stunden zum Vulkankegel Strytur. Dabei passiert man auch Eyvindarhellir, eine Höhle in der sich angeblich vor 200 Jahren ein Outlaw vor der Verfolgung versteckt hat. Meine Mutter ist überrascht darüber, daß es auch in dieser kargen von Vulkanausbrüchen geformten Landschaft einiges an Grün, einige Blumen  und auch immer wieder Vögel gibt, die unsere Wanderung mit Ihrem Piepsen begleiten. Obwohl Strytur nur knapp 200m höher als unser Ausgangspunkt ist, haben wir bei unserer Pause doch einen guten Ausblick über weite Teile des Hochlandes. In der Zwischenzeit ist ein wenig Wind aufgekommen und auch der Himmel verdunkelt sich immer mehr, sodaß wir schon befürchten beim Rückweg ziemlich naß zu werden, jedoch geht der Rückweg da bergab schneller vonstatten und wir schaffen unsere Ankunft bevor doch einige stärkere Regenfälle einsetzen. Währenddessen verbringen wir zu Mittag noch in der Hütte und kochen uns ein Mittagessen, während wir ein interessantes touristisches Event beobachten können. Ein größerer Bus fährt am Parkplatz des Campingplatzes vor, ca. 50 größtenteils ältere mit Bademantel und Schlapfen gekleidete Passagiere steigen aus und marschieren zielgerichtet zum HotPot. Unter lauten Hallo und großen Gaudium tauchen sie rasch unter, trocknen sich wieder ab und laufen wieder zum Bus zurück, der circa 20 Minuten nach Ankunft wieder abfährt. Obwohl wir auch mit dem Bus unterwegs sind, haben wir Gott sei Dank ein wenig mehr Zeit, die isländischen Attraktionen zu besichtigen. So besichtigen wir noch ausführlich das Geothermalgebiet, bei dem meine Mutter vor allem von dem durchgehend dampfenden und wie eine Maschine zischenden Schlot mitten in diesem Gebiet fasziniert ist. Schlußendlich packen wir unsere Sachen zusammen und besteigen unseren Bus, der uns nach Akureyri bringen soll. Dieser ist wesentlich größer als jener von gestern jedoch sind neben uns nur zwei weitere Passagiere eingestiegen, ein deutsch/österreichisches Pärchen, wie sich bei einer kurzen Plauderei herausstellt. Das Hochland ist nördlich von Hveravellir schon wesentlich zivilisierter als auf der gestrigen Etappe. Die Straße ist einer österreichischen Schotterstraße vergleichbar und eine Stunde fahren wir größtenteils Stauseen entlang, bis wir am Ende des Hochlandes auf die Ringstraße stoßen. Ein kurzer Stopp bei einer Tankstelle, bei der ich mir ein Automateneis mit Schokotopping genehmige trennt uns noch von Akureyri, der Hauptstadt des Nordens, wo wir um ca. 18:30 eintreffen.  Durch die kurzfristige Umstellung der Reise haben wir keinerlei Quartiere vorreserviert und so entdecken wir mitten auf der Hauptstraße Akureyris ein Backpacker Hostel, welches erst ein bis zwei Monate vorher eröffnet hat. Dazu wurde eines der wenigen älteren Häuser  in Akureyri sehr liebevoll restauriert und das Zimmer sieht so aus, als ob wir überhaupt erst die ersten Gäste wären – teilweise sind manche Fertigstellungsarbeiten noch nicht im letzten Detail abgeschlossen. Etwas ungewöhnlich ist, daß unser Zimmer im 3. Stock und die Duschen im Keller sind. Unsere Suche nach einem Lokal für das Abendessen nutzen wir für einen kurzen abendlichen Rundgang durch die kleine „Alt“stadt, einige Touristengeschäfte haben auch nach 20:00 Uhr noch geöffnet. Unser Abendessen findet in einer kleinen Pizzaria statt, wo man sich die Getränke und Besteck selbst holen muss und nur die Pizza serviert bekommt. Beschallt wird man von zwei Fernsehern, die irgendwelche amerikanischen Sitcoms ausstrahlen. Doch das Essen ist gut und nachdem die Städte, die wir in den nächsten Tagen ansteuern, immer kleiner werden, vielleicht die letzte Chance auf eine „richtige“ Pizza. An der Rezeption des Hostels kümmere ich mich noch um einen Leihwagen für die nächsten Tage, den wir am nächsten Morgen um 09:00 erhalten werden.

30.06.2012: Akureyri – Godafoss – Myvatn-Gebiet – Reykjahlid

Beim Frühstück in der schönen Lounge mit Blick auf das erwachende Akureyri müssen wir den Burschen hinter der Rezeption erst auf die fehlenden Frühstücksutensilien wie Milch oder Marmelade aufmerksam machen. All diese Dinge gibt es zwar, sie werden offensichtlich nicht jedermann sofort aufgedrängt :-). Um 09:00 Uhr kommt wie bestellt ein junger Herr von der Firma Hertz mit unserem Auto und fährt mit mir zum Flughafen von Akureyri (ca. 5 Minuten Fahrzeit), wo er sein kleines „Büro“ hat. Wir erledigen rasch die Formalitäten und vereinbaren, daß wir den Wagen in 5 Tagen in Keflavik am Flughafen retournieren werden. Danach fahre ich mit unserem neuen Auto einem Toyota Yaris zurück nach Akureyri und gable meine Mutter mit Gepäck auf. Auf der Suche nach einem Supermarkt machen wir noch eine kleine unfreiwillige Stadtrundfahrt durch Akureyri. Wir finden einen ebenfalls neu errichteten Bonus-Diskontmarkt, decken uns mit allerlei nützlichen (Tomaten, Gurken, Aufstrich, Brot, Kekse,…) ein und verlassen um 10:30 Akureyri Richtung Osten immer der Ringstraße entlang, die uns nun die nächste Woche begleiten wird. Das Wetter ist bewölkt und teilweise regnerisch und so bin ich manchmal neidisch auf die Radfahrer, denen wir begegnen und manchmal froh, daß wir im warmen, trockenen Auto sitzen. Nach ca. 45 Minuten Fahrzeit machen wir Halt beim Godafoss, einem Wasserfall, der zwar keine große Fallhöhe hat, sich aber über eine sehr breite Abbruchkante in die kleine Schlucht ergießt und somit zu den schönsten Wasserfällen Islands gehört. Ich sehe dort einen Mann, der aussieht wie mein Geografie-Professor, als ihn seine Reisebegleitung auch noch mit dem passenden Vornamen anspricht, weiß ich, daß ich mich nicht geirrt habe. Im Unterschied zu der Bustour von vorgestern können wir uns nun an jeder Sehenswürdigkeit sattsehen und so lange oder so kurz stehenbleiben, wie wir möchten.  Wir fahren mit dem Auto über den nächsten Berg, um schließlich zum Myvatn-See wieder hinunterzufahren. Dieser See mit seiner Umgebung ist eine der Hauptattraktionen Islands jenseits des Golden Circles bestehend aus vielen verschiedenen älteren oder jüngeren Überbleibseln der starken vulkanischen Aktivität in diesem Gebiet. Unser erster Stop ist bei Skutustadir, wo wir die große Runde bei den Pseudokratern gehen. Anschließend fahren wir weiter zum Hauptort Reykjahlid, wo wir uns auf Quartiersuche begeben. Dank „Around Iceland 2012“ sowie einer Broschüre über B&B-Unterkünfte und Jugendherbergen in Island, die ich in Reykjavik entdeckt habe, können wir dabei recht zielgerichtet vorgehen. So landen wir mitten in einer Einfamilienhaus-Siedlung wo einige Reihenhäuser als Unterkunft für Touristen genutzt werden. Der Teenager-Sohn der Vermieterfamilie erklärt mir alles und drückt mir den Schlüssel in die Hand. In der kleinen Küche des Reihenhauses mit 3 Zimmern essen wir ein wenig von unseren Vorräten um uns gleich danach ins Auto zu schwingen und zum Gebiet Krafla zu fahren. Dieses Gebiet liegt ca. 12km abseits der Ringstrasse. Die Kombination mit einer hochlandähnlichen Piste war schuld daran, daß ich dieses Gebiet bei meiner MTB-Tour mit Christoph nicht besichtigt haben, da uns der Umweg zu mühsam war. Mittlerweile wurde dort ein geothermischen Kraftwerk errichtet und eine perfekte Asphaltstraße führt schnurstracks dorthin. Wie in unserem Wanderbuch empfohlen machen wir den ca. 45-minütigen Rundgang um den Vulkankratersee Viti  bevor wir anschließend nach Leirhnjukur rüberwandern, wo Reste eines Vulkanausbruches von vor ca. 25 Jahren zu sehen sind. Diese Wanderung gehört zu dem eindrucksvollsten, was ich bei dieser Island-Tour gesehen habe. Man passiert riesiege Lavafelder und nähert sich langsam dem Bereich, wo das Unheil vor 25 Jahren seinen Lauf genommen hat. Überall dampft es und riecht nach Schwefel und das vulkanische Gestein, welches eine sehr geringe Dichte hat schimmert in allen Farbtönen zwischen schwarz, ocker und rot.

 An den höchsten Punkten erkennt man genau, wie und vor allem über welche große Fläche die Lavaströme bei der damaligen Eruption geflossen sind und kann sich mit ein wenig Vorstellungskraft gut in das damalige Inferno hineinversetzen.  Nach ca. 2-stündiger Wanderung kehren wir zum Auto zurück. Ein normaler Tag wäre bis dahin schon gut mit Besichtigungen ausgefüllt, das Wetter hat sich jedoch im Vergleich zum Vormittag gut herausgeputzt und die Tage sind kurz nach der Sonnenwende sehr lang, so hängen wir noch einen Spaziergang durch die Wälder Höfdi direkt beim Myvatn-See  an und marschieren noch die große Runde (ca. 1 Stunde) durch die eindrucksvollen Lava-Formationen von Dimmuborgir. Knapp vor 22:00 Uhr am Abend besorge ich noch eine Dose isländisches Bier beim Tankstellen-Supermarkt und koche noch einen der von zu Hause mitgebrachten Nudelsnacks. Meine Mutter lobt meine Kochkünste, die bei dieser Art von Essen aber nicht wirklich gefragt sind und wir teilen uns das Bier als Schlaftrunk.

01.07.2012: Reyklahlid – Namaskard (Wanderung) – Dettifoss (Wanderung) – Egilsstadir

Der bisher höchste Preis für eine Übernachtung (ISK 17.000) beinhaltet dafür auch das beste Frühstück mit mehreren selbstgemachten Marmeladen, Lachs und andere Fischsorten, mehreren Wurst und Käsesorten und einem richtig guten Brot abseits des obligatorischen Toastbrotes. So gestärkt verlassen wir bereits um 08:30 Uhr unser gemütliches Quartier weiter Richtung Osten/Egilsstadir. Auf Höhe der Abzweigung zur Krafla befindet sich das Solfatarengebiet von Namaskard. Als wir den dortigen Parkplatz mit unserem Auto erreichen, steht es ganz alleine dort und wir können die brodelnden und stinkenden Schlammtöpfe ungestört besichtigen. Auch hier gibt es einen kleinen Rundwanderweg, der dem Wanderer ca. 100m den Berg hinauf führt und einen tollen Überblick über das Myvatn-Gebiet und das Gebiet von Namaskard bietet. Der Weg hinauf ist relativ schmal und geröllig trotzdem kann ihn meine Mama recht gut bewältigen. Oben angekommen können wir beobachten, wie plötzlich 6 – 7 Busse am Parkplatz stehen bleiben und 100e Touristen wie kleine Ameisen zwischen den einzelnen Schlammquellen herumlaufen. Gut, daß wir bereits eine halbe Stunden früher da waren. Nach dieser Vormittagsrunde wollen wir weiter zum Dettifoss. Auf der Karte der für Leihwagen unserer Kategorie „erlaubten“ Strecken ist dieser Abstecher leider nicht dabei doch die Zeit hat für uns gearbeitet und so rasen wir auf einer frisch asphaltieren Strecke die 25km von der Ringstrasse weg zum Dettifoss-Parkplatz, ein Jahr zuvor hätten wir diesen Punkt nur nach ca. 150km Umweg erreichen können. Hier nehmen wir uns eine Rundwanderung vor, die uns in 3-4 Stunden zu den Wasserfällen Selfoss, Dettifoss und Hafragilsfoss bringen soll. Beim ersten der drei Wasserfälle, dem Selfoss ist man in wenigen Minuten. Begleitet werden wir hier noch von zahlreichen Halbschuhtouristen und Hobbyfotografen. Diese riskieren für ein schönes Foto Kopf und Kragen. Eine Dame mit über 100kg kann zwar nur humpelnd gehen, dies hindert sie jedoch nicht daran mit Sandalen auf nassen Felsen herumzuspringen, sodaß ich mich schon in  einer Rettungsaktion involviert sehe. Der Fluss Jökulsá á Fjöllum fließt vor dem Selfoss noch auf gleicher Ebene wie sein Umland um sich dann über die drei Stufen mit einer gesamten Fallhöhe von über 100m in eine beeindruckende Schlucht zu stürzen, die man in einer Mehrtageswanderung komplett durchschreiten könnte. Nur ca. 15 Minuten nach dem Selfoss kommt man zum Dettifoss ein mächtiger Wasserfall mit der zur entsprechenden Jahreszeit größten Durchflussmenge aller Wasserfälle in Europa. Es ist immer wieder faszinierend ganz knapp in der Nähe dieser Naturgewalten zu stehen und die Kraft der Natur (und den Sprühregen) zu spüren. Auch der Dettifoss ist Neuland für mich, da auch seine Besichtigung von der Ringstraße aus einen 60km Umweg auf Hochlandpisten erfordert zu der ich mich damals nicht überwinden konnte.Nach dem Dettifoss wird der Weg ein wenig einsamer, da die meisten Touristen den dritten Wasserfall nicht besuchen. Nach ca. 30 Minuten Gehzeit durch felsige und teils sehr sandige Landschaft wird auch klar warum.  Der Weg senkt sich steil abwärts in Richtung Schlucht und ist nur mittels Seil gesichert hinunterzuklettern. Ein deutsches Ehepaar im Alter meiner Mutter beobachtet mit uns gemeinsam eine circa 10-köpfige Wandergruppe, die sich insgesamt fast eine halbe Stunde über diesen Streckenabschnitt quält, um alle Teammitglieder hinunter zu hieven. Das deutsche Ehepaar kehrt um und ich schlage das meiner Mutter auch vor, doch diese möchte sich die steilste Stelle selbst ansehen und ehe ich noch etwas sagen kann, hängt sie schon am Seil und klettert in großen Schritten die Felsen hinunter. Ich folge ihr rasch und hoffe, daß ich in ihrem Alter auch noch in der Lage sein werde, solche Wanderungen zu machen.  Der Weg führt nun in der Schlucht auf Höhe das Flusses abwechselnd über grüne Wiesen und Felsabbrüche bis zum dritten Wasserfall Hafragilsfoss, wo wir ein Mitglied der isländischen Wandergruppe ersuchen, ein gemeinsames Foto von uns zu machen. Mitten in der Schlucht fragt man sich, wie man bei diesen Steilklippen jemals wieder aus der Schlucht rauskommen soll. Aber auch diesmal haben die isländischen Wegeerrichter einen Ausweg gefunden.   Zuerst geht es eine durch einen Zufluss geschaffene querende Schlucht flussaufwärts, um dann eine Etage höher wieder flussabwärts auf die Hauptschlucht zu treffen, noch einmal ca. 50 Höhenmeter und wir befinden uns wieder auf dem Niveau von dem wir gestartet sind und gehen ca. 1,5 Stunden wieder zum Parkplatz zurück. Auch wenn der Rückweg wenig abwechslungsreich durch Fels- und Steinwüste führt, so ist diese Wanderung ein weiteres Highlight dieser Island-Reise. Zurück beim Auto gehts retour zur Ringstrasse und dann direkt nach Egilsstadir durch einsame Hochebenen. Auf diesen gut ausgebauten und einsamen Straßen sieht meine Mutter ein, daß Pannenstreifen bei dieser Verkehrsdichte wohl tatsächlich überflüssig wären. Außer eine kurzen Eis-Pause bei einer Tankstelle fahren wir ohne Unterbrechung nach Egilsstadir, schließlich wollen wir das Fussball-EM-Finale Spanien-Italien nicht versäumen. Das erste Quartier sagt uns noch nicht so richtig zu, da entdecken wird das Gästehaus Olgu, welches aber leider nicht besetzt ist. Die Besitzerin hat jedoch Ihre Handynummer hinterlassen und über das Läuten der Türglocke wird man direkt mit Ihr verbunden. 10 Minuten später ist sie hier und wir verbringen den Abend im schnuckeligen Gästehaus mit 3 Zimmern und leider ohne Küche. Der einzige Fernsehkanal der empfangen werden kann, ist isländisch und zeigt das Fussballmatch, welches Spanien mit 4:0 gewinnt.

02.07.2012: Egilsstadir – Öxi-Pass – Stafafell (Wanderung) – Höfn

Mangels Frühstücksmöglichkeit brechen wir rasch zum hiesigen Diskontsupermarkt „Netto“ auf, wo wir neben der Aufstockung unserer Vorräte, Milch und eine der ausgezeichneten isländischen Mehlspeisen zum sofortigen Verzehr erwerben. Heute gehts die Ringstraße weiter Richtung Süden, wobei einige Fjorde einem am direkten Weg hindern. Es geht zuerst ca. 20km einem Tal entlang bevor wir einen der wenigen verbliebenen nicht asphaltierten Teil der Ringstrasse erreichen. Da wir heute eine relativ weite Strecke mit dem Auto bewältigen wollen, entschließen wir uns zu einer Abkürzung über den sogenannten Öxi-Pass (Strasse 939), die uns rund 60km sparen soll. Die Straße ist zwar keine Rennstrecke, aber auch mit unserem Auto gut befahrbar. Oben am höchsten Punkt parken wir das Auto, genießen die Aussicht auf den Fjord und betrachten Fahrradfahrer und große LKWs, die sich diesen Bergpass hinaufschlängeln. Nach einer kurzen aber spektakulären Bergabfahrt treffen wir wieder auf die Ringstrasse, welche wir nun zahlreiche Fjorde ausfahrend begleiten.  Auf Höhe von Djupivogur entdecke ich zwei Autostopper mit Rucksäcken, die in unsere Richtung wollen und wir fragen sie, ob sie mitfahren möchten. Obwohl wir fast den kleinsten verfügbaren Leihwagen haben, findet das englisch / französische Pärchen mitsamt Gepäck in unserem Auto Platz. In einer angeregten Konversation tauschen wir auf Englisch unsere gegenseitigen Reiseerlebnisse aus, und ich bin froh darüber, daß ich selbst einmal jemanden per Auto-Stopp mitnehmen kann, nachdem ich schon öfters auf meinen Reisen bei anderen mitgefahren bin. Eine kleine gemeinsame Pause an einem Rastplatz neben der Ringstrasse nutzen wir zur Beobachtung der Vögel.  Da meine Mami und ich auch jeden Tag ausreichend Bewegung machen wollen, haben wir uns heute eine Wanderung beim Hof Stafafell aus einem meiner beiden Wanderbücher ausgesucht. Dort angekommen verabschieden wir uns von unseren beiden Mitreisenden, die zwar das gleiche Tagesziel (Höfn) wie wir haben, jedoch noch vor Ladenschluss dort eintreffen wollen. Während der Verabschiedung kommt ein weiterer Rucksackträger des Weges und fragt uns, ob wir vielleicht die Wanderung machen wollen. Er drückt uns einen Ausdruck mit Karte und Wegbeschreibung in die Hand, bevor er sich auf die anderen Straßenseite stellt, um ebenfalls eine Mitfahrgelegenheit zu erwischen. Aufgrund der Karte beschließen wir noch einen Zufahrtsweg zu einer Feriensiedlung abseits der Ringstrasse ein wenig hineinzufahren, dieser Weg wäre für unseren Leihwagen jedoch sicher auf der verbotenen Liste, wenn er bedeutend genug wäre ;-). So fahre ich ganz langsam und vorsichtig und parke das Auto irgendwo auf einem Schotterfeld. Ziel der Rundwanderung ist eine Schlucht, die im Wanderführer vor allem aufgrund ihres unterschiedlich färbigen Rhyolitgesteines gepriesen wird. Meine Mutter ist über diesen Weg nicht sonderlich begeistert, da er zumeist durch ein ausgetrocknetes Flussbett führt was ein sehr steiniges und mühsam zu gehendes Terrain darstellt. Während in der Nähe des Fjordes weit und breit kein Wasser zu sehen war, taucht in der Schlucht plötzlich ein Bach auf, der umso größer und breiter wird, je weiter man flussaufwärts geht ! Die Schlucht selbst ist sehr breit, die versprochene Färbung ist zwar vorhanden jedoch nicht so spektakulär wie bei Landmannalaugar. Der Weg führt steil aus der Schlucht hinaus um dann auf einer grünen Hochebene entlang wieder Richtung Meer zurückzuführen. Irgendwann sollte man wieder steil hinunter gehen und ziemlich direkt auf unseren Autoabstellplatz stossen, da hier jedoch kein Weg markiert ist und uns die Schluchten zu gefährlich erscheinen um es weglos zu probieren bleiben wir auf der sicheren Seite und gehen sanft bergab Richtung Ringstraße und Hof Stafafell. Der Weg war etwas länger als geplant und es wird auch langsam Abend, daher beschließen wir, als wir die Ringstraße erreichen, dass ich schnell ohne Gepäck wieder die Siedlungszufahrt zum Auto gehe, während meine Mutter entlang der Ringstrasse wartet. Ein großer Geländewagen nimmt mich mit sodaß ich rasch wieder zurück bin und mit meiner Mutter den Weg nach Höfn fortsetze. In der dortigen Jugendherberge sind wir für diesen Tag schon zu spät dran – kein Zimmer mehr frei. Also frage ich bei der nächsten Unterkunft nach, was sich Hotel nennt und auch solche Preise hat, ist aber ein nicht besonders charmanter einstöckiger Plattenbau. Daher suchen wir weiter und fahren in die „Innenstadt“ von Höfn immer den „Hostel“-Schildern folgend. Als wir das Auto in der Nähe des Hafens abstellen begrüßt mich der Rezeptionist des Hotels, der uns gefolgt ist und stellt sich als Verwalter des Hostels vor – die Stadt ist halt wirklich nicht groß. Wir erhalten ein Zimmer, welches nur ein wenig größer ist als die beiden in ihm stehenden Betten, was für uns ausreicht und mit ISK 13.000,– auch preislich in Ordnung ist. Die Küche ist wesentlich größer und gut ausgestattet und ich „koche“ wieder ein zweigängiges Fertigmenu bevor wir noch einen Abendspaziergang durch Höfn machen. Diese Stadt liegt auf einer Meereszunge sehr exponiert und in beide Richtungen der Ringstraße sind es über 200km bis zur nächsten Siedlung – gemeinsam mit dem düsteren Himmel an diesem Abend macht die Stadt keinen sehr hoffnungsfrohen Eindruck.

03.07.2012: Höfn – Jökulsarlon – Skaftafell (Wanderung) – Kirkjubaerjarklaustur

Zur Halbzeit unserer Leihwagen-Runde um Island ist auch der erste Tank leer gefahren und wir gönnen unserem treuen Gefährten eine volle Betankung. Der Preis (ca. EUR 1,7 / Liter) dürfte staatlich reglementiert sein, nachdem alle Tankstellen seit einer Woche immer den gleichen Preis anzeigen. Nach einer halben Stunde Fahrt erreichen wir ein weiteres Highlight unserer Islandreise, den Gletschersee Jökulsarlon, in den eine Gletscherzunge des Vatnajökulls regelmäßig Eisberge entlässt. Meine Mutter ist extrem fasziniert von den vielen Eisbergen unterschiedlicher Größe, die hier im See treiben, für mich als zweimaliger Grönlandreisender gehört dies fast schon zur „Normalität“ ;-). Dafür gefallen mir die Schiffe, mit denen die zahlreichen Touristen über den See geschippert werden, da diese gleichzeitig große Autos sind und nahtlos von Land auf Wasser und umgekehrt wechseln. Eine weitere Besonderheit ist, daß dieser See einen Abfluss hat, der nach ca. 500m im Meer mündet. Daher kann man von Zeit zu Zeit beobachten, wie sich ein Eisberg auf die Reise macht, in der Strömung des Flusses Pirouetten dreht, bis er auf die Meeresbrandung trifft, die ihn an den Strand mit Vulkansand spült. Zahlreiche dieser noch immer menschengroßen Eisbrocken liegen dort bereits und ergeben wunderbare Fotomotive. Wir sehen auch einen kleinen Seehund der zwischen Flußströmung und Meeresbrandung immer wieder auf- und untertaucht. Meine Mama will sich kaum von dieser schönen Kulisse trennen, doch ich verspreche ihr, daß noch weitere tolle Sehenswürdigkeiten diesem Tag auf uns warten.

  Einige Kilometer weiter ist der kleine Bruder des Gletschersees, in dem zwar auch zahlreiche Eisberge treiben, mangels Abfluss gibt es jedoch kaum Bewegung im Wasser. Der Abstecher von der Ringstrasse zu diesem See zählt außerdem definitiv zu den verbotenen Leihwagenstrecken und wir waren heilfroh, daß unser Auto auf der Rumpelpiste keinen Schaden nahm. Eine gute Stunde später (meine Mutter vertrieb uns die Zeit mit interessanten Erzählungen aus Ihrer Jugendzeit) erreichen wir den Skaftafell-Nationalpark (nicht zu vergessen meinen ersten isländischen HotDog auf dieser Reise auf einer Tankstelle kurz vor Skaftafell) eine grüne Oase inmitten der kilometerweiten Sander, die die Gletscherflüsse hier im Laufe der Jahre angeschüttet haben.  Auch diese Natursehenswürdigkeit ist touristisch perfekt aufbereitet (Visitor-Center mit Videos und Schautafeln zum Thema Gletscherläufe) und einen Riesenparkplatz, der andeutet, wieviel Leute hier in der Hochsaison anzutreffen sein können. Wir entschließen uns für eine der größeren Runden in diesem Nationalpark. Diese bringt uns nach ca. einer halben Stunde Gehzeit zum Svartifoss dem Wahrzeichen des Skaftafell-Nationalparks. Die Wassermenge ist zwar sehr bescheiden und die Fallhöhe ist mit 20-30m auch nicht berauschend, aber die 6-eckigen Basaltsäulen, die wie Orgelpfeifen den Wasserfall links und rechts einrahmen machen ihn trotzdem zu einer tollen Sehenswürdigkeit. Anschließend gehen wir ca. eine Stunde Richtung Osten bis wir einen tollen Blick auf den Vatnajökull, und seinen Ausläufer dem Skaftafellsjökull erreichen. Es ist herrlich diese Naturkulisse von oben zu betrachten und die Menschen, die sich in der Ebene der Abbruchkante nähern (Dieser Weg ist sogar rollstuhlgeeignet !) wie Ameisen von oben zu beobachten. Am Weg zurück zum Parkplatz sehen wir ein Pärchen, welches ebenfalls Pause macht und die Szenerie beobachtet. Es sind jene Autostopper, die wir gestern ein Stück mitgenommen haben und ein weiterer Beweis dafür, daß man in Island andere Reisende oft mehrmals an unterschiedlichsten Stellen antrifft. Auf unserer Weiterfahrt überqueren wir den scheinbar unendlichen Skeidararsandur und beim Anblick alter Reste der Ringstraße lassen sich die Gewalten erahnen, die bei einem Gletschlauf, bei dem Vulkane unter dem Gletscher in wenigen Stunden gigantische Wassermassen erzeugen, vorherrschen müssen. Nach dem Sander nehmen wir wieder eine Stichstraße von der Ringstrasse, um die Jugendherberge Hvoll zu erreichen. Diese Straße gehört wieder eher zu den schlecht gewarteten, unser Auto ist nach der Überwindung der ca. 5 km von einer zentimeterdicken Staubschicht umgeben und dies leider umsonst, da die letzten beiden Plätze kurz vor unserem Eintreffen vergeben wurden. Also zurück auf die Ringstraße und weiter Richtung Westen. Knapp vor Kirkjubaerjarklaustur finden wir direkt auf der Ringstraße eine Siedlung von Holzhütten. Geführt wird diese Übernachtungsmöglichkeit von einer Dame mit ostasiatischen Wurzeln und sie kann uns zwei Übernachtungsplätze mit Frühstück anbieten, die wir gerne annehmen.

04.07.2012: Kirkjubaerjarklaustur – Vik – Dyrholeay – Skogarfoss (Wanderung) – Hvolsvöllur

Der nächste Tag beginnt mit einem ausgiebigen Frühstück im hellen, neuen Haupthaus dieser Camping-Siedlung mit verschiedenen Sorten von Cerealien und diversen Wurst- und Käsesorten. Derart gestärkt passieren wir den Ort mit dem unaussprechlichen Namen Kirkjubaerjarklaustur, überqueren den Myrdalssandur, für den die Gletscherflüsse des Myrdaljökulls verantwortlich sind und erreichen nach ca. 1 Stunde Vik. Dieser Ort bietet nichts besonderes für mich ist er mit einer besonderen Erinnerung verbunden, da er 1993 nach 8 Tagen Hochland mit dem Mountainbike die erste Einkaufsmöglichkeit darstellte. Auch heute stocken wir unsere Vorräte auf, bevor wir einige Kilometer später Kap Dyrholeay, die südlichste Spitze Islands (abgesehen von den Westmänner-Inseln) erreichen. Hier befinden sich einige eindrucksvolle Felsformationen so z.B. zwei Felsbögen, die vom Meer unterspült werden und eine Felsgruppe, in der die Einheimischen mehrere Trolle sehen, die baden gehen (Reynisdrangar). Außerdem ist der ganze Bereich ein ausgedehntes Vogelbrutgebiet und so entdecken wir hier auch eines der Nationalsymbole Islands den Papageientaucher, leider zu weit weg von uns entfernt, um schöne Fotos zu machen. Zweiter Fixpunkt unseres heutigen Tages ist der Skogarfoss, bei dem die ursprünglich geplante Wanderung über den Laugavegur geendet hätte. Diesen erreichen wir um die Mittagszeit, leider ist die dortige Jugendherberge bereits für die nächste Nacht voll. Also verschieben wir die Quartiersuche auf den späteren Abend, denn wir beschließen, neben der Besichtigung des Wasserfalls  ein Stückchen den Laugavegur Richtung Eyjafjallajökull zu wandern. Dieser herrliche Weg führt uns neben den Skogarfoss bei Dutzenden weiteren wunderschönen Wasserfällen vorbei.  Genau den gleichen Weg bin ich vor 7 Jahren schon einmal gegangen, damals hat es jedoch extrem stark geregnet und somit kann ich heute diese wunderbare Landschaft viel mehr genießen und zufällig habe ich auch ein Bild an exakt der gleichen Stelle gemacht, wie Sonja bei unserer damaligen Wanderung

 nur ist inzwischen 2010 der Vulkan unter dem Eyjafjallajökull ausgebrochen und hat ziemlich viel schwarze Vulkanasche in der Gegend verstreut. Da das Knie meiner Mutter wie schon bei allen anderen Wanderungen zuvor brav mitspielt, gehen wir fast 3 Stunden bergauf da wir möglichst viel des Flusslaufes erkunden möchten.  An der Stelle wo eine Fussgängerbrücke den schon schmäleren Fluss überwindet und ein paar Meter weiter eine Jeepspur auf den Weg trifft machen wir eine wohlverdiente Pause und genießen das tolle Panorama. Zum Bergabgehen wählen wir die Jeeppiste. Für meine Mutter ist diese Strecke zum Bergabgehen nicht so angenehm wie ich dachte, aber sie wählt öfter die „Nebenfahrbahn“ und schafft so auch den Abstieg problemlos. Einmal begegnet uns ein Jeep mit riesigen Hochlandpisten-Reifen und demonstriert uns, wie man auch auf solchen Pisten mit dem Auto fahren kann, was vor allem meine Mutter schon bezweifelt hat. Um ca. 17:00 Uhr wieder unten angekommen, geht die Suche nach einem Übernachtungsquartier los. Alle Übernachtungsmöglichkeiten in Skogar sind belegt, also bleibt uns keine andere Alternative als so lange die Ringstraße Richtung Reykjavik zu fahren, bis wir etwas Passendes finden. Nach einigen Fehlschlägen und ausgebuchten Quartieren ist uns das Glück dann hold. In der Ortschaft Hvolsvöllur finden wir das liebliche Feriendorf Asgadur, bei dem wir eine eigene kleine Hütte für uns haben und so die letzte (ganze) Nacht in Island in einem sehr schönen Ambiente verbringen können.

05.07.2012: Hvolsvöllur – Hveragerdi (Wanderung) – Reykjavik – Krisuvik (Wanderung) – Blaue Lagune – Keflavik – Wien

Das letzte Mal Aufstehen in Island wird uns durch ein Frühstück in wunderschönem Ambiente ein wenig erleichtert. Der Frühstückssaal von „Asgadur“ befindet sich in einem alten großen Holzhaus, welches einen herrschaftlichen Eindruck hinterläßt. Auch das Frühstücksbuffet gehöhrt zu den besseren, welches wir auf unserer Reise hatten und wir sind dankbar, daß wir eigentlich immer ein gutes Quartier gefunden haben, obwohl wir nichts reserviert hatten. Beim zweiten Teil unserer Reise hat man an der Buchungslage aber schon gemerkt, daß mittlerweile die Hauptsaison eingesetzt hat. Ohne richtiges Ziel für heute beschließen wir auch in Island auf die Suche nach einem Geocache zu gehen.  Dieser führt uns auf eine große isländische Wiese, die laut Schildern in nächster Zeit zu Bauland umgewidmet werden soll. Die einzelnen Parzellen sind allerdings mehrere 1000 m2 groß. Bei unserer Suche werden wir auch von zwei Pferden beobachtet, die meine Mutter ein wenig näher betrachtet und ein wenig anlockt. Als eines von beiden den elektrischen Zaun berührt springt es ruckartig zurück und Pferd und Mutter erschrecken wohl gleich stark. Weiter gehts zum letzten Supermarktbesuch zum Bonus in Selfoss bevor wir in Hveragerdi Station machen. Rund um Hveragerdi wird der Großteil des isländischen Gemüses und Obst gezogen, möglich ist dies wiedereinmal durch die geothermische Energie aus dem Boden. Dementsprechend dampft und qualmt es auch hier überall und wir folgen einem Weg ins Hinterland des Ortes, der in einem der Wanderbücher beschrieben ist. Dieser führt uns wieder einmal zu einem Feld mit zahlreichen brodelnden Quelle. Aus einer dieser Quellen ist gemeinsam mit einem kalten Zufluss eine „Badewanne“ entstanden, wir verzichten jedoch darauf, mehr als unsere Hände hineinzustrecken. Hier gibt es einige längere Wandermöglichkeiten, die wir diesmal jedoch nicht ausprobiert. Stattdessen halten wir für die Rückkehr zu unserem Auto einen französischen Schweizer an, der uns den relativ langen ebenen und bereits bekannten Rückweg dankenswerterweise verkürzt. Mit dem eigenen Auto geht es dann weiter den letzten Anstieg vor Reykjavik, bevor wir in diese einzige isländische Großsstadt eintauchen, die diesen Namen mittlerweile auch durch die klassischen Merkmale (Stadtautobahnen, Ampeln, Gewerbezentren etc.) verdient. Wir lassen uns von meine IPhone zum einzigen isländischen Ikea lotsen, wo wir uns mit Fleischbällchen und HotDog den Bauch vollschlagen. Ikea ist eindeutig die günstigste Art ganz Islands um satt zu werden, ein HotDog kostet umgerechnet 70 Cent ! So gestärkt verlassen wir gegen 15:00 Uhr das großstädtische Reykjavik. Bis zum Abflug um 01:45 in der Nacht bleibt noch Zeit und so machen wir noch einen Abstecher in die Natur auf die Halbinsel Reykjanes. Beim geothermischen Gebiet Krisuvik beginnen wir unsere letzte in einem Buch beschriebene Wanderung in dem wir entlang der rauchenden Quellen den Berg entlang eines Trampelpfades bergauf steigen. Beim letzten Solfatar endet jedoch der Weg und wir bemerken, daß wir den falschen Weg bergauf genommen haben. Um meiner Mutter das oft schmerzende Bergabsteigen zu ersparen, gehen wir einfach quer zum Hang weglos in Richtung des korrekten Weges. So haben wir auch in Island für eine halbe Stunde Erfahrung in weglosen Gelände gesammelt. Den angetroffenen Weg gehen wir noch ein gute Stunde entlang bis wir an einem hohen Punkt ankommen, von dem man einen schönen Blick auf das ca. 25km entfernte Reykjavik enthält.  Nur wenige Fahrminuten trennen einsame und unberührte Natur von urbanem Highlife. Den Rückweg absolvieren wir beide etwas wehmütig, da wir gerne noch mehr Wanderungen und Natur in Island erlebt hätten. Am Weg retour zum Flughafen liegt noch eine der weiteren Hauptattraktionen für Touristen in Island die „blaue Lagune“. Diese erkenne ich kaum wieder – vor zwanzig Jahren gab es eine lange Anfahrt auf einsamer Landstrasse, einen geschotterten kleinen Parkplatz mit 3 Bussen, ein Häuschen mit ein paar Umkleidekabinen und ein wenig Verpflegung und gebadet wurde direkt im „Abwasser“ des Kraftwerkes. Heute gibt es einen komplett neu mitten in bizarrer Vulkanlandschaft errichteten Luxustempel mit eigener frisch asphaltierter Anfahrt einen Riesenparkplatz, ein Sternerestaurant und ein Thermalbecken mit Erlebnisfaktor, dies alles zu Luxuspreisen von EUR 35,– pro Person. Früher war das Ganze quasi ein Nebenprodukt des Wärmekraftwerkes heute ist es schön getrennt und zusätzlich ist noch eine Art Kuranstalt gebaut worden, da das Wasser auch heilende Wirkung haben soll. Ein kleiner Pfad führt direkt vom Parkplatz aus in ca. 10 Minuten um das Gelände und das hellblaue Wasser, welches mit den darin gelösten Mineralien die Vulkansteine weiß färbt ist nach wie vor ein Hingucker. Nach dieser letzten Station fahren wir zum Flughafen, tanken noch in Keflavik-Stadt das Auto voll bevor wir es zurückgeben und warten am modernen Flughafen auf unseren nächtlichen Rückflug. Dank der zu dieser Zeit üblichen Gewitter in Mitteleuropa hat unser Flieger noch eine Stunden Verspätung mitgebracht, so verlassen wir Island um 03:00 Uhr in der Nacht und landen Dank Zeitverschiebung um 09:00 Uhr vormittag im schwülen, heißen Wien. Die angenehmen Temparaturen und die frische atlantische Luft werden uns abgehen. Ebenso vermissen wir die tollen Wanderungen in abwechslungsreicher, unberührter Natur und meine Mutter vermisst ihren Reiseleiter, der sie durch ganz Island geführt und begleitet hat 😉

08.05.2012: Wien – Florenz

Der Tag der Abreise ist hier und es ist fast wie immer, daß die letzten Einkäufe erst knapp vor Abreise getätigt werden. Diesmal besorge ich mir mein Reisehygiene-Set noch bei DM und Marschverpflegung wie Schoko und Müsliriegel im Supermarkt. Weiters finde ich auch noch einen Libro, um mir ein Buch für die Zug- und Schifffahrt zu kaufen. Irgendwie habe ich dauernd Angst etwas Wichtiges zu vergessen oder zu verlieren, daher greife ich regelmäßig zu Handy, Geld und Reisepass um mich zu beruhigen. Der Zug fährt 15 Minuten vor Abfahrt in Wien Meidling ein. Als ich mein 6er-Abteil betrete ist dieses bereits gut gefüllt. Ein Italiener, eine Japanerin und eine tschechische Familie mit Teenager-Tochter ergänzen das Abteil. Plaudernd die Zeit zu vertreiben fällt somit aufgrund der Sprachbarrieren flach. Noch dazu habe ich das Gefühl, daß die tschechische Familie dauernd über mich tuschelt und dann lacht, was mir unangenehm ist. Bei der Rückfahrt würde ich das aufgrund meines verwilderten Aussehens und Geruch ja noch verstehen, aber schon bei der Hinfahrt ? Egal, nach zwei Stunden Fahrt ist Nachtruhe und alle besteigen Ihre Betten. Frühstück im ZugDa ich noch ein kleines Schlafdefizit mitbringe schlafe ich den Umständen entsprechend gut und wache meist nur in den Stationen auf. Irgendwie komisch, wenn man wirklich für alles alleine verantwortlich ist. Zumindest die Verantwortung nicht zu verschlafen nimmt mir der Schaffner ab, der rechtzeitig 30 Minuten vor Ankunft in Florenz sogar Frühstück ans Bett bringt.

09.05.2012: Florenz – Livorno – Bastia

06:18 Ankunft in Florenz SMN, ein Bahnhof der sehr zentral liegt. Bei meiner kurzen Vorabinfo bzgl. Florenz habe ich mir gemerkt, daß die Ponte Vecchio sehenswert sein soll, daher mache ich mich direkt auf den Weg. Um diese Uhrzeit ist die Stadt wie ausgestorben, nur ein paar Reinigungsfahrzeuge sind unterwegs. Die Fotos, die ich mache sind Gott sei Dank nicht so düster, wie es zuerst erscheint, wenn man die Helligkeit am IPhone-Display wieder raufstellt (Energiespareinstellung). Mein nächster Plan ist, mir im Supermarkt ein Frühstück zu kaufen und in einem netten Park zu verzehren. Beides leider Fehlanzeige – die Supermärkte öffnen zwischen 09:00 und 10:00 Uhr und öffentliche Parks sind im Zentrum von Florenz Mangelware Entweder die Parks sind privat oder öffnen ebenfalls erst im Laufe des Vormittags. Also plane ich um, aktiviere die Geocaching-App und finde einen Geocache neben dem Haus, in dem Galileo Galilei für 30 Jahre gewohnt hat. Dann tingele ich weiter durch die Stadt, die inzwischen erwacht ist und stoße zufällig auf einen tollen Markt wo vielerlei Köstliches angeboten wird. Ich entscheide mich dann aber doch für Vertrautes und nehme mein Frühstück bei McDonalds ein unter anderem auch wegen der Gratis-WCs. Anschließend zurück zum Bahnhof und die knapp 1 Stunde Fahrt nach Livorno antreten. Dort angekommen nehme ich einen Bus zum Hafen, wo ich mal checke, wo genau mein Schiff nach Korsika ablegt. Nachdem noch Zeit ist, mache ich mich vollbepackt (Nachteil vom Alleinereisen – man muß immer alles bei sich tragen, da niemand zum Beaufsichtigen da ist) durch Livorno auf der Suche nach einem Supermarkt um Wasser und ein Eis zu kaufen. Die Suche gestaltet sich schwierig und schließlich finde ich einen BILLA-Laden in Italien ! Anschließend wieder zum Hafen, wo die Fähre von „Corsica Ferries“ mittlerweile angelegt hat. Ein großes Schiff mit Platz für jede Menge Autos und 4 Etagen für Passagiere. Auf der Fähre, der relativ schwach besetzt ist, erinnere ich mich wieder daran, daß ich Schiffsreisen nicht so mag, da ich sie langweilig finde. In der Nähe von hier (ca. 50km) ist vor ein paar Monaten die „Costa Concordia“ auf Fels gelaufen, aber bei der Überfahrt nach Bastia kommen wir keiner Insel zu Nahe. In der Ferne kann man Elba und Montechristo erkennen. Langsam rückt Korsika näher und um 18:15 Uhr bin ich nach knapp 1 Tag Anreise am Ziel angekommen. Nun wartet die nächste Herausforderung auf mich. Meine erste Couchsurfing-Erfahrung als Gast soll gleich stattfinden, noch dazu bei einem Franzosen, der angibt nur schlecht Englisch zu sprechen. Aber es ist halb so schlimm. Florient Thomas ist 30 Jahre alt und Polizist in Bastia, wie ich später erfahre. Ich lade ihn in ein Lokal seiner Wahl ein und so sitzen wir bald in einer Pizzeria bei einer Curry-Pizza und einem anschließendem Tüten-Eis. Dort erfahre ich, daß Florient sich für Fußball interessiert und bei einem Wien-Besuch schon im Horr-Stadion war. Leider hat er sich bei der Wahl des Fussball-Souveniers aus Wien vergriffen und eine Rapid-Dress erstanden. So endet ein netter  Abend mit gemeinsamen Europa-League-Finale schauen in Florients Wohnung, einer typischen Single-Wohnung im 5. Stock (ohne Lift) in zentraler Lage in Bastia.

10.05.2012: Bastia – Moriani – Penti

Nach einer erholsamen Nacht auf Florients Couch (einer Matratze am Boden) verlasse ich um 07:45 die Wohnung, um noch schnell Wasser und eine Zimtschnecke zu kaufen, bevor ich den Bus nach Moriani besteige. Im Bus treffe ich zwei andere Wanderer aus Frankreich, einer davon hat genau den gleichen Rucksack wie ich nur in grün. Dies bestätigt mich nochmals in meiner Entscheidung den nur 800g schweren GoLite Jam auf meine Reise mitzunehmen. Die beiden Franzosen wollen den Mare a Mare Centre gehen. Knapp vor Moriani sehe ich ein Schild mit Gehzeit zu meinem ersten Etappenziel. Ich deute dem Busfahrer, mich rauszulassen, was dieser auch prompt macht. Nachdem ich dem Wegweiser folge, kommt es mir nach 10 Minuten etwas seltsam vor, daß er mit der Karte nicht übereinstimmt. Ein Kontrollblick mittels GPS zeigt mir, daß ich mich sogar noch außerhalb meiner Wanderkarte befinde und so kehre ich um uns suche jene Stelle, bei der mich der Busfahrer ohne meiner Intervention rausgeworfen hätte. Jetzt bin ich aber eindeutig richtig, da ich ein großes Schild mit „Transversale Nord Moriani – Cargese“ sehe. So starte ich um 10:00 Uhr meine Tour und folge dem Weg zuerst noch durch die Ortschaft dann aber rasch bergauf. Immer wieder raschelt es links und rechts des Weges und kleine Eidechsen flitzen vor meinen Füßen davon. Auch unendlich viele Maroni-Schalen pflastern meinen Weg und mir wird klar, warum hier auch Bier aus Maroni gemacht wird. Nach einer Weile komme ich an meiner ersten Kirche eines Bergdorfes vorbei, die ich noch begeistert fotografiere, zahlreiche weitere sollen noch folgen. Die Friedhöfe hier in den Bergen sehen so aus, daß jede Familie einen abgezäunten Bereich hat, in dem sich ihr Familiengrab befindet – das kann man auch nur machen, wenn man genug Platz hat! In Tribbiolu auf knapp 500m Höhe mache ich meine Mittagspause ganz genüßlich und ohne Hatz, da die heutige Etappe nur 3h30 Gehzeit aufweist. So mache ich Fotos, die ich zusammen mit SMS an die daheimgebliebene Familie sende. Nachdem es erstmalig bergab geht, aktiviere ich meine Stöcke, was sich rasch rentiert, da einige kleine Flüsse überquert werden müssen. Rechts des Weges in einem kleinen Feld sehe ich plötzlich ein Kalb alleine daliegen, welches ich vorsichtig passiere, denn die Mutter könnte ja in der Nähe sein und es beschützen wollen. Ich sehe zwar kein Muttertier, doch plötzlich stehen ca. 15 Wildschweine in allen Größen direkt auf meinem Weg. Eigentlich sehen die Schweine aus wie braune Hausschweine, daher entschließe ich mich zur langsamen Annäherung und glücklicherweise haben die Schweine mehr Angst vor mir, als ich vor ihnen und traben ihren Unmut grunzend äußernd davon. Um 14:00 Uhr endet meine erste Etappe bei der Gite´d Etape „I Penti“. Die Türen sind bis auf eine verschlossen und es ist niemand anwesend und dies ausgerechnet bei jener Hütte, die meine Schwägerin nicht vorreservieren konnte, da niemand erreichbar war. An der Tür stehen zwei Telefonnummern, die ich mit einem „Stricherl“ Empfang im dritten Versuch an meine Schwägerin SMSe. Diese gibt mir kurz darauf Entwarnung, der Hüttenwirt kommt  17:00 Uhr. Also habe ich 3 Stunden Zeit, die ich für einen kurzen Spaziergang im kleinen Bergdorf Penti, dem Durchspülen meines Hemdes im Fluss sowie faulem Herumliegen überbrücke. Um 16:00 Uhr trifft ein französisches Pärchen (ca. 45 Jahre) ein, die auch hier übernachten wollen. Sie kommen aus der entgegengesetzten Richtung und so erkundige ich mich nach dem Weg. Sie erzählen mir, daß sie 6 Stunden benötigt haben und dabei nur die Hälfte von dem gegangen sind, was ich für morgen geplant habe ! Weiters trifft noch ein französisches Damenpärchen ein, von denen eine ausnahmsweise sogar halbwegs gut Englisch spricht, weswegen ich sie gleich als Dolmetsch einspanne. Ich erfahre, daß es auf den Hütten um 19:00 Uhr Abendessen gibt, und um 08:00 Uhr Frühstück. Hier ist die Ausnahme, da der Hüttenwirt nicht hier wohnt und er daher das Frühstück bereits am Abend richtet und wir es essen können, wann wir wollen. Kommt mir sehr entgegen, da ich sowieso möglichst früh starten möchte. Zum Abendessen gibt es 4 Gänge. Zuerst Mozzarella mit Tomaten (sehr gut gewürzt) anschließend Gemüse in Backteig, dann ein Feta-Minz-Omelette und zum Abschluß einen Kokos-Mandarinenpudding-Kuchen. Dazu ein Maronibier – macht zusammen mit der Übernachtung 38EUR. Der Abend klingt mit Französisch-Englisch-Mix und einem Myrthe-Schnaps aus.

11.05.2012: Penti – Pianello

Um 05:45 Uhr wache ich zum dritten Mal auf und beschließe aufzustehen, da es schon hell ist. Das karge Frühstück (1/2 Baguette mit Butter und Marmelade und dazu Tee) ist rasch verzehrt und so geht es um 07:00 Uhr los (Vorteil Alleinereisen – frühes Weggehen problemlos möglich). Der Mond steht noch am Himmel und die Sonne ist noch ganz schwach so geht es auch bergauf rasch voran. Ich entscheide mich bei einer Weggabelung für die markierte anstelle der kürzeren Variante – keine Lust mich im dichten Wald zu verirren. So macht der Weg einen riesigen Bogen und nach einer Stunde denke ich schon, daß ich wieder zu meinem Ausgangspunkt zurückgehe, aber ein Blick auf GPS und Karte kann mich beruhigen. Weniger ruhig bin ich, als plötzlich ein Rinderbulle mitten auf meinem Weg steht. Er scharrt mit den Vorderhufen, so wie ich das nur vom Stierkampf kenne, als er mich entdeckt und gibt laute Unmutsäußerungen von sich. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll – weitergehen, stehenbleiben oder davonlaufen ?  Ich entscheide mich für einen langsamen Rückzug. Nach ein paar Schritten rückwärts verstecke ich mich hinter einem Busch und beobachte gespannt den Stier. Dieser ist offensichtlich zufrieden, mich verjagt zu haben und verschwindet wieder im Wald. Als ich ihn nicht mehr sehen und hören kann, gehe ich zügig an der Stelle vorbei, wo er vor wenigen Minuten noch gestanden hat, und bin glücklich, mit dem Schrecken davon gekommen zu sein. Der restliche Weg geht bei strahlendem Sonnenschein und ca. 25 Grad rasch weiter und so erreiche ich trotz einer längeren Pause bei einer auf 1000m hoch gelegenen Kapelle nach steilen Abstieg bereits um 11:00 Uhr Pie d´Alesani. Von der dort befindlichen Gite ist gestern das französische Pärchen aufgebrochen. Die Orientierung ist in den kleinen Ortschaften am schwierigsten, da dort die hellbraunen Markierungen nicht so leicht zu entdecken sind. So komme ich in dieser Ortschaft einmal kurz vom Weg ab, und werde prompt von einem feindseligen Hund angebellt. Nach Abstieg auf 400m und Aufstieg auf ca. 700m mache ich meine große Mittagspause, die wohl eine Tradition dieser Wanderreise werden wird. Viel trinken, Nüsse, Fruchtriegel und Schokolade und zum Abschluß eine selbstgedrehte Zigarette. Heute bekomme ich Besuch von einer Wildschweinmama und ihren 6-7 Kindern, die sich von hinten an meinem Rucksack auf der Suche nach Essbaren angeschlichen haben. Ich bleibe ruhig, denn ich habe gelernt, daß Wildschweine auf Korsika die harmlosesten aller Tiere sind. Nach dem Mittagessen geht es bei Mittagshitze ca. 400m bergauf und ich merke, daß ich an diesem Tag schon einiges in den Beinen habe. Der Wald hier sieht aus wie ein Märchenwald mit alten, knorrigen Bäumen, deren Stämme so dick sind, daß oft mehrere Menschen in die oft hohlen Stämme hineinpassen. Mehrere kleine Bäche durchfließen jetzt im Frühling noch den Wald, was zur Rast einlädt. Ich entdecke auf der Karte eine Abkürzung nach Pianello und nehme mir vor, mich bei der Abzweigung zu entscheiden.  Offensichtlich gehe ich heute aber zu schnell, denn beim nächsten Blick auf die Karte liegt die Abzweigung schon weit hinter mir. Der längere Weg ist großteils von Überresten des letzten Buschfeuers geprägt, 1000e abgesengte Büsche sind wahrscheinlich mit ein Grund warum hier nicht wild campiert werden darf. Ich stoße auf eine Gruppe von 5 Franzosen, immerhin die ersten Wanderer die mir unterwegs begegnen und das am Ende des zweiten Tages. Um 16:00 Uhr treffe ich erschöpft aber zufrieden in der Gite in Pianello ein. Die Hüttenwirting weist mich gleich mit stengen Ton an, wo die Schuhe hingehören und wo die Stöcke, wo die Wäsche gewaschen und wo aufgehängt werden darf. Nach Duschen und Wäschewaschen erhole ich mich auf einer Parkbank vor der Kirche von Pianello und genieße den tollen Ausblick auf das mittlerweile weit entfernte Meer. Das Abendessen nehme ich gemeinsam mit den 5 Franzosen ein. Es gibt Soup Corse, ein Eintopf mit Kartoffel, Kohl, Karotten, Bohnen und großen Speckstücken. Anschließend gibt es Ziegenkäse im Backteig, ein paar Stücke davon lege ich mir für den nächsten Tag auf die Seite.

12.05.2012: Pianello – Sermano

Pünktlich um 08:00 Uhr finde ich mich im Essenssaal ein. Es erwarten mich Zwiebackbrötchen und eine andere Sorte knusprigen Brotes sowie zwei nicht allzu süße Kekssorten zum Tunken in die Milch. Dazu gibt es 2 Sorten Marmelade. Meine Tischnachbarn von denen zwei gebrochenes Englisch sprechen, haben die nächsten 4 Tage die gleichen Hütten gebucht, damit sind offene Hütten und ein Essen gesichert! Trotzdem gehe ich untertags alleine, da ich wesentlich schneller unterwegs bin. Der heutige Tag beginnt mit einem Anstieg zurück durch das Dorf und darüber hinaus sowie den vermutlich letzten Blick aufs Meer für lange Zeit.

Beim darauffolgenden kurzen Abstieg verliere ich die Markierung aus den Augen. Die Situation auf der Karte ist etwas unklar und als ich bei der Suche nach dem richtigen Weg auf eine Rinderweide zugehe, entdecke ich eine „sichere“ Alternativroute über eine Art Forststraße. Auf halber Strecke überhole ich eine korsische Oma und versuche rauszufinden, ob ich in die richtige Richtung unterwegs bin. Dies war wohl ein Fehler. Sie versteht offensichtlich nicht, warum ich nicht den richtigen Weg genommen habe und noch weniger, daß ich nicht ihre Sprache spreche. Als sie mich dann am Ende der Alternativroute bei meiner Pause wieder einholt, zeigt sie mir für Dumme wie der Weg nun weitergeht und daß ich ja nicht den falschen Weg gehen soll. Nun geht es bei strahlenden Sonnenschein durch die Bergdörfer Mazzola, Alzi und Alando. Einmal versperren 3 Kühe, die sich gerade im Bach abkühlen genau meinen Weg, aber mit etwas Geduld löst sich auch dieses Problem. Die Mittagspause genieße ich im Schatten einer Rosskastanie im Vorgarten einer Kirche ohne Angst, von Schweinen oder anderen Tieren überrascht zu werden. Einmal noch einen Graben hinunter, die Füsse in das kühle Wasser eintauchen, bei sengender Hitze wieder hinauf und schon bin ich in Sermano, wobei die Gite d´Etape heute etwas außerhalb des Ortes liegt. Wieder einmal bin ich zu früh dran, aber nach einer Stunde warten im Schatten kommt auch schon der Besitzer und weist mich ein. Auch diese Gite bietet ein herausragendes Panorama, welches ich genießen kann, während ich mich mit dem Einfangen und Fotografieren von Eidechsen beschäftige. Auch am Abend ist es noch sehr warm, daher essen die Franzosen Gilles, James, Maria, Jacqueline und Amanda mit mir auf der Terrasse. Punkt 19:00 Uhr stossen noch 2 Belgier dazu, ein junger Mann mit seinem Vater, die beide mit großen Tramperrucksäcken jenseits der 20kg unterwegs sind und nur in Ausnahmefällen in den Gite´s übernachten. Als Abendessen gibt es zuerst eine gemischte Platte mit Salat, Tomaten, Orangen und ein wenig Salami und anschließend eine Soup Corse mit anderer Fleischeinlage als am Tag zuvor. Mit einem Kastanien-Muffin endet das Menu. Mit dem jungen Belgier, der gut Englisch spricht plaudere ich noch ein wenig über Wandererlebnisse, bevor es zu Bett geht und wieder eine traumreiche Nacht bevorsteht.

13.05.2012: Sermano – Corte

Heute gibt es das klassische Frühstück Baguette, Butter und Marmelade und dank der Übersetzungskünste meiner französischen Begleiter für mich erfreulicherweise einen Kakao. Auf Gruppenwunsch findet das Frühstück bereits um 07:30 Uhr statt, da die Franzosen und Belgier vor Antritt der Wanderung noch eine Kirche besichtigen wollen. Der Wirt gibt mir als einzigen ein Jausensäckchen gefüllt mit einem mit Wurst belegten Baguette, einem Apfel  und einem kleinen Küchlein. Er verlangt 7 EUR dafür und ich denke zuerst, daß ich einmal an der falschen Stelle „Oui“ gesagt habe, da ich eigentlich nix bestellt habe. Einige Tage später komme ich drauf, daß dies wohl mit der Reservierung durch meine Schwägerin zu tun hat, die auftragsgemäß auch gefragt hat, ob Proviant möglich ist.

Also geht es knapp nach 08:00 Uhr wieder zurück durch Sermano wieder einmal einen Graben hinunter und hinauf zum Bergdorf Castellare di Mercurio wie die meisten Bergdörfer zwar ohne Infrastruktur wie Café, Greißler oder Post dafür mit einem Trinkwasserbrunner ausgestattet. Interessanterweise fotografiere ich mehr die Bergdörfer als die Natur was wohl daran liegt, daß diese wirklich toll in der Landschaft aussehen. Nach kurzer Pause absolviere ich den Anstieg zur Sankt Martins Kapelle, wo mich die Natur ruft und ich zu den zahlreichen Haufen von Schweinen, Kühen etc. noch einen hinzufüge. Heute kommen neue Tiere zu meiner Sammlung der Tierbegegnungen hinzu. Neben Schweinen, Kühen, Pferden, Eseln sowie Hunden und Katzen in den Dörfern sehe ich heute 2 Schlangen sowie erstmals auch Ziegen. Der Abstieg von der Kapelle und ein kurzer Anstieg bringt mich nach St. Lucia di Mecurio, wo ich den Hauptplatz für meine Mittagspause wähle. Ich kann beobachten, wie eine alte Korsin 5 Minuten benötigt, um von ihrem Haus zum 20m entfernten Postkasten und wieder retour zu kommen und wie ein Auto mit Wiener Kennzeichen 3* am Platz vorbeifährt, bevor ich sie anspreche um ein paar Worte Deutsch mit Ihnen zu sprechen. Weiters kamen am Ende der Pause noch 2 Engländerinnen vorbei, mit denen ich auch ein wenig plaudern kann. Sie kommen aus entgegengesetzter Richtung und erzählen ein wenig, was mich erwartet. Nach der Pause geht es überwiegend bergab Richtung Corte, wobei sich ein großartiger Überblick über die Stadt von oben bietet. Nach der Unterquerung der Eisenbahntrasse verläuft der Weg IN einem Kanal, der im Sommer wohl kein Wasser führt – in diesem Fall habe ich mit Frühling wohl die falsche Saison erwischt, da ich hier nur sehr mühsam meine Schuhe durch Hüpfen von Stein zu Stein trocken halten kann, ansonsten war die Wahl des Frühjahrs für meine Reise sicher eine Gute, da alles noch in Blüte steht und saftiges Grün zu sehen ist. Kurz danach erreiche ich Corte, ein kleines Städtchen. Für mich die erste Möglichkeit seit 4 Tagen wieder etwas einzukaufen bzw. das Geld für die nächsten 6 Tage abzuheben. Das Einkaufen am Sonntag gestaltet sich trotzdem als schwierig, am Hauptplatz finde ich schließlich einen kleinen Kiosk, der ab 15:00 Uhr alles anbietet, was ich brauche inklusive einer korsischen Hartwurst, die mich die nächsten Tage begleiten wird. Die Gite in Corte ist stadtnah gelegen und trotzdem mitten im Grünen.  Sie liegt genau hinter der Citadel von Corte und ermöglicht einen guten Blick auf diese. Dem Inhaber kann ich mit Müh und Not erklären, daß ich die Nacht hier verbringen möchte. Als ich um 19:00 Uhr im Essensraum auftauche und Abendessen haben möchte, beschwert er sich über das zusätzliche Essen, das er da unerwartet servieren soll, aber meine französischen Freunde können dies noch geradebiegen. Diesmal geht es Ziegenkäse im Backteig, Nudeln mit Fleisch und Sauce sowie einen Kuchen mit Topfen.

14.05.2012: Corte – A Sega

Heute ist der perfekte Wandertag. In der Nacht hat es erstmals geregnet, seit ich in Korsika bin und die Temperatur auf erträgliche Ausmaße gesenkt und am Morgen scheint zum Aufbruch wieder die Sonne. Von der Gite aus sind es nur 10 Minuten zum Beginn der Tavignano-Schlucht, die man im Prinzip den ganzen Tag entlang geht von 400m auf 1.100m zur Refuge de a Sega. Der Weg verläuft stetig leicht ansteigend und bietet zuerst noch ein paar schöne Blick zurück auf die Citadel von Corte. Anschließend könnte man alle paar Minuten stehen bleiben um zu beobachten, wie tief unter einem der Tavignanu-Fluß über kleine Kaskaden fließt und zahlreiche herrlich klare Becken bildet. Das Ganze umrahmt von zwei steil aufsteigenden Felsflanken, bei denen man sich oft fragt, wie da noch Platz für den Weg bleiben soll. Zur Halbzeit der Strecke wechselt der Weg das Flußufer. Nach dem darauffolgenden Anstieg auf die korrekte Reisehöhe verbringe ich meine Mittagspause auf einem Felsen mit herrlichem Überblick über die Schlucht. Dabei genehmige ich mir auch ein paar Scheiben von der korsischen Hartwurst, die ich gestern erstanden habe. Im Unterschied zu den letzten Tagen sind heute einige Leute auf dieser Strecke unterwegs. Ein seltsamer Wanderer geht in die gleiche Richtung wie ich – als ich ihn fast eingeholt habe und er mich erblickt, gibt er plötzlich Gas und läuft mir quasi davon. Während meiner Mittagspause kommen 5 Personen aus Richtung A Sega. Diese sind teilweise mit Motorsägen ausgestattet und zerlegen damit wie ich kurz danach hören kann die Bäume, die wohl der letzte Sturm quer über den Weg gelegt hat. Ansonsten begegne ich noch 4 weiteren Leuten und auf der Hütte finden sich noch 8 andere Reisende ein, die von der Hütte Eintagestouren unternehmen. Da ich in zwei Tagen die erste von drei Doppeletappen am Plan habe, habe ich heute meine Gehzeiten genauer beobachtet. Abmarsch 08:30 Uhr, Ankunft 13:30 Uhr abzüglich 1,5 Stunden Pause ergibt 3h30 Nettogehzeit für eine Strecke, die mit 5 Stunden angegeben ist. Ich dürfte also relativ rasch unterwegs sein und mit frühem Aufstehen sollten sich auch die langen Etappen bewältigen lassen. Als ich bei der Gite ankomme, ist niemand hier, aber ich nutze die Zeit zum Wäschewaschen, Füße in den an der Gite vorbeifließenden Fluß zu stecken, Eidechsen zu jagen und die Karte zu studieren. Plötzlich taucht ein älterer Mann auf einem Pferd mit 3 weiteren Pferden im Schlepptau auf. Die Pferde sind vollbepackt mit Gaskartouschen und Kisten, so beantwortet sich die Frage, wie dies Hütte ohne Straßenanbindung versorgt wird. Als meine französischen Freunde eintreffen, stellt sich heraus, daß der Reiter auch der Hüttenwirt ist. Er empfiehlt uns noch allen eine Extratour flussaufwärts zu einem Wasserfall. Der Wasserfall ist zwar ganz nett, aber ich war von der Gehzeit von einer Stunde hin und retour doch etwas überrascht. Aber zumindest hat der Ausflug die Zeit bis zum Abendessen überbrückt. Da A Sega ein Refuge und keine Gite ist, ist der Komfort auch nicht so hoch. Für warme Dusche, Kissen und Decken muß man 5 EUR extra bezahlen und warmes Wasser gibt es nur für 5 Minuten pro Person. Dafür entschädigt der schrullige Hüttenwirt mit 4-Gänge-Menu. Nach der obligatorischen Soup Corse gibt es Nudeln mit hervorragend abgeschmeckter Tomatensauce, danach einen Linseneintopf mit einer Art Blutwurst (ich habe mir vorgenommen, daß ich alles probiere, was ich vorgesetzt bekomme) und danach Apfelmus.

15.05.2012: A Sega – Albertacce

Heute steht eine kurze Etappe am Programm. Daher beschließe ich, gemeinsam mit meinen französischen Begleitern zu wandern. Diese sind eigentlich relativ rasch unterwegs, wenn man bedenkt, daß bis auf Amanda alle älter als 55 Jahre sind. Zuerst geht es circa 1 Stunde bergauf vorbei an einem Schafhirten, der Käse verkauft, wenn er anzutreffen ist. Anschließend geht es noch ein kleines Stückchen bergan bis zum höchsten Punkt meiner Reise auf knapp 1.600m. Ein letzter Blick auf das Tavignanu-Tal und ein Gipfelfoto mit dem Monte Cinto, dem höchsten Berg Korsikas im Hintergrund und schon geht es wieder bergab. Bei dem langen durchaus kniebeanspruchenden Abstieg, hat man immer den Lac Calacuccia einen Stausee im Auge, der nur langsam größer wird. Beim Abstieg kommen wir auch an einer wilden Mülldeponie vorbei bzw. führt der Weg durch sie hindurch, was das Gehen nicht gerade zum Vergnügen macht. Überhaupt ist der Tag ein wenig komisch. Nachdem ich mich nach dem Abstieg von meinen französischen Freunden trenne, um im Ort Monteciccoli ein Eis zu kaufen, schaffe ich es nicht, da ich keine Lust habe mich auf halb Englisch, halb Französisch durchzuschlagen. Als ich durch die staubigen Strassen nahe des Stausees schlendere, überkommt mich fast eine kleine Depression. So alleine weit weg von der Familie durch die an dieser Stelle eher öde Landschaft zu wandern, und dann die Zeit von 14:00 Uhr bis 20:00 Uhr irgendwie totzuschlagen erscheint mir in diesen Momenten nicht allzu sinnvoll. Dank Handyempfang inkl. 3G und dem Surfen auf heimischen Internetseiten bzw. Facebook und dem Eintreffen der Franzosen auf der Gite in Albertacce vergeht dieser Frust wieder halbwegs. Vielleicht brauche ich einfach längere Etappen und körperliche Herausforderung ? Die Gite in Albertacce ist bei meinem Eintreffen unbesetzt, jedoch klebt ein kleines Post-It mit meinem Namen auf der Tür eines Zimmers, sodaß ich guten Gewissens die Dusche benutze und meine Wäsche wasche. Die Verwalterin kommt um 18:00 Uhr, kassiert ein und bereitet das Frühstück her. Gegessen wird im nahe gelegenen Restaurant in Albertacce. Diesmal gibt es nach der SoupCorse ein Gemüserisotto mit Hähnchenkeulen und als Nachtisch Käse. Da ich morgen aufgrund der bevorstehenden längeren Etappen bereits um 07:00 Uhr weggehen werde, ist dies das letzte Zusammensein mit meinen französischen Freunden. Doch dieser Abend wird der lustigste der bisher Erlebten. Im Restaurant machen wir eine Gruppenfoto-Session mit allen Fotoapparaten und hinterlistigen Selbstauslösern. Auf der Straße zurück zur Gite wird Polonäse getanzt und im Zimmer darf ich eine Runde Wiener Walzer mit den Damen tanzen !